Da wo`s gefällt, da lässt er sich nieder
Der Wurmlinger Harald Schmid geht mit einem Schäferwagen auf Deutschland-Tour
● WURMLINGEN - „Ich bin dann mal weg“, heißt es am heutigen Dienstag für Harald Schmid aus der Kaufgasse in Wurmlingen. Der Neu-Pensionär (65) geht mit Schäferwagen und vorgespanntem Traktor auf Deutschlandtour.
Immer durch die Grenzregionen will er Land und Leute kennen lernen. Im Süden, entlang der Schweizer Grenze, fängt er an. Die Lüneburger Heide will er bis zum Herbst erreicht haben. Dann hat er etwa die Hälfte der geschätzt 3500 Kilometer langen Tour geschafft, und es soll vorerst Schluss mit „lustig ist das Zigeunerleben“sein. Denn Überwintern will er komfortabler daheim in der warmen Stube.
„Gejuckt“, so etwas zu machen, habe es ihn schon vor zehn Jahren, und seither treibe ihn das um, erzählt Schmid. Die Reaktionen aus seinem Umfeld seien höchst unterschiedlich gewesen: „Du bist et ganz bache“, sei wohl die ehrlichste gewesen. Aber aufhalten ließ sich der Drang zum ausbrechen aus dem Alltag nicht. Höchstens verzögern. Denn er brauche die Tour für sich „zum Entschleunigen“, hat er beschlossen.
Vorarbeiten laufen seit vier Jahren
Vor vier Jahren habe Schmid sich dann „richtig intensiv“damit befasst und im Internet einen „Schäferwagenbauer“in Deißlingen gefunden. „Die bauen solche Wagen“, und mit denen sei er dann handelseinig geworden. Wobei Schäferkarren relativ ist. Mit den historischen, die böse Buben einst „schnappen“ließen, dass sie - Deichsel nach oben – auf der Rückwand lagen, hat seine mobile „neue Heimat“nicht mehr viel zu tun. Die ist deutlich komfortabler, hat sogar eine Art Balkon, wiegt zwei Tonnen – und ist nicht umzuwerfen.
Seinen alten Schlepper, fast so alt wie er, lässt er allerdings in der Garage. Schmid hat sich – ausgerechnet in der Lüneburger Heide – ein „nur“30 Jahre altes Exemplar gekauft und mit dem Tieflader herkarren lassen. Das hat sogar eine wetterfeste Fahrer-Kabine, wurde nie extrem beansprucht und sei noch topfit. Fehlende Extras hätten ihm in Wurmlingen „die Kölle-Buebe“in ihrer Werkstatt eingebaut. Eine Probetour samt angehängtem Schäferkarren auf die Höhen des Heubergs mit Einkehr auf dem Rußberg habe einwandfrei funktioniert. 50, 60 Kilometer am Tag glaubt der Wurmlinger locker schaffen zu können.
„Wo es mir gefällt“, bleibe er jeweils ein paar Tage. Daher nimmt Schmid für Spritztouren ins Landesinnere seinen Motorroller mit. Seine ersten Etappenziele lassen auf den Weinkenner schließen, obwohl ganz am Anfang Grafenhausen (RothausBrauerei) stehen soll. Aber direkt danach kommen in seinem Tourenplan das Markgräflerland, der Kaiserstuhl, irgendwann die Pfalz. Und besonders anvisiert hat er das Moseltal. Das will er von der französischen Grenze bis zum Deutschen Eck bei Koblenz kennen lernen. Womöglich mit all seinen edlen Tropfen. Im Zweifelsfall kann er für trockenere Gegenden weiter nördlich Fracht zuladen.
Und ganz fest im Visier hat er eben die Lüneburger Heide mit einem Bauernhof, exakt in der Mitte zwischen Hamburg und Bremen gelegen. Dort mache er schon seit 22 Jahren Urlaub. Und dann wird sich der Waidmann durchsetzen. Bereits jetzt träumt er von „stinkevorsichtigem Damwild, kapitalen Sauen und leckerem Niederwild“. Und wenn er nichts erlegen sollte? Von der Gemeinde hat er bereits im vergangenen Jahr vorsichtshalber ein „Survival-Paket“bekommen. Mit allem was zum Überleben außerhalb von Wurmlingen wichtig ist – von der Maggisuppe bis zum Toilettenpapier.
„Keine Schweigemonate“
Aber vielleicht kann er es für die zweite Etappe im kommenden Jahr aufheben, denn er will ja „andere Leute kennen lernen und mit ihnen reden“. Vielleicht sind da auch mal Bratkartoffeln drin. Jede Menge an Einladungen von Bekannten und Freunden, Jägern und Bayern-Fans quer durch die Republik hat er zudem in der Hinterhand. Jedenfalls plane er „keine Schweigemonate“, hat sich Schmid ganz fest vorgenommen. Wurmlingen:
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