Jeder Egesheimer hat 2640 Euro plus
Strukturdaten der jungen Gemeinde, die am Sonntag einen neuen Bürgermeister wählt
●
EGESHEIM - Selbst Egesheim ist inzwischen im Schwabenalter. Die Gemeinde, die nach 36 Jahren am 10. Juni einen neuen Bürgermeister bekommt, ist aber trotzdem verhältnismäßig jung: 40,2 Jahre im Durchschnitt gegenüber im Land 43,5 und im Kreis 42,7 Jahren. Und jeder der 655 Einwohner (31. Dezember 2016) hat zumindest rechnerisch ziemlich was auf der hohen Kante: 2640 Euro pro Kopf Rücklagen (insgesamt 1,733 Millionen) stehen 117,5 Euro an Schulden pro Kopf gegenüber.
Insgesamt also wartet auf den neuen Bürgermeister - die Wahl wird sicherlich zwischen Hans Marquart und Martin Jung, Dauerkandidatin Fridi Miller ist nicht präsent, entschieden – eine kleine Gemeinde mit guten Rahmendaten, einem vorbereiteten Aufgabenkatalog und einer interessierten und engagierten Bevölkerung.
Die Gewerbesteuer liegt bei 448 000 Euro in 2007, ist aber in der Wirtschaftskrise 2009 auf 128000 Euro eingebrochen. Der Einkommenssteueranteil liegt bei rund 388000 Euro. Arbeitsplätze hat Egesheim 292, vor allem bei der Firma Richard Weiss, Drehteile. 159 Einpendlern stehen 177 Auspendler gegenüber.
Das verhältnismäßig junge Durchschnittsalter zeigt sich auch im Verhältnis Geburten zu Sterbefällen: 34 Geburten kommen auf 20 Sterbefälle. In sehr vielen Gemeinden ist das Verhältnis umgekehrt. Die Bevölkerung ist über einen langen Zeitraum gewachsen, aber noch moderat: 1979 waren es 438 Egesheimer, Ende 2017 schon 655, wobei die Zahl nun schon rund zehn Jahre relativ stabil ist.
Ganz wichtig ist den Egesheimern der Erhalt ihres Kindergartens und der Schule, die in Reichenbach steht. Denn beide Gemeinden kooperieren seit langem in diesem Bereich: Die Reichenbacher Kinder kommen nach Egesheim in den Kindergarten, die Egesheimer Kinder nach Reichenbach in die Grundschule. Im Egesheimer Kindergarten wurde das Dachgeschoss ausgebaut, ab 1. September soll dort eine Kinderkrippe unterkommen.
Die Reichenbacher Schülerzahlen steigen wieder an, so die Auskunft des auch in Reichenbach amtierenden Bürgermeisters Josef Bär. Stundenausfälle wegen Lehrermangels bringen Fehlstunden: Der Unterricht beginnt deshalb erst um 8.25 Uhr. Doch versuche man mit Mikado eine Betreuung einzurichten, sodass die Eltern auf die normalen Betreuungszeiten weiterhin bauen können, so Bär. „Wir vertrauen auf die Zusage des Landes, dass Grundschulen nicht geschlossen werden“, so Bär.
In den Ferien gibt es ein Kinderferienprogramm und Ferienbetreuung, die Senioren organisieren Ausflüge und Seniorentreffs. Ansonsten profitieren die Egesheimer - und ihre Gäste - von einer unglaublich schönen Landschaft: Wandern, Fahrradfahren und Walking sind ein Genuss.
Das gesellschaftliche Leben wird weitgehend durch die katholische Kirchengemeinde und die Vereine geprägt. Für die Größe hat Egesheim ein breites Angebot: Sportverein, Musikverein, Narrenverein, Obstund Gartenbauverein, Skiclub und die Feuerwehr stehen bereit. Dieses Kapital des gesellschaftlichen Zusammenhalts zeigt sich vor allem bei Großveranstaltungen wie Festen, Narrentreffen oder dem HeubergWanderpokal.
66 Prozent der Egesheimer sind katholisch, 16 Prozent evangelisch und ohne oder eine andere Konfession sind 16 Prozent der Egesheimer. Der Ausländeranteiil liegt bei 15,5 Prozent.
„Baustelle Infrastruktur“
Die Grundversorgung ist nicht so gut ausgeprägt: Es gibt keinen Arzt, keine Apotheke und keinen Laden, das Gasthaus Hirsch-Post hat nur saisonal geöffnet. Was es gibt ist die Beera-Mühle, die alles rund ums Mehl, Nudeln, Öle, Gewürze, Müsli und andere regionale Produkte vertreibt und ein Metzgerei-Verkaufswagen ist wöchentlich da. Ansonsten kaufen die Egesheimer vor allem in Wehingen, aber auch in Nusplingen ein.
Kommunalpolitisch wird auf die beiden Kandidaten vor allem die Dorfsanierung warten. Hier ist im Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Egesheim als Schwerpunktgemeinde bestätigt und damit entsprechende Zuschüsse zugesichert. Hier die Bürger in die Planungen einzubeziehen ist Bestandteil des Programms. Denn ein wesentliches Ziel soll erreicht werden: den Ortskern zu beleben, alte Gebäude zu renovieren oder abzureißen und neue Häuser bauen.
Wichtige Aufgabe wird auch sein, Kanäle zu sanieren, vergangenes Jahr gab es noch keinen Zuschuss, weshalb dieses Vorhaben geschoben werden musste.
Und: Egsheim ist eine Insel der Seligen, was die Kriminalität angeht. 2017 gab es insgesamt sieben registrierte Straftaten: Diebstahlsdelikte, Buntmetall, Kupferdach. Die Häufigkeitszahl, nach der Vergleiche möglich sind: Egesheim 1101, Landkreis Tuttlingen 3807 und Baden-Württemberg 5295.
Am heutigen Dienstag um 19 Uhr veranstaltet der Heuberger Bote ein Wahl- und Bürgergespräch mit den beiden Kandidaten im Egesheimer Sportheim. Sie können aber auch schon vorab, bis Dienstagmittag, Ihre Fragen an Redaktionsleiterin, Moderatorin Regina Braungart schicken: r.braungart@schwaebische.de.