Auf der Frequenz Tuttlinger Fledermäuse
Bioakustiker Jens Koblitz bietet Vortrag und Exkursion zu heimischen Nachttieren an
TUTTLINGEN - Rund 25 Fledermausarten sind in Deutschland heimisch. Alle nutzen die Echoortung, um sich zu orientieren und Beute zu fangen. Der Bioakustiker Jens Koblitz erforscht, was die Tiere in kompletter Dunkelheit wahrnehmen können. Koblitz ist zu einem Vortrag am Mittwoch, 16. Mai, ab 18 Uhr bei Stiefels Buchladen zu Gast. Sein Thema: „Fledermäuse Tuttlingens, ihre Echoortung, Gefährdung und Schutz“. Redakteurin Ingeborg Wagner unterhielt sich mit ihm.
Herr Koblitz, wie ergeht es den Fledermäusen in und um Tuttlingen?
Das ist relativ schwer zu sagen, da wir nicht genau wissen, wie viele Bestände es überhaupt gibt. Gerade dieses Thema interessiert mich sehr. Sind es eine Million, zehn Millionen oder hundert Millionen Fledermäuse in Deutschland? Das ist schwer zu zählen, da die Tiere nachts unterwegs sind. Ich gehe aber davon aus, dass in der Region Tuttlingen sehr viele der in Deutschland lebenden Arten vorkommen, also etwa 18 bis 20.
Welche Arten sind das vor allem?
Man kann sicherlich Zwergfledermausarten sehen, möglicherweise die Wasserfledermaus an der Donau. Den großen Abendsegler erwarte ich auch, der müsste relativ einfach und schnell zu finden sein.
Was sind Störfaktoren, mit denen Fledermäuse zu kämpfen haben?
Fledermäuse haben natürliche Feinde, wie Katzen, Marder und Greifvögel. In letzter Zeit kommen aber immer mehr Störfaktoren durch den Menschen hinzu. Durch Renovierungen an Gebäuden, an denen Fledermäuse bislang Spalten fanden, fallen diese Zugänge weg, sodass sie keine Quartiere mehr haben. Der zweite Grund ist der Insektizidein- satz. Fledermäuse nehmen die schädlichen Substanzen entweder direkt auf oder über Insekten, die die Hauptnahrung darstellen. Ein aktuelles Thema ist die Windkraft. Die Räder drehen sich an der Blattspitze mit bis zu 200 Stundenkilometer. Diese Geschwindigkeit können die Fledermäuse per Echoortung nicht wahrnehmen und kollidieren. So gut ich diese erneuerbare Energieform finde, so gibt es meiner Meinung nach noch sehr viel Nachholbedarf, was den umweltverträglichen Ausbau betrifft.
Was kann jeder Einzelne tun, damit die Population nicht weiter verkleinert wird?
Monokulturen vermeiden, auf ökologischen Landbau setzen und den Garten nicht mit der Nagelschere schneiden, sondern wilder lassen, sodass Insekten Nahrungsgrundlagen finden. Wer sein Haus dämmt oder renoviert, kann als Ausgleich Fledermauskästen anbringen, als Unterschlupf für die Tiere.
Noch heute gibt es viele Vorbehalte gegen Fledermäuse. Warum?
Ich vermute, weil sie vor allem nachts und weitgehend lautlos unterwegs sind. Aber es sind unglaublich wichtige Tiere für uns, weil wir sonst viel mehr Insekten und Mücken hätten. Ich bin den Tieren sehr dankbar dafür , dass sie diese Plagegeister fressen.
Was macht darüber hinaus die Faszination von Fledermäusen aus?
Für mich ist das die Echoortung, dies Orientierung mit Schallwellen im Ultraschallbereich. Deren Frequenz kann das menschliche Gehör nicht wahrnehmen, sonst würde sich das anhören wie ein Presslufthammer. Ich finde es faszinierend, wie die Tiere anhand dieser Echoortung zum Beispiel Beute erkennen und in Sekundenschnelle auch entscheiden können, mag ich den Käfer oder mag ich ihn nicht.
Nach Ihrem Vortrag in Tuttlingen besteht die Möglichkeit einer kleinen Exkursion. Dabei wollen Sie auch die Echoortung hörbar machen.
Ja, damit die Tiere geortet werden können, sollte sich jeder Interessierte die App „Echo meter Touch“auf sein Handy oder Tablet laden. Ich bringe die Hardware mit, sodass wir die Laute aufzeichnen können. Keine Angst, so laut wie ein Presslufthammer wird es nicht werden, das regelt das Gerät automatisch runter.
Jens Koblitz ist Bioakustiker, untersucht die Laute, die Tiere benutzen und hat sich auf die Echoortung von Fledermäusen und Zahnwalen spezialisiert. Er ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Tel-Aviv Universität in Israel und am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Konstanz. Organisator des Vortragsabends in Tuttlingen ist die Initiative zur Rettung der Erdkröten im Rabental.