Evangelische Kirche mischt ihre Gemeinden neu
Im Zuge des „Pfarrplans 2024“muss Tuttlingen mit vier Pfarrern auskommen – Planungen laufen auf Hochtouren
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TUTTLINGEN - Vor der wohl größten Herausforderung der vergangenen Jahrzehnte steht derzeit die evangelische Gesamtkirchengemeinde Tuttlingen. Bis zum Jahr 2024 müssen die Teilgemeinden und Pfarrer neu angeordnet werden (wir haben berichtet). Manch ein Pfarrhaus wird künftig leer bleiben. Derzeit laufen die Planungen für die große Umstrukturierung auf Hochtouren. Von „massiven Änderungen“spricht Dekan Sebastian Berghaus. Er rechnet damit, dass schon in diesem Jahr eine erste öffentliche Gemeindeversammlung zu diesem Thema einberufen werden kann.
Es sei Illusion, zu glauben, es könnte die perfekte Lösung geben, so Berghaus. Fakt ist: Von aktuell fünfeinhalb Pfarrstellen muss Tuttlingen runter auf dreieinhalb. Nähme man die halbe Stelle aus Möhringen dazu, was laut Berghaus „Charme“hätte, stünden der Donaustadt vier volle Pfarrerstellen zur Verfügung. Wo diese dann genau angesiedelt sind – dazu gibt es zwar Ideen, aber noch keine endgültige Entscheidung. „Es ist eine einfache Rechenaufgabe: Es werden Pfarrhäuser leerstehen“, sagt der Dekan – was für die betroffene Teilgemeinde immer ein Verlust sei. Wo die Pfarrer künftig verteilt werden, sollen Fragen beantworten wie: „Wie ist Kirche präsent? Wie stellt sich sich dar?“, zählt Berghaus auf.
Erste Ergebnisse wohl im Juni
„Wir sind in den Planungen schon recht weit fortgeschritten“, berichtet der Dekan. Seit Herbst trifft sich das eigens gegründete Gremium „Zukunftswerkstatt“, bestehend aus den Pfarrern, den Vorsitzenden der jeweiligen Kirchengemeinderäten, dem Vorsitzenden des Gesamtkirchengemeinderats, der Kirchenpfleger sowie dem Vorsitzenden des kirchlichen Bauausschusses. Mit ersten konkreten Ergebnissen rechnet Berghaus Mitte Juni, wenn die nächste Sitzung ansteht. „Das bemerkenswerte daran ist, dass nicht jeder gedacht hat, „hoffentlich trifft es nicht mich“– sondern wir tragen das zusammen“, beschreibt Matthias Kohler, Pfarrer der Auferstehungskirche, die Zusammenarbeit unter den Pfarrern. „Wir versuchen, in der Gesamtkirche Tuttlingen eine Struktur zu finden.“
Fest steht, dass die Zuschnitte der Teilgemeinden neu angeordnet werden müssen. Jeder Pfarrer soll in seinem Bezirk etwa 1800 Gläubige betreuen. Aktuell stehen mit Philine Blum, Matthias Kohler, Hans Martin Dober, Ute Gebert und dem Möhringer Pfarrerehepaar Wischmeyer, das sich eine Stelle teilt, noch fünf Pfarrer zur Verfügung. Da Tuttlingen samt Möhringen, Nendingen und Wurmlingen jedoch nur vier Pfarrer zusteht, wird es voraussichtlich auch nur vier neue Gemeinden geben. Der fünfte Pfarrer werde nicht entlassen, sondern unterstütze seine Kollegen, so Berghaus. Scheidet einer der fünf Pfarrer aus, wird die Stelle nicht neu besetzt. Ändern könnten sich möglicherweise auch die Namen der Teilgemeinden, so der Dekan.
Ohne Fehler wird es nicht gehen
Eine größere Bedeutung soll in Zukunft der Stadtkirche zukommen. Quasi als Mittelpunkt der Gemeinde, als „Leuchtturm für Tuttlingen“, wie Berghaus beschreibt. Nachdem Pfarrer Jens Junginger vergangene Woche seinen Wegzug bekannt gab, wird die Gemeinde ab Sommer von Pfarrerin Philine Blum geführt (wir haben berichtet). Ihre Stelle als zweite Stadtkirchen-Pfarrerin war ohnehin schon offiziell im Pfarrplan 2018 gestrichen worden. Auch das Pfarrhaus Auferstehungskirche wird vermutlich besetzt bleiben.
Den Beteiligten ist klar: Ohne Fehler wird die große Umstrukturierung nicht über die Bühne gehen. Lieber frühzeitig eine Lösung präsentieren, die möglicherweise fehlerbehaftet sei, als zu lange zu warten, findet Berghaus. In den Gemeindeversammlungen sollen die Gemeindemitglieder dann die Möglichkeit haben, über das vorgestellte Konzept zu diskutieren. Final entscheiden muss dann jeder Kirchengemeinderat über die Teiländerungen seines Bereichs. Die formale Prüfung sowie die Zuweisung der Stellen unterliegt dem Oberkirchenrat. Schon jetzt ist die Kirchengemeinde mehr zusammengerückt. „In der letzten Zeit haben wir schon viel gemeinsam gemacht, was in der Vergangenheit jeder für sich gemacht hat“, sagt etwa Pfarrer Kohler. Beispielsweise die Öffentlichkeitsarbeit, der Konfirmandenunterricht in der dritten Klasse, das Konfi-Camp der Achtklässler oder Angebote der Seniorenarbeit. „Das ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange“, weiß Kohler.
So gibt es in Zukunft auch mehr Kooperationen mit dem Umland. So sollen etwa Kindergartenverwaltungen zusammengelegt werden, um Ressourcen zu sparen. Zum ersten Mal gibt es in diesem Jahr einen gemeinsamen Urlaubsplan mit den Pfarrern des Umlands.