Debatten nach der Razzia in Ellwangen
Oberbürgermeister lehnt Ankerzentrum ab – Togolese wehrt sich gegen Abschiebung
● ELLWANGEN/BERLIN - Am Tag nach der Großrazzia in der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (LEA) in Ellwangen gingen die Diskussionen über den Polizeieinsatz und die Einführung der geplanten Ankerzentren für Asylsuchende weiter. Zudem kündigte der am Donnerstag gefasste Asylsuchende aus Togo an, rechtliche Mittel gegen seine Rückführung nach Italien einlegen zu wollen. Zehn Asylbewerber, laut Polizei „Unruhestifter“, wurden in andere Einrichtungen verlegt, um sie voneinander zu trennen. Sieben Flüchtlinge sitzen inzwischen in Untersuchungshaft. Vier von ihnen wirft die zuständige Staatsanwaltschaft Angriffe auf Polizisten vor.
Engin Sanli, der Anwalt des in Pforzheim in Abschiebehaft sitzenden Togolesen, erklärte am Freitag: „Seine Abschiebung und die Verhaftung sind rechtswidrig, weil jetzt Deutschland für sein Asylverfahren zuständig ist.“Nach Darstellung des Anwalts hat der 23-Jährige bereits Mitte September einen Bescheid vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bekommen, wonach er nach Italien zurückgeführt werden soll. Dagegen habe er Einspruch eingelegt. „Bislang haben wir dazu aber noch keine Entscheidung erhalten“, sagte Sanli. Dem widersprach das zuständige Verwaltungsgericht Stuttgart. Man habe den Eilantrag des Mannes im November zurückgewiesen, erklärte eine Gerichtssprecherin am Freitag. Die Entscheidung über den Eilantrag sei rausgeschickt worden. Nach dem sogenannten Dublin-Abkommen müssen Flüchtlinge in dem EU-Land Asyl beantragen, in das sie zuerst eingereist sind – in diesem Fall Italien.
Ellwangens Oberbürgermeister Hilsenbek (CDU) nannte die Razzia am Freitag „notwendig, richtig und angemessen“. Nach den Ereignissen sei „das subjektive Sicherheitsgefühl ein anderes“. Er forderte deshalb vor Ort eine höhere Polizeipräsenz. Der SPD-Innenexperte Lars Castellucci aus Heidelberg forderte derweil generell mehr Polizisten und eine bessere Ausstattung. „Ob das die Ereignisse vom Hamburger G 20-Gipfel sind oder von Ellwangen oder bei einem beliebigen Fest – die Polizei muss personell und von den Ressourcen her so ausgestattet sein, dass sie gut arbeiten kann. Beim Personal ist in den letzten Jahrzehnten zu viel gespart worden“, sagte Castellucci der „Schwäbischen Zeitung“.
In der Frage, ob Ellwangen künftig Standort eines sogenannten Ankerzentrums werden soll, hat Hilsenbek eine klare Meinung. „Falls Innenminister Horst Seehofer meint, das sei eine gute Lösung, soll er Ankerzentren einrichten – aber nicht in Ellwangen. Das würde ich ablehnen“, sagte er. Die Vorschläge des CSU-Politikers spalten unterdessen auch das politische Berlin.
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