Gränzbote

Politneuli­ng

-

Giuseppe Conte ist politisch ein vollkommen unbeschrie­benes Blatt. Der Jurist aus Apulien studierte in den USA und Italien, lehrt derzeit an der Universitä­t Florenz und unterricht­ete auf Malta und Sardinien. Ein Experte in Verwaltung­srecht, dessen einzige bekannt gewordene Extravagan­z darin besteht, dass die Einstecktü­cher seiner Jacketts andere Farben haben als seine Krawatten.

Conte ist geschieden und Vater eines zehnjährig­en Sohnes. Der 53-Jährige steht in Rom einer großen Anwaltskan­zlei vor. Vor Jahren hatte er sich als Linkswähle­r geoutet, dann jedoch Sympathien für die Protestbew­egung Fünf-Sterne M5S gehegt. Schon während des Wahlkampfs wurde Conte von Parteichef Luigi Di Maio als Kandidat für das Amt des Regierungs­chefs oder des Justizmini­sters gehandelt. Conte erklärte, dass eine neue Regierung mindestens 400 seiner Meinung nach unnütze Gesetze abschaffen müsse. Nur so, meinte Conte, könne Italiens langsame Justiz effektiver werden.

Italiens politische Beobachter rätseln darüber, ob und in welchem Ausmaß Conte ein Masochist sei. Denn, fragen sie sich, wie könne jemand Regierungs­chef von Gnaden zweier Regierungs­parteien werden, der M5S und der rechten Lega, ohne Masochist zu sein? Schließlic­h haben M5S und die Lega in einem Vertrag genau festgelegt, was der Regierungs­chef zu tun habe. Und erst nach Unterzeich­nung dieses Vertrages haben sich die Vorsitzend­en beider Parteien einen passenden Regierungs­chef gesucht. Conte wird also nicht viel mehr sein als eine Marionette zweier Parteien ohne viel Mitsprache­recht.

Thomas Migge

 ?? FOTO: AFP ?? Giuseppe Conte soll neuer Regierungs­chef Italiens werden.
FOTO: AFP Giuseppe Conte soll neuer Regierungs­chef Italiens werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany