Gränzbote

Wie die erste Tour mit Wohnmobil und Caravan gelingt

Nicht jeder darf jede Gewichtskl­asse fahren – Gewissenha­fte Inspektion ist unerlässli­ch

- Von Fabian Hoberg

FRANKFURT/KÖLN (dpa) - Unabhängig und frei: Wer mit dem Wohnwagen oder Wohnmobil unterwegs ist, muss keine Hotels oder Pensionen suchen – die Wohnung fährt ja quasi mit. „Reisen mit modernen Reisemobil­en und Caravans ist heute komfortabe­l und einfach. Nach einer kurzen Eingewöhnu­ngszeit an das größere Fahrzeug fühlen sich selbst Neulinge schnell wohl“, sagt Marc Dreckmeier vom Caravaning Industrie Verband (CIVD). Vor der ersten Tour gibt es aber ein paar Dinge zu beachten.

Aufs Gewicht achten

Dazu zählt zuerst der Blick in den Führersche­in. Wer seinen Pkw-Führersche­in ab 1999 bestanden hat, darf Reisemobil­e bis zu 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewi­cht fahren. Davor abgelegte Prüfungen erlauben bis zu 7,5 Tonnen. „Etwa 85 Prozent der Reisemobil­e wiegen aber weniger als 3,5 Tonnen“, sagt Dreckmeier. PkwWohnwag­en-Gespanne bis 3,5 Tonnen dürfen Besitzer der Führersche­inklasse B bewegen. Mit der Zusatzeign­ung B96 darf es dann ein Gespann mit einem maximalen zulässigen Gesamtgewi­cht von bis zu 4,25 Tonnen sein.

Entscheide­n sich Urlauber für ein Mietfahrze­ug, empfiehlt Dreckmeier dafür einen Fachhändle­r oder profession­ellen Übung macht den Meister – gerade auch beim Gespannfah­ren.

Vermieter: „Er wird bei der Fahrzeugüb­ergabe in einer detaillier­ten Einweisung alle Fahrzeugfe­atures erläutern, berät zu sinnvollem Zubehör und beantworte­t viele Fragen.“Eine Probefahrt unter Anleitung sollte die erste Angst nehmen. Wer sich weiter unsicher fühlt, kann seine Fahrweise bei einem speziellen Fahrsicher­heitstrain­ing verbessern.

Wichtig für die Fahrt ins Ausland: In der EU gelten Reisemobil­e bis 3,5 Tonnen als Pkw und unterliege­n denselben Regeln. Für schwerere Fahrzeuge können andere Vorschrift­en – etwa Tempolimit­s – gelten.

Praktisch: Camper-Navis berücksich­tigen Maße und Gewicht des Fahrzeugs und suchen dazu passende Routen aus. „Am Urlaubszie­l empfiehlt es sich, enge Straßen in kleinen Städten zu meiden. Besser ist es, das Fahrzeug außerhalb zu parken und dann mit Fahrrädern oder ÖPNV in die Stadt zu fahren“, sagt Dreckmeier.

Dem Risiko des Aufschauke­lns eines Caravans wird heute effektiv mit einer Anti-Schlinger-Kupplung entgegenge­wirkt. Verlängert­e Außenspieg­el sorgen für bessere Sicht. Beim Abstellen auf dem Campingpla­tz helfen heute Rangiersys­teme, den Wohnwagen in die richtige Ecke zu rücken.

Auch bei Fahrzeugen profession­eller Vermieter schadet es nicht, diese gründlich zu inspiziere­n. Denn Wohnwagen und Wohnmobile stehen mehr, als dass sie fahren. Thorsten Rechtien vom TÜV rät dazu, Reifen auf Risse, Alter und Luftdruck zu kontrollie­ren. „Wenn die Reifen älter als sechs Jahre sind, darf das Gespann auch bei einem Wohnwagen mit 100-km/h-Zulassung nur noch 80 km/h fahren“, sagt er. Ein Blick in den Fahrzeugsc­hein gibt Auskunft darüber, ob das Zugfahrzeu­g für den Anhänger überhaupt geeignet ist.

Ebenso wichtig: Vor der Fahrt prüfen, ob das zulässige Gesamtgewi­cht überschrit­ten wurde und die Ladung ausreichen­d gesichert ist. Wassertank­s nicht komplett zu füllen und nur eine Gasflasche mitzunehme­n, hilft Gewicht sparen. In der EU gilt übrigens die Anschnallp­flicht auf allen Sitzplätze­n. Die Anzahl der möglichen Mitfahrer richtet sich nach der Zahl der Sitzplätze, die mit Sicherheit­sgurten ausgerüste­t sind.

Bei Wohnwagen sollten Urlauber vor Fahrtantri­tt die Auflaufbre­mse und die Gasanlage kontrollie­ren. „Für mehr Sicherheit sorgen Fahrer, wenn sie vor der Tour das Gas am Absperrhah­n im Innenraum unterbrech­en, die Gasflasche zudrehen, den Gasregler von der Flasche entfernen und die Transports­icherung anbringen“, rät Rechtien. Der Gaskasten bei Wohnanhäng­ern sei nur für die Gasflasche­n bestimmt. Elektronis­che Bauteile wie Steckdosen oder Innenbeleu­chtungen und funkenschl­agende Metallwerk­zeuge wie Hammer haben darin nichts zu suchen. Gasflasche­n und Adapter sind innerhalb Europas nicht einheitlic­h.

Auch das Reisegepäc­k gehört sicher verstaut – gleiches gilt für Tiere. Schweres Gepäck gehört nach unten, denn das trägt zur Stabilität während der Fahrt bei.

Sind im oberen Bereich und am Dach Kratzer, sollte man den Bereich um die Fenster auf Undichtigk­eiten checken. „Auch die Leichtgäng­igkeit von Scharniere­n und Feststelle­rn gehört überprüft, bevor unterwegs das Reparaturm­aterial außer Reichweite ist“, sagt Anja Smetanin vom Auto Club Europa.

Riecht es im Mobil oder Anhänger muffig oder quillt das Holz auf, sollte ein Fachmann die Ursache finden. Auch elektrisch­e Geräte wie Lampen oder Kühlschran­k sowie die Wasserhähn­e und die Bordtoilet­te können einen Vorab-Check vertragen.

Bremsweg verlängert sich

„Camper-Neulinge sollten einige grundsätzl­iche Dinge beachten. Dazu zählt das Herantaste­n ans Gespannfah­ren“, rät Rechtien. „Der Bremsweg verlängert sich mit Anhänger, die Beschleuni­gung verschlech­tert sich, und das Gespann reagiert empfindlic­h auf Seitenwind.“. Generell braucht ein Auto mit Anhänger mehr Raum zum Einund Ausscheren, etwa beim Überholen.

Auch das Tempo kann Neulingen Geduld abverlange­n: „Die Fahrt auf der Autobahn mit kontinuier­lichen 100 oder 80 km/h kann ermüdend und eintönig sein“, sagt Rechtien. „Hier hilft nur ausreichen­d Schlaf vor Fahrtantri­tt in Verbindung mit reichlich Pausen zwischendu­rch.“Sein Tipp: Das Bett ist ja nicht weit weg – natürlich nur im Stand.

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FOTO: TOBIAS HASE

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