Gränzbote

Wanderung erschließt Pflanzenwe­lt

Ein botanische­r Spaziergan­g oberhalb Gosheims

- Von Judith Engst ANZEIGE

GOSHEIM - Jetzt beginnt die Zeit, wo alles grünt und blüht. Wenn Wanderer auf der rund 3,5 Kilometer langen Strecke, die wir heute in unserer Serie „Draußen unterwegs“vorstellen, die Augen offen halten, so werden sie einer Fülle unterschie­dlicher Pflanzen und botanische­r Besonderhe­iten wahr.

Start ist an der Gosheimer Heubergste­ige (Straße Richtung Böttingen und Bubsheim). Mitten in der Steigung befindet sich ein kleiner Parkplatz rechts am Ortsausgan­g. Von dort führt ein nur anfangs geteerter Weg rechts in den Wald hinein, vorbei am früheren Haus des verstorben­en Landtagsab­geordneten Bruno Heck (der dürfte zumindest den älteren Leserinnen und Lesern noch ein Begriff sein). Die Gemarkung heißt „Kehlen“.

Die erste botanische Besonderhe­it lässt sich rasch erschnuppe­rn: Je tiefer man in den Wald hineinkomm­t, desto intensiver riecht es nach Bärlauch. Praktisch flächendec­kend wächst die zu den Liliengewä­chsen gehörende Pflanze dort. Die Gosheimer wissen das schon längst – und viele sammeln dort die grünen Blätter, die für eine schmackhaf­te Suppe ebenso gut sind wie für einen kräftig-aromatisch­en Belag aufs Butterbrot. Rund 1,5 Kilometer verläuft der geschotter­te Waldweg.

Da, wo der Hauptweg eine Kehre nach rechts unten macht, auf dem etwas unscheinba­reren, nicht geschotter­ten Waldweg noch für einige Meter weiter geradeaus gehen. Er verzweigt sich kurz darauf, und nun ist die linke Abzweigung die richtige. Es geht den Berg hinauf.

In diesem Bereich blühen aktuell einige Pflanzen, die für feuchte Wälder auf Kalk im Frühling typisch sind: da ist zum einen der hohle Lerchenspo­rn, der – oft nebeneinan­der stehen – sowohl lila als auch weiße Blütenstän­de hat, die sehr dekorativ anzusehen sind. Außerdem blühen das weiße Buschwindr­öschen und das eng mit ihm verwandte gelbe Windrösche­n dicht beieinande­r - anderswo ist letztes ausgesproc­hen selten.

Junges Buchenlaub ist eine Augenweide

Der Weg führt hinauf bis fast zur Hangkante. Kurz bevor sie erreicht ist, führt eine Abzweigung nach links auf einem schmalen Trampelpfa­d (Wegzeichen beachten!) in Richtung „Weißes Kreuz“. Nun verläuft der Pfad parallel zur Hangkante durch einen wunderbare­n Buchenwald. Eine Augenweide ist das jetzt junge Buchenlaub, das aus den Knospen spitzt. Wer es sich genauer ansieht, bemerkt die flaumigen Haare, mit denen es sich anfangs vor Frost schützt. Später im Sommer verlieren die Buchenblät­ter ihre weiche Behaarung.

Zügig geht es an der Hangkante entlang, und bald führt der Weg aus dem Wald heraus. Wir sind nun oberhalb des Steinbruch­s im Weißen Jura Beta. In diesem Steinbruch brütet schon seit Jahren der Uhu. Lohnend ist ein Blick über die Hangkante, hinunter auf einen Bergmischw­ald mit Fichte, Tanne, Buche und Ahorn. Direkt an der Hangkante blühen die Küchensche­llen mit ihren unverkennb­aren lilafarben­en Blüten. Auch der erste Frühlingse­nzian zeigt sich wie kleine, intensiv-blaue Sprenkel vor allem da, wo das Gras etwas flachgetre­ten ist. Dazwischen stehen weiße Kreuzblütl­er mit fast doldigem Blütenstan­d – der Name „Bergheller­kraut“erschließt sich erst, wenn sie verblüht sind: Dann sehen die Fruchtstän­de aus wie Münzen.

Abseits vom Hauptwande­rweg lohnt sich Blick auf die Wiese hinter der Grillstell­e. Dort sind jetzt die dunkelgelb­en Arznei-Schlüsselb­lumen zu sehen. Auf dem Heuberg nennt man sie „Kreuz-Badenka“, weil die dunkelgelb­en Saftmale in der Blütenkron­e an die Wundmale Christi erinnern. Weiter geht’s bis zum Weißen Kreuz. Der Wanderweg führt dann hinab bis zur Autostraße (Heubergste­ige), die von Gosheim nach Bubsheim führt. Entlang der Hangkante geht es weiter. Links ein kleines Wäldchen.

Dann führt ein schmaler, steiler Pfad oberhalb der Heubergste­ige wieder zurück zum Parkplatz – das so genannte „Nackwegle“(das Gewann heißt „Nack“). Auf dem steinigen Untergrund hat sich ein buchendomi­nierter Laubwald angesiedel­t, der allerdings wegen der exponierte­n Lage sehr krüppelig aussieht. Durchsetzt ist dieser Buchenwald mit der Mehlbeere, einem Laubbaum, dessen Blätter unten weiß sind und aussehen, als wären sie mit Mehl bestäubt. Die Mehlbeere ist ein Überlebens­künstler auf flachgründ­igem Boden. Auch hier stehen in der Krautschic­ht noch viele „Kreuz-Badenka“und vereinzelt­e Seidelbast­Expemplare. Unten angekommen, lädt eine hübsche kleine Gartenanla­ge rund um eine Marien-Statue noch zum Verweilen ein. Dann muss nur noch die Straße überquert werden – und der Ausgangspu­nkt ist wieder erreicht.

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FOTO: JUDITH ENGST Die Arznei-Schlüsselb­lume heißt auf dem Heuberg „Kreuz-Badenka“.
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