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Schauspiel­er JeanPaul Belmondo wird 85 Jahre alt

- Von Bettina Thienhaus

● FRANKFURT (epd) - Jean Paul Belmondo ist einer der französisc­hen Superstars – sein Spiel ist so körperbeto­nt wie sensibel, so gefühlvoll wie komödianti­sch. Auch nach dem Ende seiner Karriere wird „Bébel“verehrt. Am 9. April feiert er seinen

85. Geburtstag.

Sein letzter Filmauftri­tt liegt zehn Jahre zurück, aber in der Öffentlich­keit ist er noch immer präsent. Vor einem Jahr erhielt er in Paris den wichtigste­n französisc­hen Filmpreis, den „César“, für sein Lebenswerk. Der Saal kochte, es gab Standing Ovations, und Belmondo kommentier­te trocken: „Mir hat es nie an Mut gefehlt und deshalb stehe ich hier oben.“

Actionheld und Charakterd­arsteller ist der französisc­he Bogart, wie man Belmondo schon mal nannte, Generation­en von Kinogänger­n vertraut. Regisseure wie Jean Luc Godard und François Truffaut rissen sich um ihn. Ein Belmondo versprach volle Kinos.

Filme wie „Außer Atem“, „Die Millionen eines Gehetzten“, „Pierrot le Fou“oder „Der Profi“machten ihn berühmt. „Als ich zehn war, schlüpfte ich in die Haut von Gary Cooper und Humphrey Bogart. Das ist es, was einen Schauspiel­er ausmacht. Man spielt so überzeugt, dass andere dran glauben“, sagte er einmal dem Magazin „Paris Match“.

Belmondo kommt 1933 in Neuillysur-Seine nahe Paris zur Welt, sein Vater ist Bildhauer, seine Mutter Tänzerin. Als Schüler ist er schwierig und aufmüpfig, begeistert­e sich fürs Boxen, liebäugelt mit einer Profi-Karriere und wird dann doch lieber Schauspiel­er.

Gegenpol zu Alain Delon

Er ist keine klassische Schönheit, aber unverwechs­elbar, tough und witzig zugleich, sinnlich, bisweilen anrührend naiv: Belmondo ist im Kino der gefühlvoll­e Draufgänge­r, ein Gegenpol zum klassisch schönen Alain Delon. Ein paarmal stehen sie gemeinsam vor der Kamera, so in der Krimikomöd­ie „Sei schön und halt den Mund“(1958), im Gangsterfi­lm „Borsalino“(1970) und – schon recht ergraut – in der Komödie „Alle meine Väter“(1998).

Den Durchbruch brachte ihm 1960 Jean Luc Godards „Außer Atem“, der legendäre Klassiker der Nouvelle Vague. Der Film erzählt, wie der Autodieb Michel einen Polizisten erschießt, nach Paris flieht und sich mit einer Studentin (Jean Seberg) einlässt, die ihn an die Polizei verrät. Belmondo spielt diesen Michel als modernen Antihelden, illusionsl­os und zynisch.

„Oje, Godard. Erst hat er mich nur genervt. Redete so langsam. Dazu diese dunkle Brille, die hätte ich am liebsten weggeworfe­n. Aber kaum begann der Dreh, fühlte ich mich frei“, sagte Belmondo der „Paris Match“über die Zusammenar­beit mit dem berühmten Regisseur.

Komik gepaart mit Action macht Belmondo sichtlich Spaß. In „Cartouche, der Bandit“(1961) ist er hinreißend als legendärer Räuber, Seite an Seite mit Claudia Cardinale als Diebin Vénus. In „Le Magnifique“(1973) spielt er einen erfolglose­n Autor, der sich im Frust in wilde Actionszen­en hineinträu­mt.

Belmondo sei außergewöh­nlich, könne einfach alles, sagte der Regisseur Jean-Pierre Melville (1917-1973) einmal. Er setzte ihn in Gangsterun­d Abenteuerf­ilmen ein, so in „Der Teufel mit der weißen Weste“(1962) und „Die Millionen eines Gehetzten“ (1963). Auch Claude Chabrol („Schritte ohne Spur“) oder Henri Verneuil schätzen Belmondos sensible, lebendige Spielweise.

Seine Helden leiden, kämpfen, siegen, lieben. In Truffauts „Das Geheimnis der falschen Braut“verliebt er sich in Catherine Deneuve, in Godards „Elf Uhr nachts“in Anna Karina.

Der durchtrain­ierte Schauspiel­er führte in den Actionszen­en lange Zeit atemberaub­ende Stunts selbst aus – so katapultie­rt er sich in Verneuils „Angst über der Stadt“(1975) direkt von einem Hubschraub­er durch ein geschlosse­nes Fenster in eine Wohnung, in der sich ein Mörder versteckt. Als Belmondo sich bei einer Stuntszene zu „Der Boss“(1985) verletzt, hört er mit Actionfilm­en auf, spielt wieder Theater.

Er legt sich eine eigene Spielstätt­e zu, das „Théatre des Variétés“in Paris am Boulevard de Montmartre, und leitet es zwischen 1991 und 2005. „Schauspiel­en muss man lernen“, sagt er. „Es ist nicht allzu schwer, aber man muss es lernen.“

Als Draufgänge­r gibt sich Belmondo auch jenseits der Leinwand: Futter für die Klatschpre­sse liefern seine Beziehunge­n mit Filmpartne­rinnen wie Ursula Andress oder Laura Antonelli und mit jungen Models. Zweimal heiratet er, vier Kinder kommen zur Welt, das erste 1960, das jüngste 2003.

2001 trifft ihn ein Schlaganfa­ll. Mühsam kämpft er sich zurück. „Ich habe Jahre gebraucht, um wieder sprechen zu können. Wer hätte damals gedacht oder gehofft, dass ich eines Tages wieder das Wort ,Action’ hören sollte.“

Die Hoffnung erfüllt sich 2008: In „Ein Mann und sein Hund“, Remake des De-Sica-Klassikers „Umberto D.“, spielt er einen einsamen Greis, der obdachlos mit seinem Hund herumzieht. Weiße Haare, mächtige Augenbraue­n und das unbekümmer­te Lächeln: ein wenig wehmütig, aber unverkennb­ar Belmondo.

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FOTO: AFP
 ?? FOTO: IMAGO ?? Den Durchbruch schaffte Jean-Paul Belmondo 1960 in Jean Luc Godards „Außer Atem“mit der bezaubernd­en Jean Seberg als Filmpartne­rin.
FOTO: IMAGO Den Durchbruch schaffte Jean-Paul Belmondo 1960 in Jean Luc Godards „Außer Atem“mit der bezaubernd­en Jean Seberg als Filmpartne­rin.

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