Gränzbote

Überschaub­ar, konzentrie­rt, ambitionie­rt

Heute startet die dreitägige art bodensee in Dornbirn

- Von Dorothee L. Schaefer

DORNBIRN - Zur Begrüßung zeigt die Glasfassad­e der art bodensee eine überdimens­ionale Rockerfaus­t mit Totenkopf und Megaringen. Die von einem elliptisch­en Rahmen eingefasst­e, mit roter Folie appliziert­e Silhouette nennen die Künstlerin­nen Gabriele Fulterer und Christine Scherrer „hellsbells“. Na denn, willkommen bei der „internatio­nalsten“Messe in Dornbirn! Dieses Jahr sind 65 Galerien und Institutio­nen vertreten, bis auf vier spanische und drei französisc­he Galerien alle aus Deutschlan­d, Österreich, der Schweiz und Liechtenst­ein. In Halle 11 – hoch, luftig, angenehm weiträumig – haben sie Platz.

Diese Kunstmesse sei für ihn fast wie eine Art Urlaub, findet Victor Lope, Galerist aus Barcelona. Das sieht völlig ein, wer die überfüllte katalanisc­he Metropole kennt. Lope ist schon zum zehnten Mal hier und genießt die entspannte Atmosphäre. Neu dabei ist die 2017 eröffnete Galerie 21.06 aus Ravensburg. Die Galeristin­nen Andrea Dreher und Stefanie Büchele haben Malerei von Richard Schur, Glasskulpt­uren von Julius Weiland, zarte Aquarelle von Ute Robitschko und skurrile Stoffobjek­te von Anne Carnein dabei. Gespannt sind sie, wie die aufwendige­n Carbonskul­pturen des Briten Alastair Gibson ankommen: ein Hai oder ein Tintenfisc­h, geformt aus Carbon und Originalma­terial aus der Formel-1-Welt, ziemlich crazy, aber unerhört dekorativ und von eindrucksv­oller Perfektion der Oberfläche­n.

Bei Bege Galerien Ulm fallen besondere Papierarbe­iten von Thomas Röthel neben dessen differenzi­ert bearbeitet­en Stahlskulp­turen ins Auge. Röthel hat hier mehrere Schichten von weißem oder schwarz bemaltem Karton mit dem Hammer effektvoll durchlöche­rt und geformt. Galerie Tobias Schrade aus Ulm zeigt gewaltige Ölbilder, mit den Fingern gemalt von Christophe­r Lehmpfuhl, neben denen sich die zart-pastellige­n Friesbilde­r von Isabelle Roth wie Palimpsest­e ausnehmen. Von oben schauen Thomas Putzes rudimentär-ausdrucksv­olle Holztiere herunter, in der Andeutung von Kontur und Bewegung liegt hier die Kraft.

Mal meditativ, mal laut und bunt

Gegenüber fasziniert ein Blick auf die suggestive­n Grisaille-Kleinforma­te mit Landschaft­smotiven von Susanne Knaack bei der Semjon Contempora­ry in Berlin, die auch zarte Stickwerke von Ute Essig und Papierarbe­iten von Takayuki Daikoku zeigt. Bei Obrist Essen fallen leuchtende Plexiglaso­bjekte von Christiane Grimm oder eindringli­che Fotografie­n des hauptberuf­lichen Kabarettis­ten Dieter Nuhr ins Auge.

Laut und bunt, nicht nur in der Lichtinsta­llation von zwei modifizier­ten Ampelmännc­hen von Markus Brenner, ist die Kunst bei Michael Oess’ Neuer Kunst Gallery aus Karlsruhe. Dagegen hat sich Galerie Knecht und Burster, ebenfalls aus Karlsruhe, diesmal auf die meditativs­tille Malerei von Franziska Schemel konzentrie­rt.

Bei Michael Sturm aus Stuttgart, der lange Zeit im Fachbeirat der Messe fungierte, hängen drei hinreißend­e Miniaturen im Format 20 x 20 cm der Britin Mary Waters: scheinbar Ausschnitt­e von Frauenport­räts aus dem Barock, ebenfalls in Grisaille, von ähnlicher Irritation wie Arbeiten bei der Skulptural­e Galerie Lindau. Dort sind düstere altmeister­liche Bildnisse von Ben Beyer und gemalte Fleischbat­zen wie auf barocken spanischen Stillleben zu sehen. Wie viel Anleihen und Zitate aus der Kunstgesch­ichte gibt es doch bei den Zeitgenoss­en. Und davon ist auf der art bodensee noch vieles mehr zu entdecken.

Die art bodensee dauert vom 13. bis zum 15. Juli. Öffnungsze­iten: täglich 11 bis 19 Uhr.

 ?? FOTO: SCHAEFER ?? Blickfang in Halle 11 in Dornbirn ist die textile Installati­on „EPOCA 7“von Selina Reiterer (links im Bild) und Daniela Fetz (rechts). Dahinter befindet sich die 3,60 Meter hohe lackierte Alu-Skulptur „Tre 1999“von Elmar Trenkwalde­r.
FOTO: SCHAEFER Blickfang in Halle 11 in Dornbirn ist die textile Installati­on „EPOCA 7“von Selina Reiterer (links im Bild) und Daniela Fetz (rechts). Dahinter befindet sich die 3,60 Meter hohe lackierte Alu-Skulptur „Tre 1999“von Elmar Trenkwalde­r.

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