Mittler zwischen Mensch und Maschine
Usability Engineers entwickeln Designsprachen für Schnittstellen, die Anwender und Technik verbinden
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o immer Menschen mit Maschinen interagieren, waren Usability Engineers am Werk. Sie sind Spezialisten für die Kommunikation zwischen Anwender und Technik. Das kann der Bestellshop von Zalando sein, die Menüführung am Thermomix oder die Maschinensteuerung einer Strickmaschine. Für eine solche hat Lisa Reimer, 33, die Mensch-MaschineSchnittstelle gestaltet. Gebaut wird die Strickmaschine in Deutschland, betrieben wird sie in China und dort von einer Hilfskraft bedient. Die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine ist das Display. „Ich habe definiert, wo welche Informationen angezeigt werden, wie man was eingeben oder auswählen kann und wie man von einer zur anderen Seite der Steuerung kommt.“Und das auf drei Ebenen: für den Anwender, den Servicetechniker und den verantwortlichen Ingenieur. Jeder aus diesem Trio hat andere Informationsbedürfnisse. Lisa Reimer sorgt als Usability Engineer dafür, dass sie die benötigten Informationen bekommen.
Bei medizinischen Geräten lebensrettend
Lisa Reimer studierte an der Hochschule der Medien in Stuttgart Informationsdesign. Anschließend hat sie als User Experience Consultant bei User Interface Design, UID, in Ludwigsburg angefangen. Das war 2008. UID entwickelt für Kunden Bedienschnittstellen. Der Dienstleister hat rund 120 Mitarbeiter, davon arbeiten etwa 50 an der Interaktion Mensch-Maschine. Etwa für einen Lungenmonitor, ein Gerät, das auf Intensivstationen in Krankenhäusern die künstliche Beatmung überwacht. Die Maschine misst die Atmung in einzelnen Lungenregionen und stellt diese in Echtzeit dar. Mitarbeiter von UID haben dafür gesorgt, dass die Daten so aufbereitet werden, dass sie vom Klinikpersonal schnell erfasst und richtig interpretiert werden können. Bei medizinischen Geräten ist das lebensrettend. Um zu verstehen, welche Informationen Ärzte brauchen, waren die UID-Experten in der Notaufnahme und haben mit ihnen gesprochen. Usability Engineers arbeiten auch ganz eng mit den Herstellern von Maschinen und Geräten zusammen, „weil wir wissen müssen, was sie alles können, um zu entscheiden, was für den Nutzer wie visualisiert wird“, sagt Reimer.
Menüpunkte für einzelne Schritte festgelegt
Reimer hat in China Anwendern der Strickmaschine über die Schulter geschaut, um zu verstehen, was sie damit machen und wie die Arbeitsabläufe sind. Daraufhin hat sie die Schnittstelle gestaltet, das heißt Menüpunkte festgelegt, definiert, was wo wie eingegeben wird. Ähnliche Masken kennt man bei Bestellungen von Waren im Internet. Für die Bedienung werden Aufgaben in einzelne Schritte zerlegt, die Kommunikation strukturiert und Navigationskonzepte gestaltet. „Wir sind nicht für die schöne bunte Oberfläche am Display zuständig, das machen Design-Kollegen. Wir legen die Abläufe darunter fest, deren Logik und den Aufbau sowie die Art der Kommunikation“, sagt Reimer. Daher ist Antizipation wichtig, verstehen, was der Nutzer braucht. Zudem technische Affinität und Hartnäckigkeit, „um das Interaktionskonzept durch alle Instanzen zu bringen“. Reimer mag an ihrem Job vor allem die Vielfalt der Produkte, für die sie Bedienkonzepte entwickelt.
Jan Seifert ist Teammanager User Experience Design bei UID. Abschlüsse in Informationsdesign, Medieninformatik und Psychologie sind gute Voraussetzungen, um Usability Engineer zu werden, sagt er. „Psychologie deshalb, weil jeder Prototyp getestet wird.“Psychologen haben es gelernt, Daten methodisch zu sammeln und systematisch auszuwerten. Seifert ist promovierter Psychologe, mit dem Nebenfach Informatik im Studium. „Bedienung soll nicht nur einfach sein, sondern auch Spaß machen, Emotionen wecken und zur Marke passen“, sagt er. Dezente Farben leuchten daher im Display der Strickmaschine, die Bedienstruktur ist funktional. Das passt zum Erscheinungsbild einer robusten 20Tonnen-Maschine.
Interaktion von Fahrer und Fahrzeug
Enrico Rukzio bezeichnet die Berufsaussichten von Usability Engineers als extrem gut, „insbesondere wenn die Ausbildung mit Informatik kombiniert war“. Rukzio ist Professor für Medieninformatik an der Universität Ulm. „Die Berufschancen als Usability Engineer sind deshalb hervorragend, weil viele Firmen vermehrt solche Abteilungen aufbauen oder diese Expertise über Agenturen zukaufen.“Deshalb würden tendenziell mehr Experten mit diesem Wissen gebraucht. Eingesetzt werden sie beispielweise in der Automobilindustrie für die Interaktion des Fahrers mit dem Fahrzeug sowie bei Herstellern von intelligenten Haushaltsgeräten wie etwa Waschmaschinen oder bei Betreibern von Webshops. „Und immer mehr professionelle Produkte kommen dazu, etwa medizinische Geräte oder Steuerungen von Industrieanlagen.“Typischerweise arbeiten Usability Engineers in der Softwareentwicklung als Teil eines großen Teams. Sie überlegen, wer das Produkt nutzt. Automobilhersteller etwa wissen, wie alt die Kunden sind, was sie können und wollen. Entsprechend wird die digitale Kommunikation gestaltet. Als Zweites recherchieren sie das Verhalten von etwa zehn Anwendern, mit dem Ziel 80 Prozent von deren Anforderungen abzudecken. Schließlich bringen sie das Design aufs Papier, lassen einen Prototyen programmieren und testen den mit einer größeren Zahl von potenziellen Nutzern in einer Studie. Dann folgen meist einige Korrekturen und das Kommunikationskonzept steht.