Die Bestie kämpft vergeblich
Bayern München muss sich Real nach einem Kraftakt und Verletzungspech 1:2 geschlagen geben
Der Fall um die zurückgenommene Gelb-Rote Karte gegen Freiburgs Stürmer
Nils Petersen
(Foto: dpa) geht doch noch in die nächste Runde. Bei der Sportgerichtsverhandlung verweigerte Schiedsrichter Tobias Stieler teilweise seine Aussage. „Als Zeuge hat er eine Aussage gemacht, hat aber eine Frage nicht beantwortet“, sagte Richter Hans E. Lorenz Sport1. Trotz Nachfrage wollte Stieler nicht erklären, mit welchen Worten Petersen ihn beleidigt hätte. Dem Schiedsrichter drohen nun Konsequenzen, sogar eine Sperre steht im Raum. Derweil hat Freiburgs Stürmer den SC-Fans Hoffnung gemacht – in jeglicher Hinsicht: „Es wäre blind zu sagen, wir schaffen den Klassenerhalt sowieso direkt. Momentan läuft viel gegen uns. Wir haben aber weiter die Hoffnung, die Relegation noch abzuwenden“, sagte Petersen der „Sportbild“. Auch im Falle des Abstiegs sei seine Zukunft geklärt. „Ich würde auch mit in die 2. Liga gehen, ich habe schon mal für den SC Freiburg in der 2. Liga gespielt und hätte damit kein Problem.“(falx)
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MÜNCHEN - Den verletzten Arturo Vidal hielt es nicht mehr auf seinem Sitz. Minutenlang stand der Chilene in der zweiten Halbzeit vor seiner Sitzschale auf der Tribüne und dirigierte die Offensive, raufte sich den Irokesen, zeigte Pässe und Laufwege und wäre wohl am liebsten direkt aufs Feld gerannt. Und natürlich hätte der FC Bayern München den aggressiven Leader Vidal während der unglücklichen 1:2 (1:1)-Niederlage gegen Real Madrid gern auf dem Feld gehabt. Die Erwartungen waren hoch gewesen, und die Umstände wurden im Spielverlauf immer schwieriger. Doch der FC Bayern hielt vielem stand, kämpfte – und musste dennoch aufstecken.
„Wenn im Moment jemand Real schlagen kann, dann der FC Bayern“, hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vor der Partie verkündet und nicht zuletzt dadurch Titelträume genährt. Und die Hausherren legten direkt los: 24 Sekunden waren gespielt, da wurde es zum ersten Mal gefährlich vor dem Gehäuse von Reals Keylor Navas. Robert Lewandoski steckte im Strafraum zu Thomas Müller durch, doch der sonst mit Gummi-Extremitäten ausgestattet scheinende Offensivakteur kann auch nicht alles, schon gar nicht Bälle verwerten, die ihm weit in den Rücken gespielt werden. Doch eines war nach dieser Aktion klar: Direkt drauf, hoch stehen und das Heil in der Offensive suchen, war die Marschrichtung, die TrainerRoutinier Jupp Heynckes ausgegeben hatte. Mit Müller, Lewandowski, Frank Ribéry und Arjen Robben praktizierte Heynckes Offensive pur.
Schon in Hinspiel All-In zu gehen schien nicht nur aufgrund des letztjährigen Duells der beiden Branchenriesen der richtige Weg zu sein. Und noch etwas schien unausweichlich: Tormaschine Christiano Ronaldo aus dem Spiel zu nehmen, hatte CR7 im Viertelfinale der vergangenen Königsklasse doch fünf der sechs RealTore gegen die Bayern erzielt.
Theoretisch einfach, praktisch kommt es jedoch meist anders als man denkt ... Schon in der 8. Spielminute musste Heynckes seinen Plan über den Haufen werfen und den verletzten Robben durch Thiago ersetzen. Im vergangenen Jahr fiel Robert Lewandowski vor den Partien gegen Real auf die Schulter. Der FC Bayern konnte ihn nicht ersetzen und schied aus. Nun war er fit, doch taten die Madrilenen mit allerlei Härte alles, um die Gastgeber zu dezimieren.
Ein kleine Druckphase der Gäste blieb danach folgenlos, und so schien alles in der 28. Minute in die richtige Richtung zu laufen: Ex-Madrilene James Rodriguez steckt mit einem Zuckerpass in die Schnittstelle zwischen Innen- und Außenverteidiger durch und findet Joshua Kimmich. Der gebürtige Rottweiler ist schneller als alle Verfolger und schließt aus etwa zwölf Metern ab. Dass Navas bei der Aktion nicht gut aussieht – geschenkt. Führung. Doch schon fünf Minuten später der nächste Rückschlag für die Heynckes-Truppe, nach Robben muss auch Innenverteidiger Jérôme Boateng verletzt vom Feld. Derart durcheinandergewirbelt, wurden die Uhren in der 44. Minute wieder auf null gestellt. Ronaldo wollte schon zum Fallrückzieher ansetzen, ließ den Ball dann aber zu Wuschelkopf Marcelo passieren, der ihn im Kasten von Torhüter Sven Ulreich unterbrachte.
Dass die Bayern mit einem Unentschieden in die Pause gingen, konnten sie wohl verkraften, der Verlust zweier Säulen wog schwerer. Doch auch ohne sie kämpfte der Rekordmeister, blieb das bestimmende Team und wurde in der 57. Minute bestraft. Rafinha spielt auf Höhe der Mittellinie einen Fehlpass in die Beine von Marco Asensio, der den Ball im Bayern-Tor unterbrachte. Alles Anrennen und alle Chancen (Müller, 67.; Lewandwoski, 88.) halfen nichts, auch nicht, dass Ronaldos Tor (72.) wegen Handspiels zurecht aberkannt wurde. Die Niederlage konnte nicht mehr abgewendet werden, genauso wenig wie die unglückliche Ausgangslage vor dem Rückspiel in Madrid. Doch scheint in der Königsklasse dieses Jahr nichts unmöglich, der nächste Auftritt der „Bestia Negra“inklusive.
München: Ulreich - Kimmich, Boateng (34. Süle), Hummels, Rafinha Martínez (75. Tolisso) - Robben (8. Thiago), Müller, James, Ribéry Lewandowski.– Madrid: Navas Carvajal (67. Benzema), Varane, Ramos, Marcelo - Modric, Casemiro (83. Kovacic), Kroos - Isco
(46. Asensio) - Ronaldo, Vazquez. – Schiedsrichter: Kuipers (Niederlande). – Zuschauer: 70 000 (ausverk.). – Tore: 1:0 Kimmich (28.), 1:1 Marcelo (44.), 1:2 Asensio (57.).