Gränzbote

Ein Leben für die Ente

Dieter Kleibauer ist ein sogenannte­r Donaldist – Verein widmet sich Donald Duck

- Von Sebastian Heilemann

TUTTLINGEN - Dieter Kleibauer ist ein Donaldist. Ob das Nummernsch­ild an seinem Auto, das Hintergrun­dbild auf dem Smartphone oder das heimische Bücherrega­l. Im Leben des 61-Jährigen nimmt die Comic-Ente mit den menschlich­en Zügen einen festen Platz ein. Damit ist er nicht allein. Denn Kleibauer ist Mitglied des Vereins Donald, der sich intensiv mit der Welt der Comicfigur beschäftig­t – und das sogar wissenscha­ftlich.

Wenn man sich mit Dieter Kleibauer über seine Leidenscha­ft unterhält, kann man schnell den ein oder anderen Fauxpas begehen. Zum Beispiel Donalds Nachnamen englisch auszusprec­hen und damit das U zu einem A machen, fragen, ob er Micky Maus genauso gut findet oder gar erzählen, dass man selbst auch gerne im Lustigen Taschenbuc­h liest. All das sind Dinge, die unter echten Donaldiste­n verpönt sind. Denn für sie muss ein echter Duck-Comic vor allem zwei Kriterien erfüllen: Er muss von dem amerikanis­chen Zeichner Carl Barks gezeichnet und von Erika Fuchs ins Deutsche übersetzt worden sein. „Für uns sind diese beiden Namen wie die Bibel“, sagt Kleibauer. Denn der besondere Zeichensti­l, ein laut Kleibauer anspruchsv­oller Geschichte­naufbau und die Art der Dialoge, finde sich nur bei Barks und Fuchs. „Das sind die einzigen Comics, die wir akzeptiere­n“, sagt Kleibauer.

Verein für Donald-Fans

Mit „wir“meint Kleibauer den Verein der Donaldiste­n (Abkürzung für „Deutsche Organisati­on nichtkomme­rzieller Anhänger des lauteren Donaldismu­s“), der in Deutschlan­d rund 1000 Mitglieder zählt. Das Ziel: Die „Pflege und Förderung donaldisti­schen Sinn- und Gedankengu­tes und ihre Verbreitun­g in allen Bereichen unserer Gesellscha­ft“, schreibt der Verein auf seiner Internetse­ite. Der Verein gibt ein Mitglieder­magazin heraus, veranstalt­et Stammtisch­e in ganz Deutschlan­d und organisier­t einmal im Jahr einen Kongress bei dem hoch wissenscha­ftliche Vorträge rund um den Enten-Kosmos gehalten werden. „Es gibt da schon ziemlich wahnsinnig­e Sachen“, erklärt Kleibauer. „Das sind dann Fragen, wie wohl das Justizmini­sterium in Entenhause­n funktionie­rt, oder das Postwesen organisier­t ist“. Die Grundlage für die Forschungs­arbeiten sind die mehreren Hundert Geschichte­n von Barks auf rund 6500 Seiten. Ein Ergebnis der langjährig­en Forschung: Donald Duck ist eigentlich ein Mensch in Entengesta­lt. „Das erklärt auch, warum es bei Donald Duck an Weihnachte­n Gänsebrate­n gibt“, erklärt der 61-jährige Journalist. Nach den Vorträgen applaudier­en die Zuhörer nicht einfach mit den Händen, sondern rufen „Klatsch, Klatsch, Klatsch“– in Anlehnung an die Comics, in denen Geräusche mit Wörtern dargestell­t werden.

„Wir verehren Donald Duck, weil er so ein Loser ist, der aber immer wieder aufsteht“, sagt Kleibauer. Micky Maus hingegen sei langweilig. „Er ist der Spießbürge­r, der immer alles richtig macht“.

Kleibauers Faszinatio­n für Donald Duck beginnt im Alter von zehn Jahren, als er seine ersten Micky Maus Hefte in die Hände bekommt. „Ich habe einfach mit der Zeit bemerkt, dass es deutliche Unterschie­de bei der Art der Zeichnunge­n und der Geschichte­n gibt“, erinnert sich der Donaldist. Kleibauers Vorliebe für die Barks-Comics entwickelt sich. Und das, obwohl zu Beginn die Namen der Zeichner noch nicht einmal in den Comics genannt worden waren.

Große Sammlung

Als Student mit Anfang 20 fuhr er mit einem Freund zu seinem ersten Kongress nach Frankfurt. Heute zählt Kleibauer das Barks-Gesamtwerk von 30 Bänden zu seiner Sammlung. Darüber hinaus lagern in seiner Wohnung historisch­e Micky Maus Hefte in Plastikfol­ien, sein Autokennze­ichen ist die 313 – genauso wie bei Donalds knallrotem Cabrio. Insgesamt habe er zwei- bis dreitausen­d Euro investiert.

Doch eine Wertanlage seien die Hefte nicht. Die Preise steigen laut dem Sammler nicht mehr. „Das ist ein Zeichen, dass das Interesse abnimmt“, weiß Kleibauer. Das spürt auch der Verein in Sachen Nachwuchs – einen großen Zulauf gebe es nicht mehr. „Wir werden unseren elitären Status behalten“, sagt Kleibauer. „Es ist eben ein schräges Hobby“.

Die Entenhause­n-Forschung wird aber wohl noch eine ganze Weile weitergehe­n. Die neuesten Erkenntnis­se erwartet Kleibauer beim nächsten Kongress. Der findet im März in Freiburg statt. Quasi ein Heimspiel für den 61-Jährigen. „Das ist ein Muss“, sagt er.

 ?? FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN ?? Dieter Kleibauer mit der Ausgabe 3 aus dem Jahr 1965. Im Straßenver­kehr ist er an seinem Kennzeiche­n mit der Nummer 313 zu erkennen - der selben, wie auf Donald Ducks Cabrio.
FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN Dieter Kleibauer mit der Ausgabe 3 aus dem Jahr 1965. Im Straßenver­kehr ist er an seinem Kennzeiche­n mit der Nummer 313 zu erkennen - der selben, wie auf Donald Ducks Cabrio.

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