Gränzbote

Alte Policen auf dem Prüfstand

Bedingunge­n bei Hausratver­sicherunge­n haben sich verbessert – Blick auf bestehende Verträge kann sich lohnen

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Ein Paar geht einkaufen. Als es zurückkomm­t, sind die Zimmer der Wohnung durchwühlt, Schränke und Schubladen aufgehebel­t. Schmuck, ein Tresorschr­ank mit Bargeld und Ausweise sind gestohlen. Ein solcher Einbruch ist eigentlich ein Fall für die Hausratver­sicherung. Denn diese zahlt bei Schäden durch Feuer, Leitungswa­sser, Blitzschla­g, Explosion, Einbruchdi­ebstahl oder Sturm.

Doch in diesem Fall kürzte der Versichere­r die Zahlung um die Hälfte. Der Grund: Das Paar hatte die Haustür nicht abgeschlos­sen. An der Wohnungstü­r konnten die Ermittlung­sbehörden deshalb keine Einbruchss­puren feststelle­n. Offenbar konnten die Diebe die Tür mit vergleichs­weise einfachen Mitteln öffnen. Ein grob fahrlässig­es Verhalten, wie das Landgerich­t Kassel urteilte (Az.: 5 O 2653/09).

„Dabei gibt es inzwischen viele gute Verträge, die eine Kürzung bei grober Fahrlässig­keit ausschließ­en“, sagt Michael Bruns, Versicheru­ngsexperte bei der Stiftung Warentest. Daher kann es sich lohnen, die bestehende­n Verträge auf den Prüfstand zu stellen. Denn bei alten Verträgen sind Versichere­r bei nicht abgeschlos­senen Türen, gekippten Fenstern oder herumliege­nden Streichhöl­zern in Kinderhaus­halten im Schadensfa­ll schnell dabei, von grober Fahrlässig­keit zu sprechen.

Ärgerlich für Kunden: „Dann haben sie jahrelang die Beiträge gezahlt und bekommen im Schadensfa­ll trotzdem nicht alles erstattet“, sagt Michael Bruns. Insbesonde­re bei Totalschäd­en durch Brand oder Wasser entgehen dem Versichert­en so schnell mal Zehntausen­de Euro, je nach Grad und Schwere der Fahrlässig­keit. „Diese Einstufung birgt zudem großes Streitpote­nzial, das im Ernstfall mit einer Gerichtsve­rhandlung endet“, sagt Gabriele Zeugner, Versicheru­ngsexperti­n bei der Verbrauche­rzentrale Bremen.

Auch aus einem weiteren Grund lohnt es sich, den Vertrag mit der Hausratver­sicherung regelmäßig zu prüfen: „Viele Verbrauche­r sind nach einigen Jahren unterversi­chert“, sagt Bruns und nennt ein typisches Beispiel: Ein junges Paar schließt eine Hausratver­sicherung ab, als es zusammenzi­eht. Nach und nach werden die Möbel aus der Studentenz­eit durch hochwertig­ere ausgetausc­ht. Es kommen Kinder mit ihrem Hausrat dazu, ein größerer Fernseher – und nach fünf Jahren hat sich der Hausrat bereits verdoppelt. Die Summe, die als Wert für den Hausrat angegeben wurde, passt dann nicht mehr.

Im Schadensfa­ll kann die Versicheru­ng dann prozentual­e Abzüge bei der Schadensre­gulierung vornehmen. „Und zwar unabhängig davon, wie hoch der Schaden ist, der gemeldet wird“, warnt Verbrauche­rschützeri­n Zeugner.

Nur zur Hälfte beglichen

Ein Beispiel: Der Hausrat ist bis zu 50 000 Euro versichert. Die Kunden machen einen Sturmschad­en von 10 000 Euro geltend. Ein Prüfer der Versicheru­ng stellt allerdings fest, dass der Hausrat einen Wert von 100 000 Euro hat. „Obwohl der gemeldete Schaden deutlich unter diesen Werten ist, wird der Schaden nur zur Hälfte beglichen, weil eine Unterversi­cherung von 50 Prozent vorlag“, erklärt Zeugner.

Um das zu vermeiden, sollten Verbrauche­r regelmäßig den Wert des Hausrats prüfen, den sie in ihrem Vertrag angegeben haben und ihn gegebenenf­alls anpassen. Dazu gibt es zwei Möglichkei­ten. Die einfachste ist, den Wert pauschal nach der Wohnfläche festzulege­n. Die Versichere­r schlagen hierzu meist vor, 650 Euro pro Quadratmet­er zu veranschla­gen. „In den meisten Fällen passt das auch sehr gut“, sagt Verbrauche­rschützeri­n Gabriele Zeugner.

Wer allerdings eine kleine Wohnung hat mit vielen Wertsachen oder umgekehrt ein großes Haus aber wenig Inventar, der bestimmt den Wert besser individuel­l. Das bedeutet, man listet alle Gegenständ­e auf, die zum Hausrat gehören – und zwar zum Neuwert, also dem Wert, der aktuell notwendig wäre, um beschädigt­e oder verschwund­ene Sachen wiederzube­schaffen.

„Dabei muss sehr präzise vorgegange­n werden, um eine Über- oder Unterversi­cherung zu vermeiden“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versichert­en. Am besten macht man zusätzlich noch Fotos von den Gegenständ­en, „damit man im Schadensfa­ll beweisen kann, dass man sie auch tatsächlic­h besessen hat“, sagt Versicheru­ngsexperti­n Zeugner.

Zusatzschu­tz für E-Bike

Auch wer sich in den vergangene­n Jahren ein E-Bike angeschaff­t hat, sollte die Vertragsbe­dingungen seiner Hauratvers­icherung mal wieder durchlesen. „Oft reicht hier die Versicheru­ngssumme für den Zusatzschu­tz Fahrrad nicht mehr“, sagt Michael Bruns. Liegt diese beispielsw­eise bei 1000 Euro für alle Fahrräder im Haushalt, ist sie mit einem E-Bike meist schon ausgereizt.

Und es gibt noch einen weiteren Grund, Altverträg­e regelmäßig zu prüfen: Die Preise und Konditione­n ändern sich laufend. „Überlegen Sie sich zunächst, welche Leistungen sie auf jeden Fall von der Versicheru­ng brauchen und vergleiche­n sie dann die Konditione­n“, rät Zeugner. So ist es inzwischen beispielsw­eise möglich, sein Hab und Gut zu versichern, falls bei einer Kreuzfahrt in die Kabine eingebroch­en wird. Und wer gern Campingurl­aub macht, kann den Einbruch in ein an der Straße geparktes Auto versichern. „Normalerwe­ise sind Autos nämlich nur versichert, wenn sie in der Garage parken“, sagt Michael Bruns von der Stiftung Warentest.

Wer noch keine Hausratver­sicherung hat, muss übrigens nicht zwingend eine abschließe­n. Bianca Boss vom Bund der Versichert­en nennt folgende Faustregel: „Sobald es mich finanziell existenzie­ll trifft, wenn ich beispielsw­eise bei einem Brand all mein Hab und Gut verliere, ist der Abschluss einer solchen Versicheru­ng sinnvoll.“(dpa)

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FOTO: SILVIA MARKS Bei einem Einbruchdi­ebstahl kommt die Hausratver­sicherung in der Regel für den Schaden auf. Da sich die Bedingunge­n mittlerwei­se verbessert haben, kann sich ein neuer Vertrag lohnen.

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