Binder peilt nächste Erweiterung an
Unternehmen visiert Umsatzplus von 15 Prozent an – Viele Neuerungen sollen kommen
TUTTLINGEN - Vor wenigen Tagen hat das Tuttlinger Unternehmen Binder, Spezialist für Umweltsimulations-Schränke, auf der Fachmesse Achema in Frankfurt mehrere Neuheiten vorgestellt. Das nahm unser Redakteur Christian Gerards zum Anlass, mit Geschäftsführer Peter M. Binder zu sprechen. Herr Binder, wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf der Fachmesse? Die Messe war ein großartiger Erfolg. Wir haben in diesem Jahr extrem viele Neuheiten präsentiert und damit ein Feuerwerk der Innovationen gezündet. Wir wollen in diesem Jahr 62 neue Produkte, Verbesserungen und Innovationen vorstellen. Die Hälfte davon ist bereits fertiggestellt. Wir haben auf der Messe all das präsentiert, was wir ab dem 1. Oktober dieses Jahres liefern können. Das hört sich so an, als ob Sie mit dem Verlauf des aktuellen Geschäftsjahrs zufrieden sein können, oder? Es läuft gut. Wir werden unsere Ziele erreichen und den Umsatz auf 71 Millionen Euro steigern. Das wäre ein Plus von 15 Prozent. Woher kommt dieses deutliche Umsatzplus? Durch die vielen neuen Produkte auf dem Markt, aber auch durch ein immer besser werdendes Marketing und unseren regen und gut aufgestellten Vertrieb. Das Wachstum generieren wir aus allen Regionen, in denen wir vertreten sind. Den stärksten Zuwachs verzeichnen wir in Asien. Sie haben im vergangenen Jahr die Competence Factory eröffnet. Hat das auch schon einen positiven Effekt gehabt? Ja, sicher. Wir haben nicht nur die Competence Factory im September eröffnet, sondern auch auf SAP umgestellt. Beide Maßnahmen haben diverse Reorganisationen notwendig gemacht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben wir unsere Produktion deutlich gesteigert. Im nächsten Schritt wollen wir die Effizienz verbessern. Wir haben unsere Flughöhe erreicht und versuchen nun, mit weniger Kerosin zu fliegen. Stehen weitere Veränderungen an? Die Competence Factory ist bereits zu klein. Daher werden wir das Gebäude zeitnah um weitere rund 3000 Quadratmeter erweitern. Die Baugenehmigung dafür ist schon da. Das Forschungs- und Entwicklungszentrum von Binder liegt am westlichen Ende des Gewerbegebiets Gänsäcker. Sie dürften der geplanten Erweiterung des Gebiets und der Umbenennung in DonauTec durch die Stadt sicher zustimmen. So könnten Sie an zusätzliche Erweiterungsflächen kommen ... Es ist richtig, dass die Stadt die Erweiterung angeht und zusätzliche Gewerbeflächen schafft. Wir sind daran interessiert, mit einem Hektar Fläche dabei zu sein. Was ich bedauere ist, dass der angedachte Kreisverkehr wohl nicht kommt. Wir brauchen bei einer Erweiterung dringend eine zweite Zufahrt zum Gewerbegebiet. Wir verhandeln aber mit der Stadt noch über einen Punkt, der für uns äußerst wichtig ist. Und der wäre?
Für uns ist eine Planung schwierig, da zwischen unseren beiden Werken eine öffentliche Straße durchführt. Wir wünschen uns, dass der Bereich umgestaltet wird, damit wir ungestört Material zwischen den beiden Fertigungsstätten von Binder hin und her transportieren können.
„Wir sind daran interessiert, mit einem Hektar Fläche dabei zu sein.“Das sagt Binder-Geschäftsführer Peter M. Binder über die angedachte Erweiterung von Gänsäcker.
Bisher produziert Binder nur am Standort in Tuttlingen. Ihre Pläne signalisieren, dass das auch so bleiben soll? Wir setzen klar auf den Standort Tuttlingen. Wir haben hier ein hervorragendes Team, mit dem wir unsere Visionen erfüllen können. Damit das so bleibt, ist die Digitalisierung wichtig. Hierdurch fällt der Grund weg, an den Rändern Europas günstiger zu produzieren. Flächendeckendes und schnelles Internet ist eine Grundvoraussetzung für die deutsche Industrie. Wir haben bei Binder viel Geld in die Hand genommen, um an den Knoten fürs schnelle Internet zu kommen. Gleichzeitig unternimmt auch der Landkreis einiges auf diesem Gebiet, was ich an dieser Stelle einmal loben möchte. Finden Sie denn genügend Fachkräfte? Man hört ja immer, dass der Markt wie leergefegt sei. Wir finden immer die Mitarbeiter, die wir benötigen, auch wenn das manchmal etwas länger dauert. Wir sind auf dem Arbeitsmarkt präsent und haben eine hohe Ausbildungsquote von zehn Prozent – bei 400 Mitarbeitern. Dazu ist der Bekanntheitsgrad der Firma außerordentlich gestiegen, wodurch wir attraktiver für Mitarbeiter geworden sind. Darüber hinaus sind wir gerade erst vom „Focus" ausgezeichnet worden, als einer der besten Ausbildungsbetriebe in ganz Deutschland. Wie sehr trifft Sie als Umweltsimulations-Schränke-Spezialist die neue Medizinprodukte-Verordnung der Europäischen Union? Das betrifft uns nur peripher, da wir Laborgeräte herstellen. Das ist ein Unterschied etwa zu chirurgischen Instrumenten. Die Flut an Vorschriften und Richtlinien sorgt dafür, dass viele kleine Anbieter aus dem Markt gehen, da sie die Anforderungen nicht mehr stemmen können. Aber natürlich treffen auch uns die gesetzlichen Vorgaben. Firmen haben eine begrenzte Änderungsgeschwindigkeit, daher sollte der Gesetzgeber nicht so aktionistisch handeln. Besorgniserregend ist für uns eher die aktuelle Situation im Welthandel. Wer zu 80 Prozent vom Export abhängig ist, für den ist all das, was zu Protektionismus führt, eine Bürde. Diese Risiken dürfen wir nicht ausblenden. Zudem erleben wir schon seit Jahren, dass die Marktzugangsbeschränkungen hochgefahren werden. Im besten Fall kostet dies Wachstum, im schlechtesten Substanz. Einer der Vorteile der EU ist, dass wir hier innerhalb eines Marktes die gleichen Vorschriften haben.