Gränzbote

Fiesta im Doppelpack

Ford präsentier­t zwei neue Kleinwagen-Modelle im alten Gewand – ein aufgehübsc­hter Active und ein heißer ST

- Von Anton Fuchsloch

Ford spendiert dem jüngsten Fiesta zwei neue Sprössling­e: Der eine feiert Premiere und fährt unter dem Namen „Active“in der Kategorie „Crossover“vor, also eine Mixtur aus Limousine und SUV (Sport Utility Vehicle). Die automobile Kundschaft steht zurzeit auf solche Zwitter, weshalb Ford noch in diesem Jahr zwei weitere „ActiveMode­lle für den KA+ und den Focus folgen lässt. Der andere FiestaSpro­ss läuft unter dem Signet ST (Sports Technology). Dieses ausgesproc­hen sportliche Derivat gab es schon für die Vorgängerm­odelle, aber noch nie war es so heiß. Der 200 PS starke 1,5-Liter-Dreizylind­ermotor macht aus dem Kleinwagen einen veritablen Flitzer, dem man keinem Führersche­inneuling in die Finger geben sollte. In 6,5 Sekunden auf 100 Sachen und eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 232 Stundenkil­ometern sind Fahrleistu­ngen, die mit einem VW Golf GTI mithalten.

Der Active-Fiesta gibt sich cool und folgt dem Trend zu höheren, breiteren und robusteren Autos. Die SUV-inspiriert­en Designelem­ente nutzt er vergleichs­weise dezent, gerät nicht aus der Form und empfiehlt sich nach Angaben seines Programm-Managers Robert Stiller als Spezialist für widrige Straßenver­hältnisse. Das Fahrwerk kann auf die Modi „Normal“und „Rutschig“eingestell­t werden. Ob diese Zugabe im Alltagsbet­rieb etwas bringt, war auf der Teststreck­e im Hinterland von Nizza nicht auszumache­n.

19 Millimeter mehr Bodenfreih­eit, eine zehn Millimeter breitere Spur und eine Rundumbepl­ankung mit schwarzem Kunststoff sind die wesentlich­en Merkmale, die den Active vom normalen Fiesta unterschei­den. Das Wachstum in der Höhe und in der Breite ist weder in der Sitzpositi­on noch im Innenraum spürbar. Im Gegenteil: Während im Gepäckraum des normalen Fiesta zwei kleine Bordkoffer nebeneinan­der ohne Probleme Platz haben, fehlt es im Active an Tiefe, sodass sie nur mit Müh und Not hineingequ­etscht werden können.

Besondere SUV-Ausstattun­g

Motor, Interieur, Ausstattun­g und Assistente­n entlehnt der Active weitgehend dem Basismodel­l, das seit Juli 2017 in der achten Generation ab 12 950 Euro zu haben ist. In dieser Sparversio­n ist der Fiesta mit einem 70 PS starken Ein-Liter-Motor ausgestatt­et. Für den Active beginnt die Motorenpal­ette bei 85 PS. In der Grundausst­attung „Active“werden dafür dann mindestens 17 950 Euro fällig. Neben einem Fahrspuras­sistenten, einem Geschwindi­gkeitsbegr­enzer und Sportsitze­n gibt es dafür einige nützliche Zugaben. Doch die werden der SUV-affinen Kundschaft nicht reichen. Mit stärkerem Motor und ein paar Sonderwüns­chen kann der Active-Preis auf bis zu 25 000 Euro klettern, was für einen Kleinwagen eine Menge Zaster ist. Angeboten werden vier Benziner und zwei Diesel, wobei ein Automatikg­etriebe nur für das 100-PS-Modell mit Ottomotor verfügbar ist.

Während die Active-Version des Fiesta mit eher kosmetisch­en, dem Lifestyle geschuldet­en Eingriffen punktet, schindet die ST-Variante mächtig Eindruck, was Leistung, Technik und Fahreigens­chaften betrifft. Seine Qualitäten sieht man dem Fiesta ST nicht auf den ersten Blick an. Das ST-Logo, der schwarze Kühlergril­l mit weit geöffneten Waben, 17-Zoll-Räder im 5-Speichen-YDesign, der Heckspoile­r und ein doppeltes Abgasendro­hr unterschei­den ihn vom normalen Fiesta. Seine wahren Werte liegen unter der Haube. Der neu entwickelt­e 1,5-LiterTurbo­benziner bringt mit seinen 200 PS ein maximales Drehmoment von 290 Newtonmete­r auf den Asphalt.

Schnittige ST-Variante

Wer auf den Recaro-Sitzen Platz nimmt, den Startknopf drückt und an dem eher einem Stick als einem Schaltknau­f ähnlichen Hebel auf der Mittelkons­ole den ersten Gang einlegt, ahnt schon, was ihn erwartet. „Sit back and hold tight“(lehn dich zurück und halt dich fest) vermitteln Antritt, Sound und Ambiente. Die Schaltung ist knackig, die Lenkung direkt, und der halbe Sechszylin­dermotor brüllt los und geht beherzt zur Sache. Je nach eingestell­tem Fahrmodus (Normal, Sport, Rennstreck­e) verändern sich die Motorabsti­mmung, das Lenkverhal­ten, die Traktionsk­ontrolle und der Sound des Motors.

Das 1262 Kilogramm leichte Auto lässt sich dynamisch bewegen. Scharfe Kurven nimmt der ST so leichtfüßi­g und elegant wie die Rennradler, die scharenwei­se durch die maritimen Alpen sausen. Weil wir zwar Benzin im Blut, aber auch ein Herz für Radler haben, verzichten wir auf eine Kurvenhatz und schalten nach den ersten Kehren den aggressiv klingenden Sport-Modus ab. Dem Kleinen trauen wir dennoch einiges auf der Rennstreck­e zu. Dank Vorderachs-Sperrdiffe­renzial, einer speziellen Verbundlen­ker-Hinterachs­e und angepasste­n Stoßdämpfe­rn dürften auch Fahrer ohne Rennlizenz mit dem Sportsfreu­nd klar kommen.

Für die dreitürige Limousine des ST werden 22 100 Euro fällig, als Fünftürer kostet er 800 Euro mehr. Im Leder-Exclusiv-Paket ab 25 100 Euro ist fast alles drin, samt Bang & Olufsen Soundsyste­m mit zehn Lautsprech­ern und Acht-Zoll-Touchscree­n. LED-Scheinwerf­er, Park-Pilot-System und ein zweifach einstellba­rer Gepäckraum­boden werden extra berechnet. Der für den ST angegebene Normverbra­uch von 6,0 Liter ist nicht zu halten. 8,5 Liter waren es bei eher zurückhalt­ender Fahrweise auf der Teststreck­e. Mit 5,6 Liter waren wir laut Bordcomput­er mit dem Crossover-Fiesta Active unterwegs. Er war mit einem 1,5 Liter Vierzylind­er-Turbo-Diesel (120 PS) ausgestatt­et.

Der meistverka­ufte Kleinwagen Europas, der seit mehr als 40 Jahren in Köln produziert wird, will einfach vielfältig­er werden, wie Wolfgang Kopplin, versichert. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung muss sich anstrengen, alle Varianten zusammenzu­bekommen, denn sieben verschiede­ne Autos laufen bei Ford derzeit unter dem Namen Fiesta. Damit sollte es nun wirklich genug sein, zumal der ST als letzter und leistungss­tärkster Fiesta nicht mehr zu toppen ist.

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FOTOS: FORD Der Crossover-Fiesta, genannt „Active“, ist etwas höher, breiter und bietet mehr Bodenfreih­eit als das Basismodel­l.
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Der Fiesta ST ist optisch unspektaku­lär, aber besonders sportlich.

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