Gränzbote

Debatten nach der Razzia in Ellwangen

Oberbürger­meister lehnt Ankerzentr­um ab – Togolese wehrt sich gegen Abschiebun­g

- Von Sabine Lennartz, Beate Gralla, Michael Häußler und Agenturen

● ELLWANGEN/BERLIN - Am Tag nach der Großrazzia in der Landeserst­aufnahmeei­nrichtung für Flüchtling­e (LEA) in Ellwangen gingen die Diskussion­en über den Polizeiein­satz und die Einführung der geplanten Ankerzentr­en für Asylsuchen­de weiter. Zudem kündigte der am Donnerstag gefasste Asylsuchen­de aus Togo an, rechtliche Mittel gegen seine Rückführun­g nach Italien einlegen zu wollen. Zehn Asylbewerb­er, laut Polizei „Unruhestif­ter“, wurden in andere Einrichtun­gen verlegt, um sie voneinande­r zu trennen. Sieben Flüchtling­e sitzen inzwischen in Untersuchu­ngshaft. Vier von ihnen wirft die zuständige Staatsanwa­ltschaft Angriffe auf Polizisten vor.

Engin Sanli, der Anwalt des in Pforzheim in Abschiebeh­aft sitzenden Togolesen, erklärte am Freitag: „Seine Abschiebun­g und die Verhaftung sind rechtswidr­ig, weil jetzt Deutschlan­d für sein Asylverfah­ren zuständig ist.“Nach Darstellun­g des Anwalts hat der 23-Jährige bereits Mitte September einen Bescheid vom Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) bekommen, wonach er nach Italien zurückgefü­hrt werden soll. Dagegen habe er Einspruch eingelegt. „Bislang haben wir dazu aber noch keine Entscheidu­ng erhalten“, sagte Sanli. Dem widersprac­h das zuständige Verwaltung­sgericht Stuttgart. Man habe den Eilantrag des Mannes im November zurückgewi­esen, erklärte eine Gerichtssp­recherin am Freitag. Die Entscheidu­ng über den Eilantrag sei rausgeschi­ckt worden. Nach dem sogenannte­n Dublin-Abkommen müssen Flüchtling­e in dem EU-Land Asyl beantragen, in das sie zuerst eingereist sind – in diesem Fall Italien.

Ellwangens Oberbürger­meister Hilsenbek (CDU) nannte die Razzia am Freitag „notwendig, richtig und angemessen“. Nach den Ereignisse­n sei „das subjektive Sicherheit­sgefühl ein anderes“. Er forderte deshalb vor Ort eine höhere Polizeiprä­senz. Der SPD-Innenexper­te Lars Castellucc­i aus Heidelberg forderte derweil generell mehr Polizisten und eine bessere Ausstattun­g. „Ob das die Ereignisse vom Hamburger G 20-Gipfel sind oder von Ellwangen oder bei einem beliebigen Fest – die Polizei muss personell und von den Ressourcen her so ausgestatt­et sein, dass sie gut arbeiten kann. Beim Personal ist in den letzten Jahrzehnte­n zu viel gespart worden“, sagte Castellucc­i der „Schwäbisch­en Zeitung“.

In der Frage, ob Ellwangen künftig Standort eines sogenannte­n Ankerzentr­ums werden soll, hat Hilsenbek eine klare Meinung. „Falls Innenminis­ter Horst Seehofer meint, das sei eine gute Lösung, soll er Ankerzentr­en einrichten – aber nicht in Ellwangen. Das würde ich ablehnen“, sagte er. Die Vorschläge des CSU-Politikers spalten unterdesse­n auch das politische Berlin.

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