Gränzbote

Netzwerken in der Teeküche

Nicht jedem liegt das ungezwunge­ne Gespräch mit Kollegen und Vorgesetzt­en – Tipps und Tabus für Smalltalks

- Von Verena Wolff

S● malltalk im Büro ist nicht jedermanns Sache. Dabei sind gerade diese kleinen, ungezwunge­nen Gespräche zwischen Bürotür und Teeküche wichtig für das Netzwerken in der Firma. „Nicht umsonst heißt es: sich ins Gespräch bringen“, sagt Karrierebe­rater Martin Wehrle. Wer es schafft, viele Kontakte durch Smalltalk aufzubauen, macht leichter Karriere. „Er bekommt mehr Jobangebot­e, ist besser angesehen und wird als guter Kommunikat­or mit interessan­teren Projekten betraut.

Linda Kaiser von der Deutschen Knigge-Gesellscha­ft rät, den Kollegen immer höflich und aufgeschlo­ssenen zu begegnen. „Sich im Büro als Eigenbrötl­er zu positionie­ren, trägt nicht zum guten Miteinande­r bei.“Es kann sich sogar negativ auf die Karriere auswirken.

Doch nicht jeder ist zum lockerfloc­kigen Gespräch geboren. „Aber gerade stillere Menschen tun sich mit dem inhaltsrei­chen Smalltalk leichter als mit der Produktion von Luftblasen“, sagt Wehrle. Das kleine Gespräch bietet die Gelegenhei­t, sich zwanglos anzunähern, sagt Personalbe­raterin Doris Brenner aus Rödermark. „So paradox es klingt: Damit ist der Smalltalk gerade für schüchtern­e Menschen ein Geschenk des Himmels.“Er mache es möglich, die eigene Schutzzone und die des anderen zu wahren und sich vorsichtig zu beschnuppe­rn.

Und Übung macht den Meister. „Man sollte sich einfach trauen, aktiv teilzunehm­en oder sogar ein Gespräch zu beginnen“, sagt KniggeExpe­rtin Kaiser. Geschickt ist es, wenn man mit Themen startet, zu denen jeder etwas beitragen kann. Offene Fragen helfen, die Unterhaltu­ng in Gang zu halten. Wehrle rät zudem: „Jeder kann sich an Situatione­n erinnern, in denen jemand anderes charmant einen Smalltalk begonnen hat – daran kann man sich orientiere­n.“

Denn es gibt mehr Themen als die Bundesliga, den Stau in der Früh oder das Wetter. „Klüger ist es, über Themen zu sprechen, die wirklich interessan­t sind“, sagt Wehrle. „Wenn man zum Beispiel bei einem Kongress war, kann man danach Fragen stellen wie: Welchen der Redner fanden Sie am spannendst­en? Und welchen am langweilig­sten?“Small Talk muss nicht flach sein. „Gute Fragen sorgen für zweierlei: dass der Gesprächsp­artner sie gerne beantworte­t und dabei auch noch etwas über sich selber preisgibt.“

Verschiede­ne Strategien

Zudem könne man verschiede­ne Strategien ausprobier­en: So kann man mit dem Gegenüber über dessen liebstes Hobby oder seine Interessen sprechen. „Solche Gespräche machen Freude, weil der Kollege ganz lebendig sein wird“, erklärt Wehrle.

Nicht jeder Teilnehmer muss ständig reden. „Small Talk braucht auch gute Zuhörer“, sagt Kaiser. Wenn einem das Thema liegt, kann man sich zu Wort melden. Doris Brenner macht auch Schüchtern­en Mut, über den eigenen Schatten zu springen: „Die Vorstellun­g kann helfen, dass andere Menschen sich selbst schwer damit tun, den ersten Schritt zu machen und darauf warten, angesproch­en zu werden.“Daher sei es nie verkehrt, offen und freundlich auf andere zuzugehen.

Und mit wem muss man reden? Mit den direkten Kollegen in der eigenen Abteilung und den Vorgesetzt­en. Gut ist es allerdings auch, sich mit denen zu unterhalte­n, die beruflich wichtig sein könnten: mit den Leitern von Nachbarabt­eilungen, mit Kollegen aus der Branche, aber auch mit dem hausintern­en Postboten. „Der kommt viel herum und weiß vielleicht als Erster von einer freiwerden­den Stelle“, sagt Wehrle.

Wichtig dabei: ehrlich und respektvol­l sein, nicht verstellen und vor allem nicht lästern, empfiehlt Kaiser. Auch bei eher belanglose­n Gesprächen gilt: „Niemand darf den Gesprächsp­artner mit Monologen zutexten, sondern immer Interesse am Gegenüber zeigen.“Nicht jeder ist ein Naturtalen­t, sagt Brenner. „Doch wer sich ernsthaft für andere Menschen interessie­rt, wird erkennen, welches Verhalten im Moment passend ist.“

Gerade am Anfang eines Kontaktes sei es hilfreich, etwas vorsichtig zu agieren und nicht gleich zu forsch oder direkt zu sein. „Auch Humor sollte gut dosiert werden, denn nicht alle Menschen können über dasselbe lachen.“

Von der Tagesform abhängig

Ob Kollegen mehr oder weniger Kontakt suchen, kann auch von der Tagesform abhängen. „Wenn man nicht gut drauf ist und lieber seine Ruhe haben will, kann es hilfreich sein, dies offen anzusprech­en“, rät Brenner. Dann weiß der andere gleich, wie man sich fühlt, und denkt nicht, dass er etwas falsch gemacht hat.

Ein paar Themen gibt es allerdings, die im Büro nichts zu suchen haben. „Sex, Drugs und die ganz persönlich­e Meinung über Chef und Kollegen“, fasst Linda Kaiser diese No-Gos zusammen. Auch Politik und Kirche sollte man eher nicht erwähnen. Und noch etwas gibt Wehrle zu bedenken, besonders bei noch unbekannte­n Kollegen: „Es könnte höchst peinlich sein, sich nach den Familienve­rhältnisse­n eines Menschen zu erkundigen – um dann zu erfahren, dass seine Ehe gerade geschieden wurde.“

Nicht nur Einstiege und Themen für den Smalltalk sind wichtig, auch ein paar „Rausschmei­ßer“sollte man parat haben. Damit man zum richtigen Zeitpunkt das Gespräch beenden kann. Denn so wichtig der „Flurfunk“ist, man will schließlic­h mit einem warmen Kaffee an den Arbeitspla­tz zurückkehr­en. Kaiser rät: Der Ruf der noch anstehende­n Aufgaben ist immer ein guter Ausstieg. (dpa)

Buchtipps: Doris Brenner, „Networking im Job - Wie es Spaß macht und funktionie­rt“, Haufe Lexware Verlag, 182 Seiten, 19,95 Euro, Martin Wehrle, „Der Klügere denkt nach“, Mosaik Verlag, 432 Seiten, 15 Euro

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Charme zählt auch beim Smalltalk. Zu forsch sollte man ein Gespräch dagegen nicht beginnen. Und ganz wichtig: nicht lästern.

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