Trossingen war Ende der 90er-Jahre Zentrum für Dealer
Der nächste Teil der Serie „Mordsgeschichten“befasst sich mit Heroin-Händlern auf der Baar
TROSSINGEN - Drogen gibt es in jeder Stadt zu kaufen, das versichern Kriminalitätsexperten. Doch 1999 wurde aus Trossingen der regionale Heroinmarkt beherrscht. Dies ist ein weiterer Fall unserer „Mordsgeschichten“. Im Januar 1999 ließ die Polizei Tuttlingen einen Heroindealer-Ring auffliegen. 13 Rauschgifthändler gingen der Polizei ins Netz. Die vier führenden Köpfe der Bande wohnten in Trossingen. Als „komplex und umfangreich“bezeichnete im Feburar 1999 der damalige Pressesprecher der Polizei, Wolfgang Schoch, den Fall.
Durch verdeckte Ermittlungen wurden die Beamten auf einige Trossinger aufmerksam, die für den Heroinhandel im Landkreis und darüber hinaus verantwortlich waren. Ab Januar 1999 ging es dann Schlag auf Schlag: Am 8. Januar wurde ein Tuttlinger verhaftet. Ihm wurde vorgeworfen, Heroin für den Wiederverkauf in Trossingen besorgt zu haben. Am 16. Januar gab es eine Festnahme in Aldingen, ebenfalls wegen Heroinhandels. Am 19. Januar klickten bei einem Spaichinger die Handschellen. Ihm wurde vorgeworfen, Hauptabnehmer der Trossinger Dealer gewesen zu, um so die Spaichinger Szene zu versorgen.
Vier weitere Männer und eine Frau wurden in der Folge ebenfalls in Spaichingen verhaftet. Auch hier lautete der Vorwurf: Heroinhandel. Am 28. Januar wurde ein Mann aus einer Umlandgemeinde gefasst. Er hatte „erhebliche Mengen Heroin“aus den Niederlanden nach Deutschland gebracht. Der finale und wohl auch größte Schlag gelang der Polizei am 30. Januar. In Rheinland-Pfalz wurden vier in Trossingen lebende Aussiedler verhaftet. Laut Polizei sollen sie zur „Russen-Mafia“gehört haben. Diese vier Männer sollen, so die damalige Einschätzung der Polizei, den regionalen Heroin-Markt beherrscht haben. Die zuvor festgenommenen Tatverdächtigen sollen in der Hierarchie ein Stück weiter unten gestanden und für den weiteren Verkauf zuständig gewesen sein. In der Folge wurden etwa 80 weitere Personen festgenommen. Zum Teil handelte es sich dabei um Konsumenten, zum Teil um Drogenhändler.
Auch wenn der Polizei damals ein großer Schlag gegen die Drogenhändler gelungen war, so wurden noch im Feburar 1999 Vermutungen laut, dass „es Anzeichen gibt, dass bereits andere Dealer versuchen, die Lücke wieder zu schließen“, so der damals zuständige Chef der Sonderkommission. Verwunderlich sei dies nicht, handele es sich bei den Trossinger Chefs vermutlich nur um die Statthalter überregionaler Krimineller. In den 90er Jahren litt Trossingen unter einem massiven Drogenproblem. „In Trossingen kann man an sehr vielen Plätzen benutzte Spritzen finden. Das ist ein Indiz dafür, dass die Zahl der Abhängigen besorgniserregend ist“, sagte noch 2001 der damalige Pressesprecher der Polizei der Trossinger Zeitung. Spritzen gehören heute nicht mehr ins Stadtbild, die offene Drogenszene ist verschwunden. Gedealt und konsumiert werden Drogen aller Art aber nach wie vor.
Mordsgeschichten
Drogen in Trossingen