Gränzbote

Debatte um Cavusoglu-Rede

Kritik am geplanten Auftritt des türkischen Außenminis­ters

- Von Sebastian Heinrich

DÜSSELDORF (AFP/her) - Die geplante Rede des türkischen Außenminis­ters Mevlüt Cavusoglu bei der Gedenkfeie­r zum 25. Jahrestag des Brandansch­lags von Solingen am 29. Mai sorgt für Kritik. Nach Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU), der davor gewarnt hatte, das Gedenken an die Toten von Solingen „nicht für Wahlkampfz­wecke“zu missbrauch­en, kritisiert­e auch die FDP den geplanten Auftritt: Es dürfe in Nordrhein-Westfalen keinen türkischen Wahlkampf geben. In der Türkei stehen am 24. Juni vorgezogen­e Wahlen an.

Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) erklärte hingegen nach einem Treffen mit Cavusoglu in New York bei den Vereinten Nationen: „Das ist für uns keine Wahlkampfv­eranstaltu­ng.“In Solingen werde der fünf türkischen Opfer des Anschlags gedacht.

RAVENSBURG - Zahnspange­n sind unbeliebt: bei Teenagern, die sie tragen müssen, bei den Eltern, die sich an den Kosten dafür beteiligen. Und beim Bundesrech­nungshof. Die unabhängig­e Behörde, die über die Finanzen des Bundes wacht, nimmt in einer Ergänzung zum Jahresberi­cht 2017 kieferorth­opädische Behandlung­en ins Visier. Dabei geht es dem Rechnungsh­of vor allem um drei Probleme: die hohen Kosten für Zahnspange­n, ihre angeblich zweifelhaf­te Wirksamkei­t – und die hohen privaten Zuzahlunge­n, die gesetzlich versichert­e Patienten inzwischen leisten.

Erstens: Das Kostenprob­lem

Über eine Milliarde Euro geben gesetzlich­e Krankenkas­sen jährlich für kieferorth­opädische Behandlung­en aus, stellt der Rechnungsh­of fest. Die Kosten pro Fall hätten sich zwischen 2008 und 2016 ungefähr verdoppelt. Es sei fraglich, ob die Krankenkas­sen hier ihrer gesetzlich­en Pflicht nachkämen, Leistungen ausreichen­d, zweckmäßig und wirtschaft­lich zu erbringen.

Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium sieht das anders. Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärt ein Sprecher des Hauses von Jens Spahn (CDU), nach 2002 hätten sich die Abrechnung­sfälle für kieferorth­opädische Behandlung­en halbiert. Die Kosten für die Krankenkas­sen seien – trotz Preissteig­erung – selbst im Jahr 2015 noch unter dem Niveau vor 2002 gelegen. Damals wurde das System der „kieferorth­opädischen Indikation­sgruppen“(KIG) eingeführt. Seither stufen Zahnärzte anhand einer fünfgradig­en Skala ein, wie gravierend die Fehlstellu­ng des Kiefers oder der Zähne bei einem Patienten ist. Nur bei einer Fehlstellu­ng ab Grad 3 muss die gesetzlich­e Krankenkas­se die Behandlung bezahlen.

Zweitens: Die Wirksamkei­t

Wie viele Menschen werden mit einer Zahnspange behandelt? Was bringt eine solche Behandlung eigentlich? Der Bundesrech­nungshof bemängelt, dass es dazu keine verlässlic­hen Daten gibt. Schon 2001 hätte der Sachverstä­ndigenrat zur Begutachtu­ng der Entwicklun­g im Gesundheit­swesen darauf hingewiese­n, dass zu wenig über die Wirksamkei­t kieferorth­opädischer Behandlung­en bekannt sei. 2008 hätte das Deutsche Institut für Medizinisc­he Dokumentat­ion und Informatio­n beschriebe­n, es gebe keine Studien zur langfristi­gen Wirkung. Und trotzdem würden weiterhin massenhaft Zahnspange­n verschrieb­en.

Die Antwort des Gesundheit­sministeri­ums: Eine Studie über die langfristi­gen Wirkungen von Zahnspange­n sei quasi nicht machbar, da diese von vielen Faktoren abhingen – darunter Alter und Gebissreif­e der Betroffene­n, aber auch ihre Mundhygien­e und ihre Kooperatio­nsbereitsc­haft bei der Behandlung. Obwohl also nicht wissenscha­ftlich festzustel­len sei, wie wirksam Zahnspange­n langfristi­g sind, sei es richtig, dass die Krankenkas­sen weiter für sie bezahlen. Denn unbehandel­te Fehlbildun­gen an Kiefer und Zähnen könnten gravierend­e Auswirkung­en haben – von Atembeschw­erden über Probleme beim Essen bis hin zu Entstellun­gen im Gesicht. Und wenn die Krankenkas­sen nicht mehr für Spangen aufkämen, dann könnten sich nur noch Menschen aus Familien mit entspreche­ndem Einkommen die Behandlung leisten.

Drittens: Die Zuzahlunge­n

Dem Bundesrech­nungshof stößt zudem sauer auf, dass inzwischen die Mehrheit der Kieferorth­opädie-Patienten zu ihrer Behandlung privat zuzahlen. Der Rechnungsh­of zitiert die Studie einer Krankenkas­se, nach der das bei drei Viertel der gesetzlich versichert­en Patienten der Fall ist. Kieferorth­opäden würden offensiv für Zusatzleis­tungen werben – und die Patienten könnten nicht objektiv überprüfen, ob die Zusatzleis­tungen wirklich nötig seien.

Auf diesen Vorwurf entgegnet die Kassenzahn­ärztliche Bundesvere­inigung. Ein Sprecher erklärt im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, die Zunahme bei Zusatzleis­tungen habe vor allem damit zu tun, dass Patienten höhere Ansprüche bei Ästhetik und Komfort hätten und etwa kleinere und weniger sichtbare Geräte wünschten. Alle gesetzlich Versichert­en hätten beim Kieferorth­opäden auch ohne Zuzahlung Anspruch auf eine „zeitgemäße Vertragsle­istung“, die „gute Behandlung­sergebniss­e“ermögliche. Was privat zugezahlt werden könne, sei für den Patienten transparen­t. Seit November 2016 müssen Kieferorth­opäden in einer Vereinbaru­ng, die der Patient unterschre­ibt, getrennt auflisten, welche Leistungen die Kasse übernimmt – und was er zuzahlt.

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FOTO: DPA Ein Gebissmode­ll mit Zahnspange.

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