Strobl fordert Ende innerparteilicher Streitigkeiten
Wahl der Vertreter für Europa tritt vor der Frage nach Zukunft der Regierungskoalition in den Hintergrund
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WIESLOCH (lsw) - Nach anhaltenden Spekulationen um einen Bruch der grün-schwarzen Koalition im Südwesten hat Vizeregierungschef Thomas Strobl (CDU) seiner Partei die Leviten gelesen. „Ohne Geschlossenheit ist alles nichts. Eine zerstrittene Partei wählt keine Socke“, sagte er am Samstag auf einem Parteitag der Christdemokraten in Wiesloch bei Heidelberg. Für sein Machtwort erntete er von den gut 250 Delegierten langen Applaus. Die Partei legte auch ihre Kandidaten für die Europawahl im Mai 2019 fest.
Strobl erteilte einer Deutschlandkoalition eine klare Absage. Er habe angesichts einer guten Regierung und einer funktionierenden grün-schwarzen Koalition kein Verständnis für das Gerede von einem möglichen Bündnis von CDU, SPD und FDP. Ein solches würde ohnehin nur eine Mehrheit von zwei Stimmen haben. Außerdem dürfe es nicht passieren, dass ein möglicher CDU-Ministerpräsident mit Stimmen aus der „Ecke, in der Rassisten und Antisemiten sitzen“, gewählt werde. „Das wird es mit uns nicht geben“, betonte Strobl mit Blick auf die AfD im Landtag. „Wehret den Anfängen.“
Eindringlich warnte der Vize-Regierungschef seine Partei vor dem Schlechtreden der Koalition. „Ich rufe den Wenigen in der Partei zu: Hört auf mit diesen Spielchen.“Er richte sich damit an wenige Parteifreunde, die aber Verantwortung in der Partei trügen. „Das ist nicht der Beisitzer im Ortsverband“, erläuterte er. CDUFraktionschef Wolfgang Reinhart jedenfalls fühlte sich nicht angesprochen. Dass es „Spielchen“in der Partei gebe, wies er zurück. „Wenn Opposition und Medien irgendwelche Spielchen betreiben, ist das nicht Inhalt der CDU-Fraktion“, sagte Reinhart am Rande des Parteitags.
Der grün-schwarze Haussegen hängt schief: Die CDU-Fraktion hatte entgegen den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag eine Änderung des Landtagswahlrechts verhindert. Daraufhin hatte die CDU-Abgeordnete Sabine Kurtz bei der Wahl zur Landtagsvizepräsidentin erst im zweiten Anlauf die nötige Mehrheit erhalten.
Ärger wegen Wahlliste
„Das darf es nicht geben und das darf sich nicht wiederholen“, sagte Reinhart an die Adresse der Grünen. „Und wir lassen uns auch nicht vorschreiben, wen wir als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses installieren.“Die Grünen hatten Kurtz nach ihrer Wahl aufgefordert, ihren Vorsitz im Untersuchungsausschuss zur Zulagenaffäre an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg abzugeben. Diese Verwerfungen in der Koalition hatten die Spekulationen über ein Zerbrechen der Koalition und eine möglichen Dreier-Allianz befeuert.
Die gut 250 Delegierten wählten Rainer Wieland aus Gerlingen, seit 1997 im Europäischen Parlament, auf den ersten Platz ihrer Liste für die Europawahl. Die Landesvorsitzende der Frauen-Union, Ingeborg Gräßle, landete auf Rang fünf. Diese Platzierung verursachte Unmut bei den Fürsprechern von mehr Frauenförderung bei der CDU.
Bei der Europawahl 2014 hatte die Südwest-CDU ein Ergebnis von 39,3 Prozent erreicht. Sie schickte fünf Abgeordnete nach Brüssel und Straßburg. Da die CDU aber bei der Landtagswahl 2016 und auch bei der Bundestagswahl 2017 deutlich Verluste verzeichnen musste, könnte das Ergebnis auch bei der Europawahl schlechter ausfallen – womit es möglicherweise für den Wiedereinzug von Gräßle nicht reicht.
Strobl hatte sich zuvor gegen Strafzölle und für einen ungehinderten Warenaustausch ausgesprochen. „Unser Wohlstand beruht darauf, dass wir Waren exportieren.“50 Prozent der Ausfuhren aus dem Südwesten gingen in den europäischen Binnenmarkt. Angesichts der aus den USA drohenden Handelsbeschränkungen und des weitgehend unbemerkten Einflusses Chinas in Afrika dürfe niemand die Hände in den Schoß legen. Europa müsse hier mit einer Stimme sprechen.