Gränzbote

„Das Karussell dreht sich ja noch weiter“

FC Bayern feiert die 28. Meistersch­aft, legt den Fokus allerdings sofort auf die Königsklas­se

- Von Felix Alex

● AUGSBURG - Und dann taten sie es doch. Kaum war der Abpfiff nach dem 1:4 (1:2) gegen den FC Augsburg ertönt, schlüpften die Spieler des FC Bayern München in ihre Meistershi­rts. Kein Firlefanz, keine GoPro-Kamera und eben auch keine T-Shirts hatte Trainer Jupp Heynckes zwar vorab angekündig­t, als der

28. deutsche Meistertit­el allerdings feststand, sah der Coach gern über diese kleine Gehorsamsv­erweigerun­g hinweg. Mit der Papp-Meistersch­ale tanzten seine Spieler vor den Fans, sangen „Campeones, Campeones“in der Kabine und stimmten sich mit südamerika­nischen Rythmen und Michael Jacksons „Billy Jean“auf Party ein – die jedoch ein schnelles Ende fand und von den Verantwort­lichen reglementi­ert wurde. „Eine deutsche Meistersch­aft ist etwas Außergewöh­nliches“, so Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge: „Ich glaube, was wir hier seit sechs Jahren erleben, ist einfach ein Traum.“Dennoch wussten sowohl Rummenigge als auch Heynckes, dass der Titelgewin­n in diesem Moment kein Grund für überschäum­ende Euphorie ist: „Das Karussell dreht sich ja noch weiter und wir wollen noch etwas gewinne“, so Rummenigge.

Die Tore von Corentin Tolisso (32. Minute), James Rodríguez (38.), Arjen Robben (62.) und Sandro Wagner (87.) sorgten nach dem Rückstand durch ein Eigentor von Niklas Süle (18.) dafür, dass der erste von drei möglichen Titeln gefeiert werden konnte. „Ich bin unendlich glücklich über die Meistersch­aft – was viele nicht wissen: meine zweite. Aber bei der ersten hatte ich nicht so einen großen Anteil“, sagte Nationalst­ürmer Wagner. Niklas Süle konnte seine Freude ebenfalls nicht verbergen. „Heute ist ein großer Tag für mich. Wenn ich mich erinnere, dass ich mit 14 Jahren von zu Hause weg bin, mit 17 Profi wurde und hier jetzt stehe und deutscher Meister bin. Wahnsinn. Natürlich würde ich gerne feiern, aber ich weiß nicht, was der Trainer erlaubt“, sagte Süle.

Und Heynckes selbst ließ die Freude gedämpft wirken: „Ich denke, dass die deutsche Meistersch­aft für mich persönlich das schönste Erlebnis ist, das man als Spieler haben kann.“Der 72-Jährige bejubelte auf seiner Abschiedst­ournee den vierten Meistertit­el als Trainer und den achten insgesamt.

„Das ist immer ein ganz spezieller Moment“, sagte Franck Ribéry an seinem 35. Geburtstag: „Du weißt, du bist Meister, und das war wichtig für uns.“Und das, obwohl der der Meistersch­aftsgewinn seit Wochen absehbar war. Doch nachdem die Münchner in einer anfänglich schwierige­n Spielzeit zwischenze­itlich fünf Punkte Rückstand auf Borussia Dortmund hatten, mussten sie „eine sehr gute Reaktion“zeigen. „Als wir anfingen am 7. Oktober, haben wir überhaupt keinen Gedanken daran verschwend­et, die deutsche Meistersch­aft zu feiern“, erinnerte Heynckes.

Der Nachmittag in Augsburg fing bei sonnigem Fußballwet­ter allerdings wenig meisterlic­h an. Durch sieben Umstellung­en in der Startforma­tion litt der Spielfluss des Starensemb­les. Augsburg stand defensiv sicher und suchte wie von Trainer Manuel Baum gewünscht mit „Leidenscha­ft, Freude und Spaß“die Chance in der Offensive. „Es war eine ordentlich­e Leistung, aber das reicht leider nicht“, befand Offensivsp­ieler Michael Gregoritsc­h nach der vierten Heimnieder­lage des FCA in Serie. „Ich glaube, dass es in der Höhe nicht verdient war.“

Sevilla bereits im Hinterkopf

Eine Niederlage gegen den Branchenpr­imus ist keine Überraschu­ng. Die Augsburger bedauerten viel mehr die drei Heimnieder­lagen zuvor. Da habe die Mannschaft „sehr viel vermissen lassen, was uns den früheren Klassenerh­alt und das Auge nach oben gekostet hat“, sagte Gregoritsc­h: „Da haben wir sehr viele Punkte liegen lassen, das hat uns die riesengroß­e Saison gekostet.“

Diese könnten die Rekordmeis­ter nun noch weiter veredel und das, obwohl der Saisonstar­t unter Carlo Ancelotti kräftig in die Hose gegangen war. Umso höher schätzten die Verantwort­lichen die Meistersch­aft ein. „Was mir an dieser Mannschaft gefällt ist, dass sie immer weiter geht und große Ambitionen hat“, so Rummenigge: „Wir wollen auch in der Champions League step by step gehen. Haben das Tor mit dem Hinspiel gegen Sevilla aufgestoße­n und wollen nun auch seriös durch gehen.“

Und die Spanier kommen nicht gerade mit breiter Brust nach München. Das Team aus Andalusien unterlag bei Celta Vigo 0:4 (0:1). Auch wenn Thomas Müller das nicht als Fingerzeig deuten wollte: „Wir wissen, dass in den engen Spielen was gehen kann und schauen nun auf die anderen Wettbewerb­e. Natürlich ist die Freude über die Meistersch­aft jetzt da, aber im Hinterkopf ist schon der Mittwoch.“

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FOTO: DPA Abzusehen und trotzdem schön – Thomas Müller, Arjen Robben, Franck Ribéry (v.li.) feiern die Meistersch­aft.

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