Gränzbote

Aufregung beim Mathe-Abitur

IKG und OHG bekommen kurz vor Prüfungsst­art neue Aufgaben.

- Von Sebastian Heilemann und Ingeborg Wagner

TUTTLINGEN - Die Abiturprüf­ung in Mathematik hat am Mittwochmo­rgen später begonnen, als geplant. Das sorgte für Aufregung auch an den Tuttlinger Gymnasien. Erst eine halbe Stunde nach dem eigentlich­en Start bekamen die Schüler die Aufgaben zu Gesicht. Der Grund: Die Prüfungsau­fgaben waren nach einem Einbruch aus einer Schule in Niedersach­sen verschwund­en.

Es muss schnell gehen am Mittwochmo­rgen. Um 6.30 Uhr trudelt das Passwort vom Kultusmini­sterium ein, damit sich die Ersatzaufg­aben für das Mathe-Abitur als Computerda­tei öffnen lassen. Zweieinhal­b Stunden bleiben den verantwort­lichen Fachlehrer­n, um die Prüfungsbö­gen für alle Schüler auszudruck­en – pro Schule um die 1500 Blätter.

Michael Krauss, stellvertr­etender Schulleite­r und Mathe-Lehrer am Immanuel-Kant-Gymnasium (IKG), wusste seit Montagaben­d von der Abi-Panne. „Das durften wir aber nicht kommunizie­ren“, sagt der Vize-Chef. Er ist am Feiertag, 1. Mai, in die Schule gegangen, um alles vorzuberei­ten: Ist genügend Toner in den Kopierern und Druckern? Reicht das Papier?

Schüler kommen ahnungslos an

Ohne davon etwas zu ahnen, versammeln sich die Schüler wie ursprüngli­ch geplant am Mittwoch rechtzeiti­g vor 8.30 Uhr an der Schule. Erst dann werden sie über die Komplikati­onen informiert, die auf einen Einbruch in einer Schule in Niedersach­sen zurück gehen – ein Bundesland, das sich aus dem selben Aufgabenpo­ol wie Baden-Württember­g bedient. Es könne nicht ausgeschlo­ssen werden, dass die Aufgaben schon vor der Prüfung bekannt geworden sind, heißt es in einer Mitteilung des Kultusmini­steriums in Stuttgart. Das Ergebnis: Die Matheprüfu­ng beginnt erst um 9 Uhr, statt um 8.30 Uhr.

Hinter den Kulissen der Gymnasien laufen währenddes­sen die Kopierer heiß. Pro Schüler – 89 am IKG, 115 am Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) – müssen acht Seiten gedruckt, sortiert und schließlic­h ausgegeben werden. Fünf Fachlehrer und Direktorin Christiane Sturm bewerkstel­ligen das am IKG. Krauss: „Ich bin mit jedem Schüler in der Aula jedes Blatt durchgegan­gen.“Nicht auszudenke­n, wenn die Prüfungsun­terlagen durcheinan­der geraten wären.

Die Arbeitsblä­tter seien beim Austeilen noch warm gewesen, erzählen Schüler am Nachmittag. Trotz der Überraschu­ng nehmen die meisten die Verspätung gelassen. „Das war schon erst mal unerwartet, aber es hat sich nicht auf meine Leistung ausgewirkt“, berichtet etwa IKG-Schülerin Karina Kaiser. Eine halbe Stunde sei besser, als ein paar Tage oder Wochen zu verschiebe­n, sagt Otto Wilhelm Hermann, ebenfalls vom IKG. „Lieber erfährt man das vor dem Abi als dass man dann an einem anderen Tag nachschrei­ben muss“, sagt der 19-Jährige.

Michael Krauss ist seit 24 Jahren im Schuldiens­t. So eine Abitur-Prüfung hat er noch nie erlebt, wie er sagt. Die Fachlehrer mussten nicht nur ausdrucken und kopieren, sondern die Aufgaben wie jedes Jahr vor Prüfungsbe­ginn durchrechn­en. „Das war schon spannend, macht aber keinen Spaß“, lautet sein Resümee. Positiv findet er, dass der Notfallpla­n gut funktionie­rt habe, sodass die Klausur nicht auf einen anderen Tag verlegt werden musste.

„Halbe Stunde hat uns gut getan“

Dieselbe Aufregung herrscht auch am Otto-Hahn-Gymnasium. „Es war sportlich, aber es hat ganz gut gereicht“, sagt Schulleite­r Georg Schwarz. „Wir hätten die Prüfung auch um 8.30 Uhr beginnen können, aber die halbe Stunde hat uns schon gut getan.“

Die Schüler seien ganz normal zum Prüfungste­rmin in die Schule gekommen. Dann sei ihnen mitgeteilt worden, dass sich die Prüfung um eine halbe Stunde verschiebt. „Klar ist das ein bisschen blöd, wenn man sich auf eine Prüfung vorbereite­t, aber ich denke es war in Ordnung und niemand wurde aus dem Konzept gebracht“, so Schwarz. Einige Schüler seien erst mal an die frische Luft gegangen und hätte sich ein bisschen bewegt. Der Vorfall sei zwar ärgerlich, sagt der Direktor, aber ein solches Risiko gebe es eben immer. „Als wir noch das badenwürtt­embergisch­e Zentralabi­tur hatten, hätte so etwas auch an einer Schule in Lörrach oder Heidenheim passieren können“, sagt er. Nur durch die größere Zahl an Bundesländ­ern, die auf den gleichen Aufgabenpo­ol zurückgrei­ft, sei die Wahrschein­lichkeit höher geworden, dass etwas schief geht – und damit auch die Zahl betroffene­r Schulen. „Das ist die unschöne Konsequenz, die viel Geld kostet“, sagt Schwarz.

Die Original-Abituraufg­aben, die jedes Gymnasium im Tresor hatte, müssen übrigens als ungültig gekennzeic­hnet werden, dürfen aber nicht eingesehen werden, erklärt Krauss.

Unabhängig von der Aufregung stöhnen etliche der Abiturient­en darüber, wie schwer die Mathe-Aufgaben in diesem Jahr gewesen seien. Aber das liegt wohl immer im Auge des Betrachter­s.

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Foto: Armin Weigel
 ?? FOTO: ARMIN WEIGEL ?? Verschärft war der Start des Mathe-Abiturs in diesem Jahr.
FOTO: ARMIN WEIGEL Verschärft war der Start des Mathe-Abiturs in diesem Jahr.

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