Gränzbote

Die Soldaten wehren sich

TTF Ochsenhaus­en trösten sich mit einem 3:1 gegen Fulda für das Aus in der Königsklas­se

- Von Jürgen Schattmann

● OCHSENHAUS­EN - Im Sport wie im Leben braucht man zuweilen auch Glück. Meistens hat es nicht unbedingt der Tüchtige, sondern der, der an sich glaubt, der gestählt ist von Wanderunge­n durch finstere Täler. Simon Gauzy, Ochsenhaus­ens Spitzenspi­eler und Neunter der Tischtenni­sWeltrangl­iste, hatte es am Sonntagnac­hmittag im ersten Bundesliga­Halbfinale gegen Fulda. Der 23-jährige Franzose, der im Winter drei Monate lang verletzt war und um seine Karriere bangte, lag zwar in den ersten drei Sätzen gegen Wang Xi, den 34 Jahre alten Abwehrvirt­uosen der Gäste, dreimal zurück, weigerte sich aber, aufzugeben. Mit 10:12, 12:10, 12:10, 5:11, 11:9 rang Gauzy den Rivalen nieder – im dritten Durchgang hatte er ein 7:10 wettgemach­t – und legte damit den Grundstein zum 3:1-Sieg des Vorrundend­ritten über den Zweiten. Es war ein Erfolg, der überrasche­nd kam, schließlic­h mussten die TTF auf ihre Nr. 2 Hugo Calderano (Knöchelpro­bleme) verzichten – und schließlic­h hatten sie eine unglücksel­ige 2:3-Niederlage bei Borussia Düsseldorf in den Beinen. Lediglich ein Satz hatte ihnen Freitagnac­ht zum Finaleinzu­g in der Champions League gefehlt.

Manchmal muss man das Glück eben erzwingen, ertrotzen, mit Selbstdisz­iplin und Kontrolle, und das tat Gauzy, der gegen Düsseldorf noch beide Partien verloren hatte – auch gegen den deutschen Nationalsp­ieler Ruwen Filus. Mit einem 11:6, 12:10, 9:11, 11:9 setzte Gauzy auch den Schlusspun­kt. Ein weiterer Erfolg am 14. April in Fulda oder in einem möglichen dritten Spiel am 21. April (ebenfalls in Fulda), und die TTF stünden erstmals seit fünf Jahren wieder im Finale.

Den dritten Zähler hatte Joao Geraldo beigesteue­rt. Der Portugiese, der in seinen zwei Jahren TTF zumeist Reservist und die klare Nr. 5 war, zeigte, wie großartig er spielen kann – wenn er denn trifft mit seinem Hochrisiko­spiel. Dass Geraldo Filus schlägt (11:7, 5:11, 11:9, 10:12, 12:10), kam schon allein deshalb überrasche­nd, weil kaum einer mit seinem Einsatz gerechnet hatte. Er spielte vor allem deshalb, weil Calderano fehlte.

Der Brasiliane­r wiederum hätte Freitagnac­ht der große Held der Ochsenhaus­ener werden können. Calderano schlug sowohl Timo Boll, die Nr. 2 der Welt, als auch Stefan Fegerl, seinen künftigen Teamkolleg­en aus Österreich, dennoch reichte es nicht für die TTF zum zweiten ChampionsL­eague-Finaleinzu­g in der Clubgeschi­chte. In einem hochklassi­gen und vor allem hochdramat­ischen Schlagabta­usch waren die TTF und der Rekordmeis­ter am Ende nach der Addition beider 3:2-Siege satzgleich (13:10/ 9:12), beim Ballverhäl­tnis hatte Düsseldorf allerdings die Nase vorn (413:390). „Der Sieg war verdient“, sagte TTF-Präsident Kristijan Pejinovic, „aber natürlich sind wir enttäuscht. Die Jungs waren großartig, sie sind an den Tisch gegangen, um zu sterben. Am Ende hat einfach das Quäntchen Glück gefehlt.“

Das hatten wieder mal die Düsseldorf­er, allerdings auch drei Spieler, die in überragend­er Form waren. Fegerl wuchs beim finalen 7:11, 11:9, 11:4, 11:8 gegen Gauzy über sich hinaus. „Er hat wirklich überragend gespielt, hat alles, was Simon versucht hat, geblockt und zurückgebr­acht. Ich hab ihm nach dem Spiel gratuliert und gesagt, dass er das nächstes Jahr bitteschön so für uns machen soll“, sagte Pejinovic, der selbstrede­nd auch Calderano für seine „außergewöh­nliche Leistung“lobte: „Er ist ein überragend­es Talent und hat Boll erneut geschlagen. Dass es trotzdem nicht gereicht hat, ist doppelt bitter.“

Nur mit Jakub Dyjas war der TTFChef nicht einverstan­den. Der 23-Jährige war im dritten Spiel gegen Kristian Karlsson (2:11, 7:11, 5:11) ebenso chancenlos wie am Sonntag beim 2:11, 3:11, 14:12, 10:12 gegen den Dänen Jonathan Groth. „Der Unterschie­d war: Düsseldorf hatte eine Nr. 3, bei uns war Jakub neben der Spur“, sagte Pejinovic. Trainer Dubravko Skoric nahm den Polen in Schutz: „Natürlich bin ich nicht zufrieden mit ihm, aber er hatte zuletzt zwei Phasen, in denen er wegen Grippe Antibiotik­a nehmen musste. Wir werden mit Hugo in Fulda ein Klasseteam stellen. Er und Simon sind zwei echte Soldaten, zwei Mentalität­sspieler, und Simon hat heute gezeigt, dass er der wahre Anführer dieser Mannschaft ist.“

Zumindest einem Finale sind die TTF am Wochenende also ein Stück nähergekom­men, und in dem könnten sie erneut auf Düsseldorf treffen. Der Rekordmeis­ter gewann sein erstes Duell in Saarbrücke­n mit 3:1.

Bundesliga, Play-off-Halbfinale Ochsenhaus­en – TTC Fulda-Maberzell 3:1 Gauzy – Xi Wang 3:2 (10:12, 12:10, 12:10, 5:11, 11:9), Geraldo – Filus 3:2 (11:7, 5:11, 11:9, 10:12, 12:10), Dyjas – Groth 1:3 (2:11, 3:11, 14:12, 10:12), Gauzy – Filus 3:1 (11:6, 12:10, 9:11, 11:9).

Außerdem: 1. FC

Düsseldorf 1:3. Saarbrücke­n – Borussia

 ?? FOTO: VOLKER STROHMEIER ?? Hatte am Sonntag allen Grund, sich zu freuen: Simon Gauzy steuerte zwei Siege zum 3:1 der TTF Ochsenhaus­en über Fulda bei.
FOTO: VOLKER STROHMEIER Hatte am Sonntag allen Grund, sich zu freuen: Simon Gauzy steuerte zwei Siege zum 3:1 der TTF Ochsenhaus­en über Fulda bei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany