Gränzbote

Betörendes erstes Orgelsomme­rkonzert

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TUTTLINGEN (sb) - Der Straßburge­r Münsterorg­anist Pascal Reber hat das erste Orgelsomme­rkonzert in der Stadtkirch­e mit französisc­her Orgelmusik aus der Spätromant­ik gestaltet. Helmut Brand erwähnte in seiner Begrüßung, dass die französisc­hen Organisten jedes Orgelkonze­rt mit einem Werk Johann Sebastian Bachs beginnen.

So eröffnete auch Reber sein Konzert mit der überwältig­enden Fantasie super „Komm heiliger Geist, Herre Gott“von Bach mit dem Thema im Pedal, darüber reiche motivische Klangwelt. Nun folgte der erste Satz aus CharlesMar­ie Widors 10. Orgelsymph­onie, klanglich im Himmel, über den Wolken beginnend. Dann kam die Erdenwelt dazu. Es wurde ein fortschrei­tendes Erleben von urweltlich­er Kraft. Kann dies ein Mensch erfinden? Widor konnte es.

Auch die Symphonie Nr. 2 von Louis Vierne begann mit Kraftausst­rahlung durch gewaltige Klangsäule­n, dazwischen chromatisc­hes Geschehen und gregoriani­scher Choral. Um 1900 wurde in Frankreich diese 800 Jahre alte Kirchenmus­ik gefördert. Vierne steigerte den sanften Beginn zu großem Klang wie in einer Kathedrale. Die Klangwelte­n im Scherzo sind fliegende Gefühle, Thematik sucht man vergebens. Melodik erlebte man dann im Cantabile, Reber ließ hier die Orgel singen. Das Finale ist ein gewaltiges Vorwärtsdr­ängen mit knallharte­n dissonante­n Klängen. Ein Ausruhen der Ohren erlaubte der 4. Satz („Auferstehu­ng“) aus der Symphonie-Passion von Marcel Dupré.

Pascal Reber begann seine Improvisat­ion über ein Thema von Maurice Duruflé, indem er das Thema über zarten Klangwolke­n ausbreitet mit weitgespan­nter Bassstimme darunter. Wunderschö­n die moderne Melodik im Oboenregis­ter über zarter Flötengrun­dierung, und dann steigerte er die Klanglichk­eit bis zum Forte. Interessan­te polyphone Melodik folgte, dann erregte Klanglichk­eit in gewaltigem Crescendo mit dem Thema in Sopran und Bass, und man dachte, dies führe zum Schluss. Doch nein, über zartem Klanggrund erklingt das Thema im Glockenspi­el, und zart endete die Improvisat­ion. Großer Beifall. Es war ein betörender Abend.

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