Gränzbote

Wortkaskad­en in rasendem Tempo

Uli Keuler füllt die Jurahalle - Der schwäbisch­e Kabarettis­t gastiert erneut beim Musikverei­n

- ANZEIGE Von Franz Dreher

GOSHEIM – Nur wenige Stühle sind beim Soloauftri­tt des Komikers Uli Keuler am Samstagabe­nd in Gosheim unbesetzt. Nach dem ersten erfolgreic­hen Auftritt im kleineren Gemeindeha­us wählte der Musikverei­n dieses Mal die Bühne in der Festhalle.

Freunde der schwäbisch­en Mund- art erlebten wiederholt einen vergnüglic­hen Abend, der volle Konzentrat­ion erforderte, denn der studierte Rhetoriker ließ seine Wortkaskad­en in rasendem Tempo vom Stapel. Infolgedes­sen war das Echo auf die hintergrün­digen und skurrilen Geschichte­n zunächst etwas verhalten.

Doch der gebürtige Wendlinger hat seine Fangemeind­e trotzdem vom ersten Satz an voll im Griff. Die sparsame Gestik und die nicht existieren­den Requisiten werden durch die Wortge- walt voll ersetzt. Und mit zunehmende­r Vortragsda­uer taut das Publikum auf und zwingt den Vortragend­en mittels Lachsalven zu kurzen Pausen.

Der Kabarettis­t lässt es natürlich nicht aus, die angebliche schwäbisch­e Sparsamkei­t aufzuspieß­en. Da bietet es sich selbstrede­nd an, eine Szene vor dem Fahrkarten­schalter mit der Frage nach dem besten Spartarif auszumalen. Köstlich stellt er dann die imaginäre Zwiesprach­e eines hilflosen Familienva­ters im Kampf mit seiner neuen Hightech-Küche dar. Das Horrorszen­ario der mit allen Schikanen ausgestatt­eten Einrichtun­g mit Spracherke­nnung und vernetzter Elektronik endet mit der tröstliche­n Auskunft der Robotersti­mme des Herdes, dass er immerhin noch kein Raumschiff sei.

Seitenhieb­e auf die Politik verteilt Keuler jedoch nur sehr sparsam, obwohl die allgemeine Situation zurzeit sicher sehr dazu geeignet wäre. So bekennt er mit entwaffnen­der Offenheit, dass sein Opa sich „schon“1947 dem Widerstand gegen das Naziregime angeschlos­sen habe. „Und in dieser Tradition stehe ich auch“. Folglich bleibt auch er im Mainstream und teilt politische­n Persönlich­keiten von Storch, Strobl bis Söder aus: „Trotz aller Auslandsre­isen funktionie­rt die Abschrecku­ng nicht richtig“, wofür er sogar im traditione­ll schwarz geprägten Gosheim reichlich Gelächter kassiert. Eher grenzwerti­g ist dann die Anspielung auf die Flüchtling­e, welche er in einem Atemzug mit seinen Orientieru­ngsproblem­en während seinen früheren Interrailt­rips kreuz und quer durch Europa nennt.

Finaler Witz, verzögerte Pointe

Die hartnäckig herbei geklatscht­e Zugabe hat Keuler schon oft geübt: „Goht on Ma in Wald“, beginnt er vielverspr­echend. Hier trifft er auf einen Räuber, welcher ihm nicht nur sein Geld, sondern auch seine Uhr rauben möchte. Der Mann hat jedoch angeblich weder Geld noch Uhr dabei. „No tragscht mi halt a Schdückle“, fordert der Räuber. Aber bis hierher zündet der Gag kaum, weshalb der Schnellred­ner die Geschichte wieder und wieder herunter rasselt, bis er zuletzt doch noch eine kleine Pointe nachliefer­t: Der „Ma“rückt seine Schätze heraus, worauf sich aber der Räuber ärgert, dass er nun zu Fuß gehen muss.

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FOTO: FRANK DREHER Uli Keuler
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