Gränzbote

Ein letztes Mal Jupp! Jupp! Jupp!

Jupp Heynckes will sich mit seinem dritten Pokalsieg von der Fußballbüh­ne verabschie­den

- Von Patrick Strasser

BERLIN - Das reine Double hat Jupp Heynckes noch nie gewonnen. Okay, ein Korinthenk­acker-Gag, schließlic­h gewann der Trainer 2013 das in Bayerns Vereinshis­torie einmalige Triple. Am Samstag trifft der Abomeister in Berlin auf Eintracht Frankfurt, um mit einem Erfolg im Pokalfinal­e (20 Uhr, ARD und Sky live) das Double dingfest zu machen.

Für Heynckes wäre es – was, erst? – der dritte Pokalcoup seiner Karriere. 1973 als Spieler mit seinem Heimatvere­in Borussia Mönchengla­dbach und eben 2013 als Coach mit seinem Wahlheimat­verein FC Bayern.

Nach einem knappen halben Jahrhunder­t im Profifußba­ll als Spieler und Trainer, mit sieben großen Titeln als Coach (neben dem 2013erTrip­le mit Bayern wurde er 1989, 1990 und 2018 Meister, gewann mit Real Madrid 1998 die Champions League) heißt es nun also: Servus, Jupp! Es ist das Abschiedss­piel für den 73-Jährigen, diesmal endgültig, unwiderruf­lich – und garantiert resistent gegen Uli Hoeneß’ nächsten Hilferuf.

Akribische­s Videostudi­um

Akribisch hat Heynckes die Mannschaft auf ihren letzten Gegner der Saison und seinen letzten überhaupt vorbereite­t. Dass dies mit Eintracht Frankfurt einer der Clubs war, bei denen er auch eine Vergangenh­eit hat, ist dabei sicher die kleinere Pointe als die Tatsache, dass der Trainer seines letzten Gegners gleichzeit­ig sein Nachfolger ist. Per Videostudi­um beschäftig­te sich Heynckes intensiv mit dem Fußball, den Niko Kovac spielen lässt.

Künftig schaut Heynckes Fußball nur noch zum Vergnügen – wenn überhaupt. „Vielleicht mache ich nachmittag­s auch mal ein Nickerchen, wenn ich müde bin.“Dafür war an seinen letzten Arbeitstag­en an der Säbener Straße keine Zeit. Mit seiner Erfahrung aus knapp vier Jahrzehnte­n Trainerleb­en forderte er von seinen Spielern und der kompletten Belegschaf­t, alles auf das Ziel Pokalsieg auszuricht­en. Medienterm­ine der Spieler wurden gestrichen. „Wir müssen den Kopf da haben, wo es notwendig ist: in unserem Kerngeschä­ft“, betonte Heynckes.

Hier zeigt sich eine seiner großen Stärken: Eine Mannschaft – mehr noch: einen ganzen Verein – auf eine gemeinsame Sache einzuschwö­ren, Menschen auf seinen Weg mitzunehme­n und für das gemeinsame Ziel zu begeistern. Ein Höchstmaß an Disziplin und Profession­alität lebte Heynckes seinen Spielern vor und verlangte dies auch umgekehrt. Dazu gegenseiti­gen Respekt, Pünktlichk­eit, Sauberkeit und ab und an ein Verzicht aufs Smartphone – etwa auf den Massagelie­gen. Wer sich an seine Regeln hielt, erntete Zuwendung und Zuspruch, Menschlich­keit und Wärme.

Dieser Heynckes war anders als der in seiner ersten Amtszeit (1. Juli 1987 bis 8. Oktober 1991), viel offener und lockerer. Seine Attitüde änderte sich von Engagement zu Engagement. Ab 28. April 2009 sprang er für sechs Wochen bis Saisonende ein, um die Scherben von Jürgen Klinsmanns Arbeit aufzukehre­n. Vom 1. Juli 2011 an führte er Bayern in der Ära nach Louis van Gaal erst zum Vizetriple 2012 und endlich im Jahr darauf zum Triple. Spätestens seitdem wird sein Name von den Bayernfans immer im Plural gerufen: „Jupp! Jupp! Jupp!“.

Schließlic­h holte ihn Präsident Uli Hoeneß, einer seiner Freunde fürs Leben, letzten Oktober aus dem Ruhestand zurück. „2013 war eigentlich der große Abschluss meiner Profikarri­ere“, sinnierte Heynckes und ordnete seine aktuelle Rettermiss­ion als Nachfolger von Carlo Ancelotti ein. Die acht Monate bezeichnet er als „Zubrot“, dank seines „Helfersynd­roms“. Nun geht er mit „ein bisschen Wehmut“– und dem Pott? Als Legende sowieso. Am Freitagmit­tag sagte er in Berlin: „Es werden natürlich Emotionen hochkommen. Das Pokalendsp­iel ist sicher noch einmal ein Highlight.“

Nach dem Pokalwoche­nende und dem traditione­llen Empfang am Sonntag auf dem Münchner Rathausbal­kon haben die Spieler frei. Heynckes wird noch einige Tage in München bleiben, sein Büro räumen, Abschlussg­espräche führen, auch mit Spielern, falls gewünscht, „wenn sie ein Problemche­n haben“. Danach möchte er „wieder in die Anonymität zurückfind­en, in die Normalität des Alltags abtauchen“. Auf seinem Bauernhof im Schwalmtal, bei seiner Frau Iris, Schäferhun­d Cando und dem „Stubentige­r“.

Er will „das Leben wieder genießen – ganz ohne Termine“, wie er betonte. „Ich werde keine Langeweile haben, keine Entzugsers­cheinungen, kann mich beschäftig­en, habe meine Hobbys.“Die Waldspazie­rgänge, der Sport im eigenen Fitnesskel­ler, die Musik. Auch in seiner Suite im Münchner Nobelhotel Mandarin Oriental, in dem er knapp acht Monate lebte, hörte er Rolling Stones, Led Zeppelin oder Dire Straits.

Ein Rücktritt vom Rücktritt – denkbar, Herr Heynckes? Er lacht entsetzt. „Um Gottes Willen! Nein!“

„Vielleicht mache ich nachmittag­s auch mal ein Nickerchen, wenn ich müde bin.“Jupp Heynckes

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FOTO: DPA Bayerns Trainer Jupp Heynckes vergangene­n Samstag bei der Meisterfei­er in München.

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