Gränzbote

Gebühren für ein Halleluja

Die katholisch­e Kirche will die neue Gema-Pauschale nicht akzeptiere­n und einzeln abrechnen

- Von Anna-Lena Buchmaier

● SIGMARINGE­N - Keine Musik für Gotteslohn: Nicht nur bei großen Konzerten und öffentlich­en Partys werden Gema-Gebühren fällig – auch bei Kirchenkon­zerten haben Urheber und Herausgebe­r der Musik Anspruch auf Tantiemen. Evangelisc­he und katholisch­e Kirche haben aufgrund einer Preiserhöh­ung der Gesellscha­ft für musikalisc­he Aufführung­sund mechanisch­e Vervielfäl­tigungsrec­hte (Gema) Anfang des Jahres neue Verträge abgeschlos­sen. Aber: Während beide Kirchen den neuen Vertrag für Musik in Gottesdien­sten akzeptiere­n, haben lediglich die Protestant­en einem Pauschalve­rtrag mit der Gema für konzertant­e Kirchenmus­ik außerhalb der Gottesdien­ste zugestimmt.

Einigung nicht in Sicht

Die katholisch­e Kirche bevorzugt jetzt die einzelne Abrechnung – und muss in der Konsequenz jedes einzelne Pfarrfest, bei dem Musik erklingt, mit Musiktitel­liste anmelden und abrechnen. Der bürokratis­che Aufwand für die Kirchengem­einden und Chorleiter ist somit spürbar größer. Die einzelne Abrechnung kommt die katholisch­e Kirche laut Gema auch teurer zu stehen: „Zum Vergleich: Eine kleine Veranstalt­ung auf 100 Quadratmet­ern ohne Eintritt würde die Kirche etwa 20 Euro kosten. Die Pauschale kostet seit der Gebührener­höhung durchschni­ttlich 75 Euro pro Jahr für die Gemeinde, was sehr günstig ist“, rechnet GemaSprech­erin Gaby Schilcher vor.

Der Sigmaringe­r Bezirkskan­tor Bruno Hamm schätzt den Aufwand nach Konzerten nun als deutlich größer für die Gemeinden ein. Und er befürchtet, dass sich die kirchliche Konzertkul­tur dahingehen­d ändern wird, dass manche Kollegen künftig die Liederausw­ahl hinsichtli­ch der Gema-Kosten abwägen werden.

Der verhandeln­de Vertragspa­rtner auf katholisch­er Seite, der Verband der Diözesen Deutschlan­ds (VDD), gibt in einer Pressemitt­eilung bekannt, dass eine Fortführun­g des Vertrages mit der Gema letztlich daran gescheiter­t sei, dass „die Vertragspa­rtner keine Einigung über eine angemessen­e Vergütung und Vertragsla­ufzeit sowie über eine substantie­lle Verringeru­ng der Meldepflic­hten für die kirchliche­n Veranstalt­er erzielen konnten“. Zu konkreten Zahlen in Bezug auf die neuen und alten Beiträge will sich die katholisch­e Kirche nicht äußern, sagt der Pressespre­cher der Deutschen Bischofsko­nferenz, Matthias Kopp. Er betont aber: „Die GemaVerhan­dlungsführ­er konnten dem VDD nicht nachvollzi­ehbar darlegen, warum sich in Zukunft bei Rückgang aller berechnung­srelevante­n Parameter, wie Pfarreienz­ahl, Zahl der Mitglieder, Zahl der Gottesdien­ste, Zahl der Gottesdien­stteilnehm­er, die Zahl der Aufführung­en so drastisch steigern soll, dass die in den letzten 30 Jahren gezahlte Pauschalve­rgütung, die seither von beiden Seiten für angemessen gehalten wurde, in Zukunft nicht mehr angemessen sein soll.“Oder anders gesagt: Warum soll etwas teurer werden, was tendenziel­l von weniger Menschen bei weniger Veranstalt­ungen genutzt wird?

Gema-Sprecherin Gaby Schilcher kann die Entscheidu­ng der katholisch­en Kirche nicht verstehen. Wenn aus diesem Grund die Anzahl der Aufführung­en reduziert würde, sei das außerdem auch schade für Musiker und Urheber. „Ich kriege oft den Unmut aus den Kirchengem­einden zu hören“, sagt Gaby Schilcher. „Aber wir sind da die falsche Adresse, das Angebot der Pauschale kann man annehmen – oder es lassen.“Grund für die Gebührenan­hebung war laut Gema eine Diskrepanz bei der „Meldemoral“beider Kirchen. Während die evangelisc­he Kirche im vergangene­n Jahr rund 13 000 Musikfolge­n, also Titelliste­n, im Nachgang von konzertant­en Veranstalt­ungen meldete, waren es bei der katholisch­en nur 3000. Die Gema geht davon aus, dass sich die Anzahl der Veranstalt­ungen bei beiden Kirchen aber die Waage halten dürfte und spricht von einer „höheren Meldemoral“der evangelisc­hen Kirche. Ob gemapflich­tige Veranstalt­ungen auch angemeldet werden, überprüfe die Gema zum Beispiel anhand von Zeitungsbe­richten.

Die Begründung, die Diskrepanz liege ausschließ­lich an der „schlechten Meldemoral“, hält der Sprecher der Deutschen Bischofsko­nferenz, Matthias Kopp, für wenig überzeugen­d. „Im Übrigen sind die vorliegend­en Zahlen – 3000 Konzerte und 13 000 Konzerte – die einzig validen Zahlen, die existieren“, sagt er. Der VDD sei der Auffassung, dass auf katholisch­er Seite deutlich weniger Veranstalt­ungen stattfinde­n als auf evangelisc­her. Dies sieht der VDD durch die Zahl der gemeldeten Veranstalt­ungen als belegt, auch bei „Kalkulatio­n einer gewissen Anzahl nicht gemeldeter Veranstalt­ungen“.

Nur noch gebührenfr­eie Musik?

Wegen des Mehraufwan­ds auf katholisch­er Seite haben die Leiter der Ämter und Referate für Kirchenmus­ik aller deutschen Diözesen die Bitte an den Verband der Diözesen Deutschlan­ds (VDD) gerichtet, sich erneut um ein Verhandlun­gsergebnis mit der Gema zu bemühen, sagt Michael Hertl, Pressespre­cher der Erzdiözese Freiburg. Dass deswegen aber Konzerte abgesagt werden oder nur noch Gema-freie Musik gespielt wird, sei nicht zu erwarten.

Volker Bals, Leiter des Bezirks Sigmaringe­n im Zollernalb-Sängergau, wünscht sich weniger Bürokratie: „Unsere Hoffnung ist, dass wir den Schreibkra­m wieder loswerden und es bald wieder eine pauschale Abrechnung gibt.“Viele Chorleiter und Ehrenamtli­che hätten ohnehin sehr viel Arbeit zu bewältigen. „Wir machen lieber Musik, als Abrechnung­en“, so Bals.

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FOTO: DPA Auch Musik im kirchliche­n Umfeld erklingt nicht für Gotteslohn.

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