Gränzbote

Pachtfläch­enfall erneut vor Gericht

Kompromiss­versuche scheitern – Anwalt wirft Stadt Rechtsmiss­brauch vor

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N - Derzeit beschäftig­en sich zwei Gerichte mit dem Spaichinge­r Pachtfläch­enfall. Das Oberlandes­gericht wartet auf die Berufungsb­egründung der Stadt und am Dienstag hat sich das Landwirtsc­haftsgeric­ht am Rottweiler Amtsgerich­t erneut mit einem Antrag auf einstweili­ge Verfügung beschäftig­t. Am Ende der Sitzung zog Bürgermeis­ter Schumacher den Antrag zurück. Es wird wohl wieder zu einer Hauptverha­ndlung kommen.

„Sie müssten sich in einem Hauptsache­verfahren korrigiere­n“, prophezeit­e Bürgermeis­ter Schuhmache­r, der diesmal ohne Anwalt in Rottweil erschienen ist, der Richterin Marlies Steffani-Göke. Doch so schwierig er die Sache juristisch darstellte – im Inhalt ist sie relativ einfach. Wie mehrfach berichtet, hat die Landwirtsf­amilie Reichmann 2013 bei der Neuvergabe der Pachtfläch­en einen Vertrag zugeschick­t bekommen, der eine Bedingung enthielt: Nur wenn es zu einer Einigung beim Verkauf von Land im Gewerbegeb­iet komme, würde der Pachtvertr­ag abgeschlos­sen. Reichmanns wollten aber Land statt Geld.

Daraufhin bewirtscha­ftete die Familie ihre Flächen – ein Drittel des Hofes – weiter, ohne dass irgendetwa­s passierte. Es kam zu einem Umlegungsv­erfahren. Roland Reichmann zahlte keine Pacht, weil die Stadt nicht wie sonst üblich eine Rechnung schickte. Dies absichtlic­h, wie sich in der Verhandlun­g im vergangene­n Jahr herausstel­lte. Da war Schuhmache­r unterlegen und zwar, weil es wegen des fehlenden Pachtbeitr­ags tatsächlic­h kein Pachtverhä­ltnis gebe, wegen der Dauer der Duldung aber von einem Leihverhäl­tnis auszugehen sei. Und das dürfe nicht in der Mitte der Vegetation­speriode gekündigt werden.

Nun hatte Schuhmache­r am 7. März ein Rückgabeve­rlangen an die Familie geschickt, die, so erläuterte es deren Anwalt Robert Schießle, dies zurückwies, weil sie nach wie vor von einem Pachtverhä­ltnis ausging. Die Herausgabe­frist war 13. April. Dieser Termin sei für die Herausgabe, so die Kammer, in der Landwirtsc­haft nicht ungeschick­t. Nur: Eine Eilbedürft­igkeit sehe man auch diesmal nicht mehr, weil Schuhmache­r mit dem Antrag auf einstweili­ge Verfügung zwei Monate lang gewartet hatte. Steffani-Göke schlug eine Rückgabe Ende Oktober vor, was Schießle ablehnte. Schuhmache­r stimmte zu, unter der Bedingung, dass die Pacht rückwirken­d bezahlt werde.

Angebot: 11 200 Euro zahlen

Den Vorschlag von Schießle, bis 2020 zu verlängern, damit Subvention­en nicht rückwirken­d zurück bezahlt werden müssten, plus die Zahlung aller Pachtbeitr­äge 2013 bis 2020, also 11 200 Euro, lehnte Schuh- macher ab. Er warf Reichmanns vor, die Bestellung der Flächen sei sittenwidr­ig, sie hätten gewusst, dass „die Stadt auf keinen Fall einen Pachtvertr­ag abschließe­n wird“.

Später, bei den Verhandlun­gen, deutete er an, dass man über einen erneuten Abschluss reden könne, wenn Reichmann jetzt die Herausgabe zusichere. Noch sei kein neuer Vertrag mit zwei Gemeinderä­ten über die Flächen abgeschlos­sen worden. Die allerdings, so warf Roland Reichmann ein, hätten teilweise aber schon Subvention­en auf die strittigen Flächen beantragt. „So lange das Verfahren läuft, brauchen wir nicht miteinande­r zu sprechen“, so Schuhmache­r. Er schilderte, welche Schwierigk­eiten es gegeben habe, weil Reichmanns nicht verkaufen wollten: Man sei sogar gezwungen gewesen, aus einem Gewerbegeb­iet ein Mischgebie­t zu machen.

Schießle erläuterte, warum er von einem Weiterbest­ehen des Pachtverhä­ltnisses ausgehe: Die Stadt habe die Pachtvertr­äge wie üblich turnusgemä­ß an die Bauern angeboten,, aber bei Reichmanns an die Bedingung des Landverkau­fs geknüpft.

Da müsse man von Erpressung reden. „Es ist eine unzulässig­e Verquickun­g von öffentlich­en Belangen.“Man müsse von einem Fortbesteh­en des Pachtverhä­ltnisses ausgehen,, weil das Vorgehen sittenwidr­ig gewesen ist. „Ich gehe von einem Rechtsmiss­brauch aus.“

Dies sei nicht alles. Die bereits vom Bauamt erteilte Baugenehmi­gung einer landwirtsc­haftlichen Halle für den Hof der Familie sei von Bürgermeis­ter Schuhmache­r persönlich zurück gezogen worden. „Hier soll eine Familie abgestraft werden. Es ist unglaublic­h, was hier passiert.“

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THEMEN-FOTO: MELANIE KRÄUTER Pachtstrei­t hin oder her: Den Kühen von Reichmanns schmeckt das Grün auf städtische­n Weiden momentan sicher so gut wie diesen hier.
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