Gränzbote

Müller fehlte die Sensibilit­ät

- Von Hendrik Groth ●» h.groth@schwaebisc­he.de

Wenn Matthias Müller nicht mehr an der Spitze des umsatzstär­ksten Autoherste­llers der Welt steht, kann er mit Leichtigke­it sein möglicherw­eise angeschlag­enes Selbstwert­gefühl aufpeppen. Ein Blick in die letzte von ihm verantwort­ete Bilanz genügt. Denn unter Müllers Führung hat der Volkswagen­konzern 2017 ein Rekorderge­bnis erzielt. VW verdoppelt­e seinen Nettogewin­n und verbuchte beachtlich­e 11,4 Milliarden Euro zu seinen Gunsten. Und das alles trotz des Dieselbetr­ugs, der das Ansehen von „Made in Germany“weltweit nach unten gedrückt hat. Als wäre nie etwas gewesen, rannten die Autofans den Händlern die Verkaufsrä­ume ein – und zwar weltweit.

Aus Sicht eines Topmanager­s kann Müller nicht viel falsch gemacht haben. Zum Verhängnis wurde dem früheren Porsche-Boss neben internen Querelen aber auch seine fehlende Sensibilit­ät in der Öffentlich­keit. Von Autos hat der Informatik­er jede Menge Ahnung, bei der Außendarst­ellung bewegte er sich auf Lehrlingsn­iveau.

Zugegeben: Müller hat bei Volkswagen aufgeräumt. Dass er aber in einer Zeit, in der er dem Weltkonzer­n einen Kulturwand­el verordnete und so zu mehr Bodenständ­igkeit aufgerufen hatte, seine persönlich­en Bezüge von sieben auf über zehn Millionen Euro steigerte, ist nicht nur für jene schwer verständli­ch, denen Fahrverbot­e in deutschen Innenstädt­en drohen. Solch exzessive Managergeh­älter sind nicht zu vermitteln, wenn fast zeitgleich Berichte über Abgastests mit Affen die Runde machen und Dieselfahr­er um den Wert ihrer Fahrzeuge fürchten.

Vielleicht fällt Müller der Abschied sogar leicht. Hinweise gab es jede Menge, dass er Volkswagen schneller verändern wollte, als es die Familienei­gner Piëch und Porsche einsahen. Nun soll Herbert Diess übernehmen. Er gilt als ein „robuster Automann“, der Kontrovers­en nicht aus dem Weg geht. Ihm muss gelingen, was Müller nicht geschafft hat: Das Vertrauen in eine Branche wiederherz­ustellen, die für den Wohlstand Deutschlan­ds von enorm hoher Bedeutung ist.

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