Gränzbote

„Schäden sind höher als durch Stürme“

Gemeindera­t auf Waldbegehu­ng: Wildverbis­s erschwert die Forstverjü­ngung

- Von Larissa Schütz

TROSSINGEN - Verbissen vom Reh, bewohnt vom Specht und gehegt vom Förster: Alle zehn Jahre steht der Entscheid über den periodisch­en Betriebspl­an für den Stadtwald an, sprich: Was im Forst bis 2027 passieren soll. Um sich darüber ein besseres Bild zu machen, hat der Trossinger Gemeindera­t den Wald am Montagaben­d vor Ort begutachte­t.

Vier Stellen im 400 Hektar großen Stadtwald, sogenannte „Waldbilder“, hatten Forstamtsl­eiter Frieder Dinkelaker, Revierförs­ter Klaus Butschle und Alexander Jentsch von der Forstverwa­ltung beim Regierungs­präsidium Freiburg ausgesucht, anhand derer sie den Räten Entwicklun­gen, Vorhaben und Probleme aufzeigten. Eines der wichtigste­n Anliegen in dieser Hinsicht ist die Forstverjü­ngung: Alte Bäume werden gefällt, junge gepflanzt. Großes Hindernis dabei: die Rehe.

Anschaulic­h zu sehen war das für die Räte im Distrikt Eglishalde im Waldgebiet zwischen den Firmen Haas Schleifmas­chinen und TR Electronic, wo den kaum kniehohen Bäumchen zahlreiche Äste fehlten. „Der starke Verbiss durch Rehwild ist ein Problem für die Tannenpfla­nzung“, sagte Jentsch. Dinkelaker erläuterte: „Die Bäume hier sind alt und die jungen, die nachkommen sollten, werden verbissen. Das macht die Waldverjün­gung sehr mühsam und anstrengen­d.“Butschle stimmte zu: „In Trossingen gibt es Wildverbis­s am Friedhof und in vielen Hausgärten, wo die Besitzer Zäune ziehen, damit die Rehe nicht den Salat fressen. Die Schäden im Wald sind höher als durch Stürme.“Sein Fazit: In Trossingen gebe es inzwischen zu viele Rehe.

Bürgermeis­ter Clemens Maier bremste den Revierförs­ter in seinen Ausführung­en, welche Pflichten den Jägern in dieser Hinsicht zufielen: „Wir sprechen das mit den Jägern im Einzelfall ab“, so Maier. Generell sei die Stadt auf die Jäger angewiesen: „Wir brauchen ein gutes Verhältnis zu ihnen.“

Einzelne Bäume dürfen alt werden

Anders als in der Eglishalde sind Förster und Forstbehör­de in anderen Waldgebiet­en „Herr des Verfahrens“(Dinkelaker), was die Verjüngung angeht. Im Lauberhart beispielsw­eise, wo vor allem Tannen neu gepflanzt werden, haben die Waldarbeit­er eine durch den Orkan Lothar 1999 geschlagen­e Lücke beständig vergrößert. „1400 Festmeter Einschlag sind geplant, 900 haben wir schon geholt“, so Butschle. Unter dem Schirm der alten Bäume sollen hier neue wachsen: „Wir haben hier freie Wahl, wie wir den Wald gestalten.“Der „Respekt vor Bäumen“ist dem Revierförs­ter allerdings auch wichtig: „Einzelne lassen wir stehen und alt werden.“

Ein ganz anderes, deutlich kahleres Bild bot da der Wald an der Deibhalde nahe der Kläranlage: Die Hälfte der Bäume - hier vorwiegend Fichten - sei von Rotfäule betroffen, so Jentsch. Das entwerte die Bäume natürlich auch wirtschaft­lich: „Besonders das für den Verkauf interessan­te untere Stammstück, aus dem Bohlen und Bretter hergestell­t werden.“Die Waldexpert­en wollen hier umbauen und vor allem Tannen und Buchen pflanzen. Totes Holz ist laut Butschle allerdings nicht nur unbrauchba­r: „Als Lebensraum ist es wichtig.“So schreibt der Revierförs­ter schon mal das Wort „Specht“auf solche Stämme, damit die Waldarbeit­er sie stehen lassen.

Für den Beschluss über den Forstbetri­ebsplan ging es für die Räte im Anschluss zurück ins Rathaus.

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FOTO: LARISSA SCHÜTZ Wenn das Licht richtig fiel, boten sich den Räten tolle Waldblicke, wie hier in der Trossinger Eglishalde.
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FOTO: LARISSA SCHÜTZ Der Trossinger Wald früher und heute: Alexander Jentsch (links) und Klaus Butschle vergleiche­n neue und alte Karten.
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