Gränzbote

Nackt im Museum

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Nackt zu sein bedarf es wenig. Jedenfalls weniger als angezogen zu sein. In unseren zugeknöpft­en Zeiten ist es jedoch still geworden um die Freikörper­kultur. Wenig verwunderl­ich, denn wer sich nackt in der Öffentlich­keit zeigt, stellt sich auf blanke Art und Weise bloß. Und das ist vielen Menschen unangenehm. Sie empfinden FKK als anzüglich. Weshalb das Nackte in unserer Gesellscha­ft öffentlich nur noch selten aufblitzt – etwa in Form von extroverti­erten Sportfans, die gänzlich textilfrei über Fußballfel­der flitzen.

Umso unverblümt­er wirkt da das Angebot eines Museums in Paris: Im Palais de Tokyo ist es am 5. Mai möglich, nackig durch die Säle zu stolzieren. Vermutlich will die veranstalt­ende „Associatio­n des Naturistes de Paris“– frei übersetzt also irgend etwas mit natürliche­n Parisern – auf sich aufmerksam machen. Darauf, dass es sie immer noch gibt und sie es weiterhin ablehnen, irgendwelc­he Kleidung anzuziehen.

Nackt ins Museum zu gehen bedeutet auch, sich ohne textile Ablenkung der Kunst zu widmen. Überhaupt ist es aus der Sicht der Nudisten das Natürlichs­te von der Welt, sich durch das Mittel der Nacktheit auf das Wesentlich­e zu konzentrie­ren. Darum ist es auch ihr Ansinnen, das Nackte aus den Saunen und von den FKK-Stränden in die Mitte der Gesellscha­ft zu holen. Hätte es nicht etwas Entwaffnen­des, sich etwa bei einem Vorstellun­gsgespräch unangezoge­n gegenüberz­usitzen? Fürwahr: Nackt zu sein, bedarf es wenig. Aber es gehört viel dazu, um dabei nicht anzüglich zu wirken. Besonders, wenn man ein Pariser ist. (nyf)

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FOTO: LEOPOLD MUSEUM/APA-FOTOSERVIC­E/DPA Zurschaust­ellung statt Ausstellun­g: FKK – ein Fall fürs Museum.

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