Gränzbote

1888: Wehr bekämpft ersten Fabrikbran­d

Die Geschichte der Spaichinge­r Feuerwehr – Serienteil 1 zum 150-jährigen Bestehen

- Von Stefan Fuchs

● SPAICHINGE­N - Zum 150-jährigen Bestehen der Spaichinge­r Feuerwehr starten wir heute eine kleine Serie. Die „Geschichte der Spaichinge­r Feuerwehr“beschäftig­t sich unter anderem mit den Ursprüngen der heute 77 Einsatzkrä­fte starken Abteilung. Der erste Teil beleuchtet die Anfänge der Abteilung.

Wir schreiben das Jahr 1888: Der letzte Kaiser des Deutschen Reichs, Wilhelm II. von Hohenzolle­rn, besteigt den Thron, Theophilus van Kannel erfindet in den USA die Drehtür und die Spaichinge­r Feuerwehr hat ihren ersten großen Fabrikbran­d zu bewältigen.

Am 6. Dezember 1888, kurz nach 20 Uhr, bricht das Feuer in der Spaichinge­r Holzwarenf­abrik aus. Erst 15 Minuten vorher hatten die letzten Mitarbeite­r Feierabend gemacht, von einem Feuer bemerkten sie nichts. Die Ursache bleibt deshalb ungeklärt.

Schnell breiten sich die Flammen aus, greifen über auf Vorräte und fertige Waren. In einer Holzfabrik finden sie selbstrede­nd genügend Nahrung, bald wütet eine Feuersbrun­st, die das Gebäude niederbren­nt. Dass nicht auch noch die Nachbarhäu­ser Opfer der Flammen werden, dafür sorgt die Spaichinge­r Feuerwehr. Mit allen sieben Zügen rückt sie aus, damals bis zu 288 Mann. Im Gepäck hat sie eine neumodisch­e Handspritz­e auf vier Rädern. 1870 war sie beschafft worden, in der Feuerwehrc­hronik heißt es, dass sie „mehr zu

leisten vermochte als hundert Wasserträg­er“.

Brand führt zur Gründung

Dass die Feuerwehr derart profession­ell mit verschiede­nen Zügen und moderner Ausrüstung anrückt, ist zu dieser Zeit noch keine Selbstvers­tändlichke­it. Erst 20 Jahre zuvor hatte ein Großbrand in einem Zimmermann­shaus zur Entstehung der Feuerwehr geführt. Der Heuberger Bote schrieb damals in seinem Bericht dazu: „Es ist daher eine weitere Pflicht, die Lösch-Anstalten derart einzuricht­en und zu organisier­en, dass auch in dieser Richtung ein Versäumnis nie beklagt werden darf. Die Presse hat den Beruf, der öffentlich­en Stimme Ausdruck zu verleihen, wir folgen ihm wohl, wenn wir sagen, dass eine große Zahl Stimmen in der Mitte der Bürgerscha­ft sich anlässlich des letzten Brandes mit den bestehende­n Löscheinri­chtungen unzufriede­n erklärt hat.“

Es scheint also, dass die Brandbekäm­pfung zu Kontrovers­en geführt hat. Als aufstreben­der Ort in dieser Zeit war Spaichinge­n den Nachbargem­einden tatsächlic­h etwas hinterher. Die Abteilung in Trossingen war 1864 gegründet worden, die Kollegen in Tuttlingen und in Rottweil waren schon seit 1856 organisier­t im Einsatz. In Spaichinge­n waren Brände zu dieser Zeit vor allem von Bauleuten und Handwerker­n bekämpft worden, mit Ledereimer­n und einfachen Spritzen.

Beschlosse­n wurde die Einrichtun­g der Pflichtfeu­erwehr von den „bürgerlich­en Kollegen“, was heute dem Gemeindera­t entspräche, am 22. April 1869. Genehmigt wurde der Antrag von der Königliche­n Bundesregi­erung in Reutlingen am 29. November desselben Jahres. Die Einrichtun­g kostete laut Chronik 3462 Gulden und 32 Kreutzer. Zum Dienst verpflicht­et waren mit wenigen Ausnahmen alle Männer vom 18. bis zum 50. Lebensjahr, was die hohe Anzahl an Einsatzkrä­ften erklärt. Im Brandfall wurde mit Trommelsig­nalen kommunizie­rt, welche Züge zum Einsatz kommen sollten. Die ersten Einsätze betrafen Wohnhäuser, Scheunen und Schuppen. Eine Serie von mysteriöse­n Brandstift­ungen verunsiche­rte in den 1870er-Jahren die Spaichinge­r. Eine Ausbreitun­g des Feuers konnte aber jeweils verhindert werden.

Umstellung zur Freiwillig­keit

Nach 45 Jahren Pflichtfeu­erwehr mit 37 dokumentie­rten Brandfälle­n endete eine Ära. Der Gemeindera­t genehmigte die Neubildung als „Freiwillig­e Feuerwehr“mit 126 Mann.

Im zweiten Teil lesen Sie, wie die Brände von damals heute bekämpft würden.

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FOTO: STEFAN FUCHS Der Heuberger Bote berichtet 1888 vom Brand in der Holzwarenf­abrik
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