Die Bettwanzen sind beseitigt
Stadt Tuttlingen übernimmt Flüchtlingsunterkunft in der Moltkestraße nun auch formell – Lage hat sich beruhigt
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TUTTLINGEN - Die Bettwanzen sind beseitigt, die maroden Bodenbeläge durch neue ersetzt. Wände wurden gestrichen, defekte Türen erneuert und die Küche aufgemöbelt. Nachdem das Landratsamt die Mängel beseitigt hat, ist die Stadt Tuttlingen seit 26. April nun auch offiziell Mieter der Flüchtlingsunterkunft in der Tuttlinger Moltkestraße, wie Stadtsprecher Arno Specht sagt. Dabei sei die Belegung von 47 auf 26 Bewohner reduziert worden.
„Generell kann man sagen, dass sich die Lage spürbar beruhigt hat“, betont der Stadtsprecher. In der Moltkestraße leben vor allem junge Männer, die aus Gambia, Nigeria und Kamerun stammen. Ende vergangenen Jahres häuften sich die Probleme. Ungebetene Gäste seien ein- und ausgegangen, Bewohner hatten sich bedroht gefühlt. Es gab Gerüchte über Drogenhandel in der Anschlussunterkunft. Bei einer Razzia Ende März dieses Jahres stellte die Kriminalpolizei laut eines Presseberichts Kleinmengen Marihuana sicher. Ein Bewohner war festgenommen worden.
Bis Ende September 2017 wurde die Flüchtlingsunterkunft Moltkestraße vom Landkreis Tuttlingen als Gemeinschaftsunterkunft genutzt, ehe die Stadt sie als Anschlussunterbringung (AU) übernahm. Vor der formellen Übernahme pochte die Stadt darauf, dass Missstände im Gebäude vorläufig ausgeräumt werden müssten. Das sei nun geschehen. Kammerjäger sind den Bettwanzen zu Leibe gerückt, alle Matratzen mussten ersetzt werden. Der Einsatz der „chemischen Keule“, wie Specht erklärt, habe mehrere Tage in Anspruch genommen. In dieser Zeit waren die Bewohner in anderen Quartieren untergebracht.
Gleichzeitig wurde die Belegung entschärft. Specht: „Im Prinzip haben wir jetzt das erreicht, was wir wollten.“Statt Drei- und Vierbettzimmer gebe es jetzt Doppelzimmer, teilweise auch Einzelzimmer. Anderweitig und getrennt untergebracht wurden vor allem jene, die die Stadt als Unruhestifter angesehen hat, laut Specht fünf an der Zahl. Ein weiterer werde noch umziehen. „Wir konnten die Zeiten, in denen Security-Kräfte im Haus sind, daraufhin auch wieder reduzieren“, so Specht.
Mietkosten steigen an
Umgezogen sind auch einige Flüchtlinge, die in Ausbildung oder Arbeit sind. Zum einen, um ihnen Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten zu ermöglichen. Zum anderen, weil die Miete (Nutzungsentschädigung und Betriebskosten) in der Unterkunft Moltkestraße recht hoch ist: 390 Euro pro Person. Laut Stadtverwaltung werden diese Kosten ab 1. Juni auf 470 Euro steigen. „Deshalb nehmen wir Selbstzahler komplett aus dem Haus heraus“, erklärt der Stadtsprecher. Als Grund für die Neukalkulation nennt er die Investitionen und die Tatsache, dass sich die Gesamtkosten nun auf weniger Bewohner umlegen ließen. Zudem gebe es in dem ehemaligen Möbelhaus „unwahrscheinlich hohe Fixkosten und eine große Anzahl an Gemeinschaftsfläche“, die den Mietern anteilig in Rechnung gestellt würden. Die Räte des Technischen Ausschusses hatten das Thema in nichtöffentlicher Sitzung behandelt und entschieden, dass die Mieteinnahmen weiterhin kostendeckend sein sollen, ergänzt Specht.
Da die Flüchtlinge in der Regel Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekämen, entspreche das einer Verrechnung zwischen Stadt und Landratsamt. Das Geld werde im Grunde „hinund hergeschoben“, wie der Stadtsprecher sagt. Der Landkreis Tuttlingen ist nach wie vor Mieter in der Moltkestraße, der Mietvertrag mit dem Eigentümer, der Tuttlinger Wohnbau, läuft auf zehn Jahre. Die Stadt Tuttlingen hat einen Untermietvertrag mit dem Kreis auf fünf Jahre abgeschlossen.