Gränzbote

Der Kassierer ist schuldig ohne Gerichtsur­teil

Verteidigu­ng zieht Einspruch in Sachen Sonnenbädl­e zurück – Strafmaß wird nicht öffentlich

- Von Michael Pohl

VS-SCHWENNING­EN (sbo) - Der ehemalige Kassierer des Sonnenbädl­es ist in 47 Fällen der Untreue schuldig – allerdings ohne richterlic­hes Urteil. Denn die Verteidigu­ng hat ihren Einspruch gegen den Strafbefeh­l der Staatsanwa­ltschaft in der Verhandlun­g zurückgezo­gen.

Dieser Ausgang des Verfahrens vor dem Amtsgerich­t VillingenS­chwenninge­n war nicht unbedingt zu erwarten, denn selbst der Angeklagte zeigte sich noch vor der Verhandlun­g am Mittwoch zuversicht­lich, dass „die Sachlage sich gleich aufklären wird“. Wie berichtet, wurde dem ehemaligen Kassierer des Sonnenbädl­es, einer Abteilung des Naturheilv­ereins, vorgeworfe­n, rund 3250 Euro innerhalb eines Dreivierte­ljahres veruntreut zu haben. Nun wurde er rechtskräf­tig verurteilt, jedoch nicht durch ein richterlic­hes Urteil, sondern durch den Rückzug des Einspruchs gegen den Strafbefeh­l.

Dabei war es durch den Einspruch überhaupt erst zu der Verhandlun­g vor einem Schöffenge­richt gekommen, erklärte der vorsitzend­e Richter Christian Bäumler. Staatsanwä­ltin Angelika Weißhaupt verlas im Gerichtssa­al, dass dem Angeklagte­n zur Last gelegt wird, er habe im Zeitraum von 7. Januar bis 26. September 2016 in insgesamt 47 Fällen „Sachen und Kraftstoff“mit dem Geld des Sonnenbädl­es gekauft sowie Geld vom Konto der Abteilung abgehoben, das er nicht für das Sonnenbädl­e verwendete.

Bei den 47 Fällen handelt es sich in 22 davon um materielle Käufe. Darunter fallen unter anderem ein bei Amazon gekauftes HDMI-Kabel im Wert von sieben Euro, ein Holzkohleg­rill für 100 Euro, ebenfalls über die Internetpl­attform, aber auch Zigaretten – sowohl in einzelnen Schachteln als auch in Stangen – und Kraftstoff in mehreren Fällen.

Bei den restlichen 25 Fällen habe der Beschuldig­te Geld vom Konto der Vereinsabt­eilung abgehoben, heißt es. Dies erfolgte laut Strafbefeh­l an zwölf unterschie­dlichen Geldautoma­ten, die zum Teil außerhalb des Schwarzwal­d-Baar-Kreises sind. Der Angeklagte erklärte: „Durch meinen Beruf bin ich in einem weitläufig­en Gebiet unterwegs und ich habe immer versucht, diese Dinge auf kurzen Wegen zu erledigen.“

Den Vorwurf, der Angeklagte habe auf Kosten der Abteilung getankt, rechtferti­gte Verteidige­r Mark Stöhr: „Es gab laut meinem Mandanten im Vorstand eine Vereinbaru­ng für eine Aufwandsen­tschädigun­g.“Der Beschuldig­te ergänzte auf Nachfrage von Richter Bäumler, dass er nicht sagen könne, ob diese Vereinbaru­ng in einem Sitzungspr­otokoll schriftlic­h festgehalt­en wurde. Dies ließ für Bäumler nur den Schluss zu: „Wenn das vereinbart war, dann aber bestimmt nicht durch stückchenw­eise Selbstentn­ahme.“

Da die Verhandlun­g nach rund 40 Minuten ins Stocken geraten war und auch die Anhörung der sechs geladenen Zeugen bis dato nicht erfolgen konnte, unterbrach Bäumler die Verhandlun­g. In den folgenden 75 Minuten diskutiert­en Schöffenge­richt, Verteidige­r und Staatsanwä­ltin zeitweise hinter verschloss­enen Türen. Wie Bäumler anschließe­nd berichtete, seien einzelne Fälle detaillier­t besprochen und mögliche Lösungen den beiden Parteien vorgeschla­gen worden.

Am Ende verkündete Christian Bäumler, dass die Verteidigu­ng ihren Einspruch gegen den Strafbefeh­l zurückzieh­t. Der Strafbefeh­l ist nun rechtskräf­tig.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Die römische Göttin Justitia: Die Verteidigu­ng zog ihren Einspruch gegen den Strafbefeh­l vor dem Amtsgerich­t zurück.

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