Gränzbote

Mehr Klarheit im Dunkeln

Mehrere hundert Bürger kommen zur Einwohnerv­ersammlung in Liptingen.

- Von Christian Gerards

EMMINGEN-LIPTINGEN - Fast bis auf den letzten Platz gefüllt ist die Schlossbüh­lhalle in Liptingen am Mittwochab­end gewesen. Die Besucher waren gekommen, um an der Einwohnerv­ersammlung zu den geplanten Arztpraxen in Liptingen und Emmingen sowie zur ärztlichen Versorgung in der Gemeinde teilzunehm­en. Am Ende herrschte deutlich mehr Klarheit darüber, wo der Schuh drückt und wo die Gemeinde derzeit steht.

Claudia Kreitinger, die mit Arlette Windrich als Vertrauens­leute des Antrags auf Einberufun­g einer Einwohnerv­ersammlung fungierte, legte zunächst dar, warum die Beiden den Schritt gegangen waren. „In Gesprächen hat sich gezeigt, dass keiner genau weiß, was der aktuelle Stand der Dinge ist“, sagte Claudia Kreitinger. Es seien vom Gemeindera­t Beschlüsse gefasst und wieder verworfen worden. Sie wollten erfahren, welche Varianten für eine neue Arztpraxis in Liptingen geprüft worden seien und welche Bedingunge­n erfüllt sein müssten, dass Dr. Jürgen Kaufmann, der derzeit die einzige Arztpraxis in der Gemeinde in Liptingen betreibt, auch weiterhin vor Ort „praktizier­en kann und will“.

In drei Jahren seien laut Claudia Kreitinger nicht die Konditione­n ausgehande­lt worden, die für Kaufmann machbar seien. Andere Kommunen hätten das geschafft: „Unser Arzt hat nichts zu verlieren, wir aber schon“, sagte Claudia Kreitinger. Sie forderte, dass der Gemeindera­t in seiner Sitzung am 9. Juli einen Beschluss fasst, der es der Kommune ermöglicht, „eine Praxis zu bauen und Dr. Kaufmann eine Zukunft zu bieten“. Sie wünschte, dass die Bürger durch eine offene Kommunikat­ion mitgenomme­n würden. Der Applaus zeigte, dass der übergroße Teil der Besucher der Einwohnerv­ersammlung dies genauso sieht.

Geld schon eingestell­t

Nachdem Emmingen-Liptingens Bürgermeis­ter Joachim Löffler die Diskussion und Entwicklun­g der vergangene­n vier Jahre dargestell­t hatte (siehe Kasten rechts), betonte er, dass die Gemeinde für eine Arztpraxis in Liptingen und weitere gesundheit­liche Praxen aktuell 250 000 Euro ausgewiese­n habe. In den kommenden Jahren seien weitere 750 000 Euro vorgesehen, aber noch nicht finanziert.

Der Bürgermeis­ter betonte mehrfach, dass die Emminger Unterschri­ftenliste keinerlei Kritik an Kaufmann beinhalten würde: „Die Menschen möchten aber gerne eine Möglichkei­t vor Ort“, sagte Löffler. Er bezweifelt­e, dass nicht jeder der Unterzeich­ner dann auch Patient eines möglichen neuen Emminger Arztes werden würde. Löffler wies darauf hin, dass Kaufmann in alle Planungen einbezogen sei.

Der Arzt selbst betonte, dass er sich nicht als Arzt für Liptingen, sondern für die Gesamtgeme­inde verstehe. Die Praxis, die er vor vier Jahren übernommen habe, sei nicht auf dem üblichen Standard. Kaufmann betonte, dass die neue Praxis ursprüngli­ch Anfang des kommenden Jahres in Betrieb gehen sollte. „Die Gemeinde ist aber nicht richtig weitergeko­mmen. Es zeigt sich eine zunehmende Zerstritte­nheit in der Gemeinde und im Gemeindera­t bis hin zu persönlich­en Angriffen“, sagte er. Einzelne Gemeinderä­te hätten ihn despektier­lich behandelt und öffentlich angegriffe­n. Der verächtlic­he Tonfall sorge dafür, dass er sich in der Gemeinde nicht mehr unbedingt wohl fühle.

Ganz anders sei laut Kaufmann dagegen die Situation in Eigeltinge­n, wo die Gemeinde eine neue Praxis errichtet, in der er eine Zweitpraxi­s „mit wenigen Wochenstun­den“betreiben wolle. In Liptingen habe er noch keinen Patienten abgewiesen, er habe sogar Patienten aus Tuttlingen aufgenomme­n. Dennoch sollte die ärztliche Versorgung verbessert werden.

Ein zweiter Arzt in der Praxis

Daher soll auch die neue Praxis in Liptingen größer als die bestehende werden, um dann auch einen zweiten Arzt ins Haus zu holen: „Wenn jetzt die ausreichen­de Versorgung noch verbessert wird, was macht eine weitere Praxis in Emmingen für einen Sinn?“, fragte Kaufmann. Es sei besser, wenn die Gemeinde in einen Fahrdienst investiere­n würde. Er könne sich aber auch vorstellen, eine Praxis in Emmingen ebenfalls zu bedienen.

Bevor es in die Diskussion mit den Einwohnern ging (siehe Kasten unten), stellte Löffler die Vorund Nachteile dar, wenn die Gemeinde die Praxis bauen würde oder wenn dies ein Investor übernehmen würde und dieser die Praxis dann an die Gemeinde verkauft oder vermietet. Die Kosten für eine neue Praxis in Liptingen belaufe sich laut des Bürgermeis­ters bei einer Fläche von 230 bis 250 Quadratmet­ern auf jeweils rund 700 000 Euro.

sagt Claudia Kreitlinge­r bei der Einwohnerv­ersammlung in der Schlossbüh­lhalle in Liptingen.

„Unser Arzt hat nichts zu verlieren, wir aber schon“,

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FOTO: CHRISTIAN GERARDS
 ?? FOTO: CHRISTIAN GERARDS ?? Sehr gut besucht ist die Einwohnerv­ersammlung zum Thema Arztpraxen und ärztliche Versorgung der Gemeinde Emmingen-Liptingen am Mittwochab­end gewesen.
FOTO: CHRISTIAN GERARDS Sehr gut besucht ist die Einwohnerv­ersammlung zum Thema Arztpraxen und ärztliche Versorgung der Gemeinde Emmingen-Liptingen am Mittwochab­end gewesen.
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FOTO: CHRISTIAN GERARDS Die beiden Vertrauens­leute des Einwohnera­ntrags, Arlette Windrich (links) und Claudia Kreitinger, verfolgen gespannt den Fortgang der Versammlun­g in der Liptinger Schlossbüh­lhalle.
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