Hochspannung in Syrien
Assad-Regime scheint sich für US-Angriff zu wappnen
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BEIRUT - Als nach den Giftgasattacken der syrischen Armee im August 2013 der damalige US-Präsident Barack Obama seine „Bereitschaft zu Vergeltungsschlägen“ankündigte, setzte aus Syrien eine regelrechte Fluchtwelle in den Libanon ein. Knapp fünf Jahre später soll die syrische Armee nun erneut in Alarmbereitschaft versetzt worden sein.
Wirkliche Angst, wie im Sommer 2013, berichten Reisende, hätten die Einwohner Damaskus’ aber nicht, weil mit der russischen Armee ein starker Verbündeter das Assad-Regime stütze. Glaubt man dem fließend arabisch sprechenden russischen Vize-Außenminister Michail Bogdanow, dann besteht wegen der mutmaßlichen Giftgasangriffe am vergangenen Wochenende „keine Gefahr einer militärischen Konfrontation“. Der gesunde Menschenverstand werde sich durchsetzen.
Am Abend legte Russland im UNSicherheitsrat erwartungsgemäß sein Veto gegen einen von den USA vorgelegten Resolutionsentwurf zu dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien ein. In dem Entwurf wurde ein neuer „unabhängiger Mechanismus“zur Untersuchung der Giftgasvorwürfe in Syrien vorgeschlagen. Russland wollte Diplomaten zufolge in der Sitzung über zwei eigene Resolutionsentwürfe abstimmen lassen.
Die russische Regierung ist von der Unschuld ihrer arabischen Verbündeten überzeugt und lud sogar unabhängige Experten nach Damaskus ein. Staatschef Assad ging sogar noch einen Schritt weiter und bat Experten der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW), die östlichen Vororte der syrischen Hauptstadt zu besuchen.
Der amerikanische Fernsehsender NBC und die christliche „Voix du Liban“berichteten unterdessen, dass Russland mit der Störung der amerikanischen GPS-Navigation im Nahen Osten begonnen habe. Davon betroffen seien vor allem Drohnen, deren Ausfall amerikanische Militäraktionen beeinträchtigen könnten. Im September letzten Jahres hatte Russland amerikanische Kriegsschiffe im Schwarzen Meer mit gefälschten GPS-Signalen genarrt.
Starke russische Gegenwehr
Sollten sich die USA für Vergeltungsschläge gegen die syrische Armee entscheiden, müssten sie vermutlich dort mit massiver russischer Gegenwehr rechnen, wo russisches Militär und Berater stationiert sind. Ihre Zahl wird mit weit über 10 000 angegeben. Stationiert sind die russischen Kräfte im Großraum Damaskus, Aleppo, Homs und auf den Luftund Marinebasen bei Lattakia und Tartus der Fall. Wie vor fast genau einem Jahr könnte sich US-Präsident Trump für symbolische Militärschläge auf abgelegene Stützpunkte der syrischen Streitkräfte entscheiden.
Den Verlauf des Krieges in Syrien können die USA ohnehin nicht mehr entscheidend beeinflussen. Washington hat sein unausgesprochenes Ziel, den Sturz von Präsident Assad, nicht erreicht.