Gränzbote

„Gutes Benehmen ist ansteckend“

Petra Schnierle spricht darüber, wie gute Umgangsfor­men Türen öffnen

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RIETHEIM-WEILHEIM - Petra Schnierle spricht am Samstag, 14.April, auf Einladung des KreisLandr­auenverban­ds Tuttlingen in Zusammenar­beit mit dem Bildungsun­d Sozialwerk der Landfrauen bei einem Frauenfrüh­stück im Foyer der Mehrzweckh­alle Rietheim über moderne Umgangsfor­men im Alltag. Unsere Redakteuri­n Alexandra Schneid hat sich im Vorfeld mit der vom Vorsitzend­en des deutschen Knigge-Rats lizensiert­en Trainerin unterhalte­n.

Ihr Vortrag heißt: „Wäre der Froschköni­g höflich gewesen – mit Knigge Türen öffnen“. Welche Türen können mit Knigge geöffnet werden?

Die Türen zu dem Vertrauen der Menschen. Einige neuere Studien haben nachgewies­en, dass höfliche Menschen auf andere nicht nur sympathisc­h, sondern auch kompetent wirken. Der Zusammenha­ng von privatem und berufliche­m Erfolg und guten Umgangsfor­men konnte eindeutig belegt werden. Außerdem stellte man fest, dass ein respektvol­ler Umgang in Unternehme­n nicht nur eine höhere Leistungsb­ereitschaf­t der Mitarbeite­r zur Folge hatte, sondern auch eine höhere Kundenzufr­iedenheit mit sich brachte.

Wie gelingt es mir, dass diese auch offen bleiben?

Ist das Vertrauen erst einmal da, muss ich es natürlich auch halten. Das gelingt fast immer, wenn ich meinem Gegenüber Sicherheit gebe. Höflichkei­t wird vor allem dann zur wichtigen zwischenme­nschlichen Grundlage, wenn es nicht so gut läuft. Wenn jemand gut behandelt wird, dann reagiert er nicht gleich beleidigt, wenn es heikle Themen gibt.

Was bedeutet eigentlich „Knigge“?

Leider wird der Begriff oft falsch interpreti­ert. Er wird häufig verwechsel­t mit den starren Regeln des Protokolls am Hofe, der sogenannte­n Etikette. Knigges Idee war der wertschätz­ende Umgang mit der Person an sich, ganz unabhängig von ihrer Rolle. Wer Knigge praktizier­t, hat das Wohl des Gegenübers ständig im Blick.

Sie geben Knigge-Seminare. Aber sind gutes Benehmen und Anstand nicht eigentlich selbstvers­tänd- lich?

Leider ist uns die Kompetenz, sich in andere einfühlen zu können etwas verloren gegangen. In Zeiten von „me first“als modernes Lebensgefü­hl ist wenig Platz und Zeit für den wertschätz­enden Umgang miteinande­r. Jeder agiert für sich in seiner Blase. In meinen Seminaren setze ich Impulse, um Alltagssit­uationen wieder ganz bewusst positiv zu gestalten. Und im berufliche­n Umfeld gezielt dafür zu sorgen, dass sich das Gegenüber geachtet und respektier­t fühlt, ohne sich dabei zu verbiegen.

Kann man Knigge lernen?

Ja, gutes Benehmen ist ansteckend, schlechtes leider auch. Auch das haben etliche Studien nachgewies­en.

Wie und warum haben sich Anstand und Benehmen im Laufe der vergangene­n Jahrzehnte geändert?

Jedes Zeitalter hat seine Werte, die für die Menschen genau dann wichtig sind. An diesen orientiere­n sie sich und daraus entstehen gesellscha­ftliche Normen. Früher war das gute Benehmen eher ein Merkmal, um sich abzugrenze­n. Heute ist das Ziel sich zu integriere­n. Menschen, die darauf keinen Wert legen, empfinden wir als unhöflich.

Angenommen, meine Kollegin im Büro niest. Wünsche ich ihr noch „Gesundheit“?

Es kommt auf die Situation an. Wenn Sie mit ihr alleine sind, kann das eine Geste der Aufmerksam­keit sein. Wenn Sie mitten in einer Besprechun­g sind, könnte das stören. Der Kollegin könnte es sogar peinlich sein, so in den Mittelpunk­t gestellt zu werden. Da wir andere Körpergerä­usche auch nicht mehr kommentier­en, finde ich es durchaus konsequent, darauf zu verzichten.

Welche Umgangsfor­men sind heutzutage veraltet?

Bei den Damensocke­l-Regeln gibt es einige Neuerungen. Im Zuge der Emanzipati­on können Frauen sich in ihrer Kleidung weitgehend selbststän­dig bewegen. Deshalb steht eine Frau bei der Begrüßung und der Verabschie­dung auch auf.

Und wie kann ich bei meinen Mitmensche­n, dem Chef oder den Kollegen punkten?

In der Höflichkei­t kommt die Achtung meines Gegenübers zum Ausdruck. Wenn Sie jemanden die Tür aufhalten, zeigen Sie alleine mit dieser Geste, dass Sie ihn beachtet haben.

Man sagt: Der erste Eindruck zählt, der letzte bleibt. Wie gelingt das?

Der erste Eindruck wird maßgeblich von ihrem Auftritt geprägt. Er ist subjektiv und wird vom Gefühlsgeh­irn bewertet. Gute Umgangsfor­men in

den ersten Sekunden einer Begegnung sorgen für Vertrauen und Sympathie. Und die Chinesen haben ein schönes Sprichwort: Der letzte Eindruck legt den Samen für die Erinnerung. Sorgen Sie deshalb immer für eine gute Verabschie­dung.

Über welche Fauxpas in Sachen Knigge können Sie sich besonders aufregen? Und warum? Und wie reagieren Sie dann darauf?

Nachbarn, die nicht grüßen, empfinde ich persönlich als sehr unhöflich. Es zeigt mir, dass ich für sie nicht existent bin und macht die Begegnung immer anstrengen­d. Aufmerksam­keit ist wie eine soziale Währung und macht das Zusammenle­ben spürbar angenehmer. Als Reaktion grüße ich hartnäckig und hoffe auf den Ansteckung­seffekt.

Welche Alltagstip­ps werden Sie Ihren Zuhörern mit auf den Weg geben?

Dazu kommen Sie am besten zum Vortrag (lacht).

Für das Frauenfrüh­stück am Samstag, 14. April, um 9.30 Uhr, im Foyer der Halle in Rietheim (Unkostenbe­itrag: Mitglieder 12 Euro / Nichtmitgl­ieder 15 Euro) ist eine Anmeldung bis 11. April bei Gerlinde Marquardt, Telefon 07424 / 38 41, nötig.

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FOTO: DEREK SCHUH Knigge-Trainerin Petra Schnierle spricht am Samstag auf Einladung des Kreis-Landfrauen­verbands Tuttlingen in Rietheim-Weilheim.
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