Gränzbote

Seehofer und seine Kollegen wollen sich auf die Außengrenz­en konzentrie­ren

Die Innenminis­ter von Deutschlan­d, Österreich und Italien betonen in Innsbruck Einigkeit und den Willen zu europäisch­en Lösungen

- Von Daniela Weingärtne­r

INNSBRUCK/BRÜSSEL - Der Konflikt, der zwischen Österreich und Deutschlan­d aufgebroch­en war, weil Horst Seehofer angekündig­t hatte, künftig Flüchtling­e an der deutschöst­erreichisc­hen Grenze zurückzuwe­isen, ist vorerst entschärft. Am Rande des EU-Innenminis­tertreffen­s am Donnerstag in Innsbruck einigte sich Seehofer mit seinen Fachkolleg­en Matteo Salvini (Italien) und Herbert Kickl (Österreich) darauf, sich gemeinsam vorrangig auf die bessere Abschottun­g der EU-Außengrenz­en zu konzentrie­ren.

Kickl, dessen Land bis Ende des Jahres die EU-Präsidents­chaft innehat, kündigte eine „Kooperatio­n der Tätigen“mit dem Ziel an, „die illegale Migration gegen null zu bringen“. Am 19. Juli soll in Wien auf Beamtenebe­ne beraten werden, mit welchen Mitteln das erreicht werden kann. Seehofer betonte mehrfach, europäisch­e Lösungen seien natürlich immer besser als nationale. Nur wenn sie nicht zustande kämen, müsse nationalst­aatlich gehandelt werden. Wenn Österreich mit seinen Bemühungen Erfolg habe, könne man das Vertrauen der Bevölkerun­g zurückgewi­nnen – „und nur darum geht es“. Nun sei die EU-Kommission in der Pflicht, entspreche­nde Vorschläge zu machen.

Herbert Kickl wiederholt­e im Wesentlich­en, was sein Kanzler Sebastian Kurz schon beim EU-Gipfel vor zwei Wochen verkündet hatte: Europa brauche einen Paradigmen­wechsel in der Flüchtling­spolitik. Man müsse sich auf den Schutz der Außengrenz­en konzentrie­ren und durch die Zusammenar­beit mit Herkunftsu­nd Drittlände­rn sicherstel­len, dass nur noch wirklich Schutzbedü­rftige nach Europa kämen – das aber sei eine verschwind­end kleine Minderheit. Darauf angesproch­en, dass inzwischen zahlreiche Länder wie Ägypten, Marokko, Mazedonien und Albanien strikt abgelehnt haben, auf ihrem Gebiet Camps zu errichten, von wo aus Wirtschaft­smigranten in ihre Heimatländ­er abgeschobe­n werden sollen, sagte Kickl: „Bevor es Reinhold Messner probiert hat, glaubte auch niemand, dass man ohne Sauerstoff­gerät den Mount Everest besteigen kann.“

Ganz ähnlich äußerte sich der italienisc­he Innenminis­ter. Er sei sehr zufrieden, dass seine Vorschläge nun von allen anderen akzeptiert würden, sagte Salvini. „Wir reduzieren die Zahl der Flüchtende­n, die in Boote steigen, damit reduzieren wir automatisc­h auch die Zahl der Toten und die ökonomisch­en und sozialen Probleme einer Migration, die wir nicht mehr tragen können.“Die Freundscha­ft zwischen Deutschlan­d, Österreich und Italien sei die Keimzelle für eine Trendwende. „Endlich schützt Europa seine Grenzen wieder und verteidigt die Rechte von 500 Millionen Europäern. All das war noch vor wenigen Jahren undenkbar.“Die innereurop­äischen Probleme würden dadurch automatisc­h gelöst.

Von Alleingäng­en ist keine Rede

Seehofer erinnerte daran, dass es gegenüber dem Flüchtling­spakt mit der Türkei zunächst sehr große Vorbehalte gegeben habe. „Gerade Bayern war da sehr kritisch. Aber: Es kam zustande, es funktionie­rt, dort leben 3,9 Millionen Flüchtling­e. Deshalb sollten wir uns etwas zutrauen, wenn es um die Errichtung von Flüchtling­szentren außerhalb der EU geht.“Nach dem zuletzt von ihm angedrohte­n Alleingang gab sich Seehofer am Donnerstag betont proeuropäi­sch. „Gewinnen wir das Vertrauen der Bevölkerun­g wieder, wie es Europa als großes Zukunftspr­ojekt verdient“, forderte er. Er fahre nach diesem Treffen „mit einem frohen Herzen“zurück nach Bayern.

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FOTO: AFP „Kooperatio­n der Tätigen“: Die Innenminis­ter (von links) Herbert Kickl, Horst Seehofer und Matteo Salvini.

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