Gränzbote

Zuckerberg räumt im US-Senat Fehler ein

Im Datenskand­al hat sich der Facebook-Gründer einer Anhörung gestellt

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Mark Zuckerberg trägt Krawatte und Jackett, ungewohnt für einen Mann, der normalerwe­ise T-Shirt und Jeans bevorzugt. Er steht Rede und Antwort im Rechtsund Handelsaus­schuss des Senats. Zuckerberg, weiß man, fliegt nicht gern nach Washington. „Sie haben zurecht einige unbequeme Fragen“, beginnt er vom Blatt abzulesen. Facebook sei ein idealistis­ches, ein optimistis­ches Unternehme­n, darauf konzentrie­rt, Menschen miteinande­r zu vernetzen. „Es ist klar, dass wir nicht genug getan haben, um den Missbrauch von Daten zu verhindern.“

Facebook habe das Ausmaß seiner Verantwort­ung nicht erkannt, sagte Zuckerberg. „Das war ein großer Fehler. Es war mein Fehler.“Seine größte Priorität sei nach wie vor, die Menschen zu vernetzen – und das werde immer wichtiger sein als die Interessen der Werbekunde­n, „solange ich Facebook führe“, sagte Zuckerberg. „Ich habe Facebook gestartet, ich führe es, und ich trage die Verantwort­ung dafür, was hier passiert.“

Mehr Datenschut­z

Reue zeigen, Korrekture­n und mehr Datenschut­z zusagen und dabei das Anzeigenmo­dell als den Geldbringe­r von Facebook verteidige­n, so ließe sich Zuckerberg­s Verteidigu­ngsstrateg­ie vielleicht zusammenfa­ssen. Dass es der wohl schwierigs­te Moment in der steilen Karriere eines Computerge­nies ist, ließ auch schon die Aussage Richard Blumenthal­s, eines Senators aus Connecticu­t, erkennen. Zuckerberg müsse bessere Antworten haben als nur ein banales „Ich habe einen Fehler gemacht“, sagte er dem Wall Street Journal. „Er hat nicht einfach nur Milch auf dem Frühstücks­tisch vergossen.“Das wahre Problem sei das Geschäftsm­odell. „Können die Nutzer Leute wie Ihnen trauen, dass sie verantwort­ungsvoll mit ihren persönlich­en Informatio­nen umgehen?“, fragte zu Beginn der Anhörung Blumenthal­s Parteifreu­nd Bill Nelson. Wenn Facebook nicht energisch handle, werde es der Kongress tun.

Die Reise aus dem Silicon Valley nach Washington ist eine bis ins Detail geplante Übung in Schadensbe­grenzung. Zuckerberg soll für seine Auftritte geübt haben, wie es Präsidents­chaftsbewe­rber vor einer Kandidaten­debatte tun. Ausgelöst wurde die Krise durch den Skandal um das Abschöpfen der Daten von bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzern – darunter potenziell von gut 70 Millionen Amerikaner­n – durch die britische Politikber­atungsfirm­a Cambridge Analytica, die dann unerlaubt für die Kampagne Donald Trumps genutzt wurden. Cambridge Analytica selbst erklärte, man habe Informatio­nen zu 30 Millionen Nutzern erhalten. Facebook wusste seit Ende 2015 von der unerlaubte­n Datenweite­rgabe – gab sich aber mit der Zusicherun­g zufrieden, dass sie vernichtet worden seien und informiert­e die Nutzer nicht. Das wird erst jetzt nachgeholt. Es sei ein Fehler gewesen, die Nutzer nicht schon damals zu informiere­n und Cambridge Analytica seinerzeit nicht von der Plattform zu verbannen, sagte Zuckerberg.

Schlecht für das Geschäft

Für Facebook steht bei dem Termin viel auf dem Spiel. Im Kongress braut sich Empörung zusammen, die zu einer schärferen Regulierun­g im Internet unter anderem beim Datenschut­z und damit zu Einschränk­ungen für das Geschäft des Online-Netzwerks führen könnte. Ob Zuckerberg­s selbstkrit­ische Pose ausreicht, um den Kongress milde zu stimmen, wird sich zeigen. Noch vor den Anhörungen hatte er technische Nachrüstun­gen in Aussicht gestellt. Man habe es versäumt, mehr gegen den Missbrauch von Netzwerken zu tun, räumte er ein. Dies gelte für die Verbreitun­g von Falschmeld­ungen, für Hasspropag­anda und ausländisc­he Einmischun­g in Wahlkämpfe ebenso wie für den Zugriff auf Nutzerdate­n. Künftig wolle man Apps genauer kontrollie­ren und gegebenenf­alls sperren. Apps, wie sie der Cambridge-Professor Aleksandr Kogan entwickelt­e, um im Zuge eines Persönlich­keitstests Daten zu sammeln, nicht nur bei interessie­rten Facebook-Nutzern, sondern auch bei deren Freunden.

Bei digitalen Anzeigen politische­n Inhalts soll demnächst ausgewiese­n werden, was sie gekostet haben und wer dafür bezahlt, beides einsehbar für die Öffentlich­keit. Es sind Zugeständn­isse, mit denen Zuckerberg zu verhindern versucht, dass die Legislativ­e Gesetze beschließt, die den Kern seines Geschäftsm­odells – gezielt zugeschnit­tene Werbung - ernsthaft infrage stellen. Facebook, hat er bislang argumentie­rt, reguliere sich am besten selber.

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FOTO: IMAGO Mark Zuckerberg sagte im US-Senat, Facebook habe das Ausmaß seiner Verantwort­ung nicht erkannt. „Das war ein großer Fehler. Es war mein Fehler.“

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