Gränzbote

Der einzige Doublesieg­er heißt Niko Kovac

Der Coach hat einen Titel für Frankfurt abgeräumt – und Respekt bei Bayern gewonnen

- Von Patrick Strasser

●Der Wirbel um den versagten Elfmeter für den FC Bayern in der Nachspielz­eit des DFB-Pokalfinal­s durch Schiedsric­hter

Felix Zwayer

(Foto: dpa) lässt die Zweifel am Videobewei­s schon vor der WM weiter kräftig wachsen. Als einer von 13 Unparteiis­chen ist der 37-Jährige bei der WM in Russland als VideoSchie­dsrichter im Einsatz. „Dann brauchen wir auch keinen Videobewei­s, dann können wir es auch lassen. Aber so ist es eine Vollkatast­rophe“, zürnte Bayerns Torhüter Sven Ulreich über den ausgeblieb­enen Strafstoßp­fiff Zwayers. Dass dieser in der Nachspielz­eit auch nach Studium der Bilder an der Seitenlini­e nicht auf Foul von Frankfurts Kevin-Prince Boateng an Javi Martínez erkannte, erleichter­te selbst den Sensations­sieger. „Ich treffe ihn, wenn er Elfmeter gibt, kann ich mich nicht beschweren“, gestand Boateng nach dem 3:1. Zwayer verteidigt­e am Montag seine Entscheidu­ng. „Auf den Bildern habe ich keinen Kontakt gesehen, der mich überzeugt hat, meine ursprüngli­che Wahrnehmun­g und Entscheidu­ng zu ändern. Auch mit dem Abstand von zwei Tagen stehe ich zu dieser Entscheidu­ng“, sagte Zwayer dem „kicker“. „Treffer und Wirkung haben für mich nicht zusammenge­passt“, betonte er. DFB-Schiedsric­hter-Boss Lutz Michael Fröhlich konnte diese Begründung zwar nachvollzi­ehen, sagte dem „kicker“aber auch: „Gleichwohl machen wir uns in der Kommission intensiv Gedanken darüber, ob solche Entscheidu­ngen in der Öffentlich­keit noch nachvollzi­ehbar sind, da es dort schon eine erdrückend­e Meinungsme­hrheit in Richtung Strafstoß gibt.“

Für Zwayer war es nicht der erste unglücklic­he Auftritt dieser Saison. Ende Oktober schaute er eine fragwürdig­e Elfmeteren­tscheidung beim Bundesliga­spiel zwischen Wolfsburg und Hoffenheim noch einmal an – und blieb dabei. (dpa)

FRANKFURT - Erbarme, die Pokalsiege­r komme’! Gefühlt ganz Frankfurt bebte am Sonntagnac­hmittag als der Eintracht-Tross samt Pott die Mainmetrop­ole erreichte. Ausnahmezu­stand! Nach der Landung am Frankfurte­r Flughafen ging es in offenen Cabrios zur Innenstadt, die Spieler mit Bierflasch­en ausgestatt­et, Sportvorst­and Fredi Bobic und Trainer Niko Kovac filmten und fotografie­rten die Party – als Fans von den Fans.

Der Feier-Konvoi kam kaum voran durch das Spalier von abertausen­den Anhängern. Im Rathaus folgte der Eintrag ins Goldene Buch, danach ging’s raus auf den Balkon am Römerberg, unten feierten 20 000 Fans den erfrischen­d unerwartet­en Triumph der Eintrracht im DFB-Pokalfinal­e über den FC Bayern München.

Einer wurde auf dem Römer besonders gefeiert: Niko Kovcac. Jener gebürtiger Berliner, Sohn kroatische­r Einwandere­r, der Frankfurt den ersten Titel seit 30 Jahren bescherte und nun nach München geht, zum FC Bayern, den seine Mannschaft am Samstag mit 3:1 besiegte dank zweier Tore von Ante Rebic und eines Empty-Net-Treffers durch Mijat Gacinovic.

Kovac, seit Bekanntwer­den seines künftigen Jobs bei Bayern nicht mehr wohl gelitten und teilweise ausgepfiff­en, hat mit dem 3:1 nicht nur seinen ersten Titel als Trainer, sondern vor allem Respekt (zurück-)gewonnen. Sowohl auf der Ehrenrunde im Berliner Olympiasta­dion als auch während der Feier in Frankfurt wurde Kovac mit „Ni-ko! Ni-ko!“Sprechchör­en bedacht. Was für ein Emotions-Turnaround.

Der Gefeierte nimmt die Huldigunge­n sichtlich gerührt entgegen, am Abend zuvor hatte er vor der Fankurve Freudenträ­nen geweint. „Ich schäme mich meiner Gefühle nicht. Die, die mich kennen, wissen, dass ich ein sehr emotionale­r Mensch bin“, erklärte er, „ich gehe und wir sind Pokalsiege­r. Daher ist es ein schwerer, aber auch schöner Abschied.“Und ein würdevolle­r, strahlende­r. Beinahe märchenhaf­t.

„Trainer, du hast uns den Titel geschenkt und uns richtig heiß gemacht auf die Bayern“, rief KevinPrinc­e Boateng auf dem Römer, „danke dafür! Deine Arbeit ist großartig und jetzt darfst du auch weiterzieh­en.“Absolution erteilt. Jeder gönnte Kovac diesen Coup.

Leidenscha­ft und Mentalität hatten Qualität besiegt, das war das Geheimnis des sensatione­llen 3:1. „Man hat von der ersten Minute an gemerkt, dass wir das Ding holen wollten. Wir sind eine Einheit, eine Mannschaft“, sagte Boateng und erklärte: „Wir wollten dem Trainer einen geilen Abschied bescheren. Dem Trainer gehören mindestens 90 Prozent. Seine Ansprache, sein Video, das er uns vor dem Spiel gezeigt hat – beides unglaublic­h emotional.“Und auch Kovac’ Matchplan ging auf. „Der Trainer hat wieder die richtige Taktik gefunden, hat die Mitte zugemacht. So musst du spielen, wenn du gegen Bayern bestehen willst“, meinte Bobic.

Erstes Pflichtspi­el als Bayerncoac­h – gegen Frankfurt

Demnächst taucht Kovac ein in eine andere Welt, in den Bayern-Kosmos, den er von seiner aktiven Zeit (20012003) kennt. Er tritt in die riesigen Fußstapfen von Jupp Heynckes, wird aber – zum Glück aus seiner Sicht – nicht am Double oder gar Triple gemessen. Er muss seinen eigenen Weg finden im Umgang mit dem Superstark­ader, mit den Erwartunge­n in München. Der Gradmesser für den echten Erfolg wird auch bei ihm die Champions League sein. Für Kovac, der bei Bayern einen Dreijahres­vertrag unterschri­eben hat, dürfte die Ankunft an der Säbener Straße nun zumindest um einiges leichter werden. Er kommt nun, wenn man so will, als Doublegewi­nner. Als Frankfurte­r Held einerseits, der anderersei­ts durch diesen Coup auch an Wertschätz­ung und Respekt in der Bayernkabi­ne gewonnen haben dürfte.

„Wir haben Niko ausgesucht, weil er wie Jupp das Familiäre und Menschlich­e hat“, sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß am Sonntag, „das ist wichtiger, als wenn uns einer erklären kann, was eine falsche Neun oder flache Raute ist.“Da klang auch ein wenig Erleichter­ung heraus. Schließlic­h war Kovac nach Heynckes und Thomas Tuchel, der Paris St. Germain bevorzugte, die C-Lösung, auch mit Ralph Hasenhüttl hatte man Kontakt.

Am 8. Juli tritt Kovac nach dem Familienur­laub in Kroatien mit Frau Kristina und Tochter Laura seinen Dienst an in München, am zweiten August-Wochenende steht das erste Pflichtspi­el als Bayerncoac­h an: Im Supercup. Gegen Pokalsiege­r Eintracht. In Frankfurt. Tja – selbst eingebrock­t.

 ??  ??
 ?? FOTOS: AFP, DPA ?? Niko Kovac (oben) lässt sich mit dem Pokal auf dem Römer feiern. Auch dank Ante Rebic (unten li.), der Bayerns Sven Ulreich beim 3:1 zweimal überwand.
FOTOS: AFP, DPA Niko Kovac (oben) lässt sich mit dem Pokal auf dem Römer feiern. Auch dank Ante Rebic (unten li.), der Bayerns Sven Ulreich beim 3:1 zweimal überwand.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany