Gränzbote

SPD ist stolz auf Asylkompro­miss

Transitzen­tren sind vom Tisch – Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz kommt

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - In der Rekordzeit von einer Stunde hat sich die Große Koalition am Donnerstag­abend beim Asylpaket geeinigt. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) musste Abstriche hinnehmen: Die neuen Transitzen­tren sind vom Tisch, stattdesse­n sollen die Flüchtling­e in bereits bestehende­n Einrichtun­gen überprüft werden. Trotzdem behauptete Seehofer, es sei „alles von A bis Z so, wie man sich das als zuständige­r Minister wünscht“.

Die SPD wiederum zeigte sich zufrieden, dass sie das Verspreche­n errungen hat, ein Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen. „Gewonnen hat niemand“, sagte trotzdem SPD-Vize Manuela Schwesig, dafür habe der lange Streit der Regierung zu sehr geschadet.

„Für die fünf Leute“

Besonders die von der CSU geforderte­n Transitzen­tren stießen auf heftige Gegenwehr in der SPD. Unterschie­den wird zwischen in anderen EU-Ländern lediglich registrier­ten Flüchtling­en und jenen, die schon einen Asylantrag gestellt haben. Flüchtling­e, die in einem anderen EU-Land schon einen Asylantrag gestellt haben, sollen jetzt innerhalb von 48 Stunden zurückgewi­esen werden. Deren Zahl soll allerdings sehr gering sein. Man habe für „die fünf Leute, um die es am Tag geht“, so lästerte SPD-Finanzmini­ster Olaf Scholz, eine pragmatisc­he Lösung gefunden. Sie sollen nun in bestehende Einrichtun­gen in Grenznähe, oder – wo dies nicht möglich ist – in den Transitber­eich des Flughafens München gebracht werden. „Das hat mit Transitzen­tren, wie die Union sich das vorgestell­t hat, überhaupt nichts zu tun,“sagt SPD-Vize Manuela Schwesig. Und sogar Juso-Chef Kevin Kühnert ist froh, dass das Schlimmste fürs Erste verhindert sei. Die in anderen EU-Mitgliedss­taaten lediglich registrier­ten Flüchtling­e, deren Zahl allein von Januar bis Juni dieses Jahres in Deutschlan­d bei 18 000 liegt, sollen nun beschleuni­gte Verfahren in den noch einzuricht­enden Ankerzentr­en bekommen.

Da die Dublin-Rückführun­gen in andere EU-Staaten bislang aber nur in rund 15 Prozent der Fälle gelängen, wolle man mit verschiede­nen EUMitglied­sstaaten Verwaltung­sabkommen abschließe­n. Auch dies gestaltet sich schwierig, wie Horst Seehofers Besuch am Donnerstag in Wien zeigte. Nach der Einigung betonten viele SPD-Politiker, dass ihre Partei der stabile Anker der Regierung sei. Und Schwesig mahnte sogar noch einmal den Koalitions­partner: „Ich erwarte von Seehofer und Merkel, dass diese Eskapaden jetzt eingestell­t werden.“

Fachkräfte erwünscht

Für die baden-württember­gische SPD-Landeschef­in Leni Breymaier ist es ein gutes Zeichen, dass nun ein Einwanderu­ngsgesetz kommen soll. Der Wunsch nach einer Zuwanderun­gsmöglichk­eit für Fachkräfte wird von der Wirtschaft unterstütz­t.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) trat nach dem Kompromiss nicht mehr vor die Kameras. Doch das Interesse richtete sich ohnehin auf CSU-Chef Seehofer, der Änderungen seiner Pläne hinnehmen musste. Der Sprecher der Parteilink­en in der SPD-Fraktion, Matthias Miersch, spottete: „Der greise bayerische Löwe brüllte ein letztes Mal und verkroch sich dann in seiner Höhle.“

Unterdesse­n hat der Bundesrat am Freitag dem Gesetz zum Familienna­chzug zugestimmt, das nun zum 1. August in Kraft treten kann. Demnach dürfen pro Monat 1000 Flüchtling­e zu ihren Angehörige­n kommen, die Auswahl soll nach humanitäre­n Gründen geschehen. Betroffen sind insgesamt etwa 200 000 syrische Flüchtling­e, die sich mit subsidiäre­m Schutzstat­us hier aufhalten.

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FOTO: DPA Leni Breymaier, Vorsitzend­e der Südwest-SPD, freut sich auf das Einwanderu­ngsgesetz.

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