Trump attackiert Merkel
US-Präsident nennt Deutschland „Gefangenen Russlands“
BRÜSSEL (AFP) - Offener Konflikt zwischen den USA und Deutschland beim Nato-Gipfel in Brüssel: „Deutschland ist ein Gefangener Russlands“, sagte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch bei einem Frühstück mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg unter Verweis auf die Abhängigkeit von russischen Ölund Gaslieferungen. Er finde das deutsche Verhalten „sehr unangemessen“, fuhr Trump fort, der sich über mehr als fünf Minuten in Rage redete. Dies gelte auch dafür, dass Deutschland „nur etwas über ein Prozent“seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgebe.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) konterte Trumps Tirade. Sie habe selbst erlebt, „dass ein Teil Deutschlands von der Sowjetunion kontrolliert wurde“, sagte sie nach ihrer Ankunft in Brüssel. Die heutige Bundesrepublik mache aber „eigenständige Politik“und fälle „eigenständige Entscheidungen“.
●
Niemand kann den europäischen Nato-Staaten vorschreiben, wie viel Geld sie in ihre Verteidigung stecken.
Sie könnten selbstbewusst darauf verweisen, dass sie derzeit mit einigem Erfolg eine die Nato ergänzende EU-Sicherheitspolitik aufbauen, die durch eine engere Zusammenarbeit die nationalen Etats entlastet.
Sie könnten betonen, dass es ihrem Selbstverständnis eher entspricht, Aufbauhilfe zu leisten, als sich in Kriege außerhalb ihres Territoriums einzumischen.
Sie könnten vorrechnen, dass sie im Irak oder in Mali lieber in die Ausbildung einheimischer Militärs und Polizeikräfte investieren, als selbst Soldaten zu schicken. Und dass sie in Afghanistan weitaus mehr Geld für den Bau von Infrastruktur, Schulen und Krankenhäusern ausgeben als die USA.
Was sie aber nicht tun können: Jahr für Jahr erneut versprechen, zwei Prozent ihres Budgets in die Verteidigung zu stecken und dann – wie aktuell Deutschland – bei 1,24 Prozent stecken zu bleiben. Es ist völlig in Ordnung, sich die Weltsicht von US-Präsident Donald Trump nicht zu eigen zu machen. Man sollte dann allerdings den Mut haben, das auch offen zu sagen.