„Ich war ein busy boy“
Musikerlegende Graham Nash über die Trennung von seiner Band und die heutige Popmusik
TUTTLINGEN - Mit den Bands „The Hollies“und „Crosby, Stills and Nash“feierte er Erfolge. Nun kommt Musikerlegende Graham Nash nach Tuttlingen. Am achten Juli tritt er am Honberg-Sommer auf. Simon Schwörer hat sich mit ihm über die Trennung von seiner Band unterhalten und warum er für die heutige Popmusik keine Zeit hat. Herr Nash, sie spielen dieses Jahr auf dem Honberg-Sommer. Stellen Sie sich eine Burgruine vor, auf der für das Festival ein großes Zelt aufgebaut wird. Wenn Sie das hören, freuen Sie sich dann schon auf Ihren Auftritt? Absolut. Ich freue mich immer darauf, Musik zu machen. Ich bin Musiker, das mache ich in meinem Leben. Ich schreibe Lieder, ich nehme sie auf und ich spiele sie live. Was können die Besucher von ihrem Konzert erwarten? Als Künstler will ich sichergehen, dass sie etwas für ihr Geld bekommen. Sie bezahlen ihr hart erarbeitetes Geld um zu kommen und mich zu sehen. Und ich will sicherstellen, dass sie damit zufrieden sind. Ich will, dass alle mit einem Lächeln das Konzert verlassen. Dabei werden sie Musik aus einem Zeitraum von vor 50 Jahren bis heute hören. Ich werde Songs von „The Hollies“spielen, Lieder von „Crosby, Stills and Nash“und von mir und Crosby. Viel Musik, etwa 25 Lieder. Sie sprechen von 50 Jahren Musik: Ich nehme an, darin gibt es musikalisch viele verschiedene Aspekte. Wie würden Sie die Bandbreite dieser Musik beschreiben? Ja, die gibt es. Aber es sind 50 Jahre meiner Musik, Sachen die ich mit „The Hollies“und Sachen, die ich mit den anderen Partnern gemacht habe, die ich hatte. Ich bin sehr frei, jetzt als Solo-Künstler. Ich muss niemanden fragen, was ich singen soll. Ich brauche keine anderen Meinungen, ich habe daran sehr viel Spaß. Ich mache diese Show seit zwei oder drei Jahren, variiere aber die Lieder jede Nacht. Und die Leute haben sehr sehr gut darauf reagiert. Und ich freue mich sehr darauf, nach Europa zu kommen, das ist sicher. Auf ihrer Europa-Tour sind sie für drei Auftritte in Deutschland. Ha- ben sie eine Verbindung zu Deutschland? Ich komme schon lange Zeit nach Deutschland. Wir, „The Hollies“kamen nach Deutschland schon 1964. Deutsche sind großartige Musikfans. Aber machen Deutsche auch gute Musik? Kennen Sie einen deutschen Künstler? Erst kürzlich habe ich mir den Künstler Klaus Nomi näher angeschaut. Was für ein interessanter Mann. Es gibt gerade eine Ausstellung hier in New York City über David Bowie. Klaus hat David beeinflusst, etwa in seinem Kleidungsstil. Klaus ist der deutsche Künstler, mit dem ich mich in letzter Zeit am meisten beschäftige. 2016 haben Sie gesagt, dass es niemals eine Wiedervereinigung mit CSN („Crosby, Stills and Nash“) geben wird. Gibt es denn zumindest die Chance auf eine Wiedervereinigung mit SNY (Stills, Nash and Young)? Lassen Sie es mich so sagen: Ich rede mit Neil (Young), ich rede mit Stephen (Stills). Niemand redet mit Crosby. Ich habe mit David (Crosby) schon über zwei Jahre nicht mehr gesprochen. Das ist eine lange Zeit.
Zu lange, ja. Aber die Wahrheit ist: Auch wenn wir niemals mehr zusammen eine Note Musik machen würden, hatten wir zumindest für 45 Jahre einen guten Lauf. Sie haben ja schon angesprochen, dass Sie sich als Solo-Künstler jetzt freier fühlen. Ist es für Sie jetzt einfacher, Lieder zu schreiben, als in einer Band? Nein, ich habe nie etwas für die Band geschrieben. Neil hat nie etwas für die Band geschrieben, noch haben das David oder Stephen getan. Wir haben nur Lieder kreiert. Und dann, wenn der Rest der Band diesen bestimmten Song mochte, haben wir ihn aufgenommen. Aber wenn jemand von uns den Song nicht mochte, wurde er nicht gemacht. Heute gibt es so viele junge Künstler in der Pop-Musik. Haben Sie dazu eine Verbindung? Hören Sie sich Lieder von Künstlern wie Ariana Grande an, oder ist das nichts für Sie? Das ist nichts für mich und ich sage Ihnen auch warum: In den vergangenen zehn Jahren war ich komplett involviert in unsere Musik und unsere Archive. All die Sachen, die wir in den vergangenen vierzig Jahren aufgenommen haben. Ich war total involviert in die Musik von „Crosby, Stills, Nash and Young“. Bevor ich mein jüngstes Solo-Album herausgebracht habe, habe ich 16 CDs gemacht. Ich war ein busy boy. Haben Sie musikalisch schon weitere Pläne? Natürlich! Ich schreibe Lieder für mein neues Album. Das Album kommt zu der Zeit heraus, wenn ich nach Europa komme. Es heißt „Over the Years“, was auch die Eröffnungszeile für ein Lied ist, das ich geschrieben habe. Es heißt „Wind on the Water“. Auf dem Album sind 15 meiner bekanntesten Lieder und 15 Demoaufnahmen. Ich mein’, darauf ist auch eine Demoaufnahme von mir, wie ich 1969 „Our House“spiele. Schön, dass Sie „Our House“erwähnen. Ein großartiges Lied. Vielen Dank. Das war tatsächlich ziemlich schnell geschrieben. Tatsächlich erzähle ich die Geschichte, wie der Song zustande kam, wenn ich auftrete. Menschen scheinen fasziniert zu sein, von der Kunst des Liederschreibens. Wie machen Sie das? Woher kommt das alles? Es wird also ein sehr interessantes Konzert und ich hoffe, dass Sie da sein werden.