Puigdemont bleibt auf freiem Fuß
Behörde gibt Antrag der spanischen Justiz statt – Separatistenchef bleibt auf freiem Fuß
SCHLESWIG (dpa) - Der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont bleibt auf freiem Fuß in Deutschland. Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein lehnte am Dienstag einen Antrag der Generalstaatsanwaltschaft ab, den früheren Regionalpräsidenten wieder in Auslieferungshaft zu nehmen. Der Strafsenat sieht, anders als die Staatsanwaltschaft, keine erhöhte Fluchtgefahr. Spaniens Justiz wirft Puigdemont Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Mittel vor.
MADRID - Neue Runde im Auslieferungsstreit um den katalanischen Separatistenchef Carles Puigdemont: Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holsteins hat am Dienstag angekündigt, dass sie beim Oberlandesgericht (OLG) in Schleswig nun definitiv die Auslieferung des früheren Ministerpräsidenten Kataloniens an Spanien beantragen werde.
Die Anklagebehörde befürwortet eine Ausweisung wegen der Vorwürfe der Rebellion, des schweren Landfriedensbruchs und der Veruntreuung von Steuergeldern. Grundlage für diese Einschätzung waren Videos, die der Oberste Gerichtshof Spaniens nach Deutschland geschickt hatte.
Diese zeigen Gewalt gegen Sicherheitskräfte am Tag des von Puigdemont durchgesetzten illegalen Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober 2017. Aus dem Material folgerte die deutsche Anklagebehörde: „Die Ausschreitungen hatten ein solches Ausmaß, dass die Generalstaatsanwaltschaft davon ausgeht, dass auch wegen des Vorwurfs der Rebellion auszuliefern ist.“
Die Oberlandesrichter aber lehnten am Dienstag die Auslieferungsgründe der Rebellion und des Landfriedensbruchs ab. Nur den Vorwurf der Untreue sehen die Richter, wie schon in einem früheren vorläufigen Beschluss, als möglichen Auslieferungsgrund an, obwohl sie weiterhin Zweifel an diesem Tatvorwurf haben. Damit blieben die Oberlandesrichter, die über die rechtliche Zulässigkeit der Auslieferung entscheiden müssen, bei ihren Bedenken.
Schon im April hatten sie eine Überstellung an Spanien wegen des Vorwurfs der Rebellion abgelehnt. Die Begründung: Der im deutschen Recht für diesen Vorwurf vergleichbare Straftatbestand des Hochverrats sei nicht erfüllt, „weil es an dem Merkmal der Gewalt fehle“. Der Forderung der Puigdemont-Anwälte, den von Spaniens Justiz im März erlassenen europäischen Haftbefehl gegen den Politiker aus formalen Gründen für ungültig zu erklären, folgte das OLG aber nicht. Zugleich lehnte es einen neuen Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, Puigdemont in Auslieferungshaft zu nehmen, am Dienstag ab. „Das Oberlandesgericht sieht nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens keine erhöhte Fluchtgefahr von Carles Puigdemont, sodass dieser auf freiem Fuß bleibt.“
Der Separatistenführer war am 25. März in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Am 5. April ließ ihn das OLG jedoch unter Meldeauflagen und bis zu einer endgültigen Auslieferungsentscheidung frei. Seitdem ist Puigdemont in Berlin. Wie lange es noch bis zu einem endgültigen Beschluss im Auslieferungsverfahren dauert, blieb am Dienstag unklar.