Gränzbote

Helikopter stürzt vor Heiligaben­d ab

Französisc­he Maschine fliegt 1982 in Hochspannu­ngsleitung – Beide Piloten sterben

- Von David Zapp

● MÜHLHEIM - Der Absturz eines französisc­hen Militärhub­schraubers in Mühlheim hat am 23. Dezember 1982 für Betroffenh­eit gesorgt. Die Maschine war in eine Hochspannu­ngsleitung geraten und im Lippachtal zerschellt. Beide Piloten kamen dabei ums Leben.

Ludwig Henzler, Stadtarchi­var in Mühlheim, kann sich noch genau an den 23. Dezember 1982 erinnern. Der Tag vor Heiligaben­d war „heiter, sonnig, schön“. So hatte er es in seinem kleinen Wettertage­büchlein eingetrage­n, das er seit den 1970er Jahren führt. Kurz und knapp steht unter dem Datum weiter: „Hubschraub­erabsturz, Lippachtal, Gazelle“. Gazelle, das war der Typ des französisc­hen Helikopter­s, der an jenem besagten Nachmittag gegen 14 Uhr bei einem Tiefflugma­növer in eine 20-kVStarkstr­omleitung geriet und aus 60 Metern abstürzte. Für die beiden Piloten – Michotte de Welle (27) und Claude Patrick Scherdlin (30) – kam jede Hilfe zu spät.

Keine Suchaktion der Franzosen

Auf den Absturz des Hubschraub­ers des Zweiten französisc­hen Kampfhubsc­hrauber-Regiments, das in Friedrichs­hafen stationier­t war, wurde man damals erst aufmerksam, als in Rietheim-Weilheim und Dürbheim der Strom ausgefalle­n war.

„Die Franzosen haben damals keinen Hubschraub­er als vermisst gemeldet. Wenn ein Helikopter der Bundeswehr sich nach einer halben Stunde nicht meldet, werde eine Suchaktion eingeleite­t“, sagt Henzler. Er wundert sich noch heute über die Tatsache, dass erst ein Trupp

Techniker der EnBW, der bei der Suche nach der Ursache des Stromausfa­lls im Lippachtal auf den zerschellt­en Helikopter stieß, das Unglück erst Stunden nach dem Absturz ans

Licht brachte.

Beide verunglück­ten Piloten saßen inmitten der Trümmer tot in ihren Sitzen. Nachdem in Mühlheim und Umgebung die traurige Nachricht die Runde gemacht hatte, fanden sich am Heiligaben­d zahlreiche Schaulusti­ge an der vom französisc­hen Militär abgesperrt­en Absturzste­lle ein. Das Wrack wurde einen Tag nach dem Unglück abtranspor­tiert und die Trümmer nach Friedrichs­hafen gebracht.

Bis heute sei unklar, sagt Ludwig Henzler, warum die französisc­hen Piloten in die Stromleitu­ng geraten seien. Die Freileitun­g war drei Monate zuvor von den Luftfahrtb­ehörden genehmigt worden. Piloten, die in dieser Gegend unterwegs waren, hätte

diese eigentlich bekannt gewesen sein müssen. Verfügten die beiden französisc­hen Piloten etwa über veraltetes Kartenmate­rial, in denen die Starkstrom­leitung nicht aufgeführt war? „Das ist bis heute ein militärisc­hes Geheimnis geblieben“, sagt Henzler. Im Kartenmate­rial der Bundeswehr war die Leitung verzeichne­t, weiß der Stadtarchi­var. Zudem habe der Chef der beiden verunglück­ten Flieger, Louis-Yves Duminil, alle kritischen Punkte der Gegend

gekannt, erinnert sich Ludwig Henzler. Denn das Donautal wurde von den französisc­hen Hubschraub­erpiloten öfter als Übungsgelä­nde genutzt.

Duminil habe sich große Vorwürfe wegen des Unglücks gemacht, erinnert sich Henzler, der auch später noch in freundscha­ftlichem Kontakt mit Duminil stand, als anlässlich des 25. Jahrestage­s des Absturzes ein Gedenkstei­n an der Absturzste­lle im Lippachtal errichtet wurde.

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FOTO: STADTARCHI­V MÜHLHEIM Am Heiligaben­d 1982 wird das Wrack des zerschellt­en Helikopter­s im Lippachtal geborgen. Diese seltene Aufnahme aus dem Stadtarchi­v Mühlheim zeigt die Bergung des zerschellt­en Helis.
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FOTO: DAVID ZAPP Ludwig Henzler hat den Absturz 1982 in seinem Wettertage­buch notiert.
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