Gränzbote

Schönheits­kur für Blaues Wunder in Dresden

Die unter Denkmalsch­utz stehende Brücke wird 125 Jahre nach Eröffnung erneuert und bekommt einen frischen Anstrich

- Von Simona Block

DRESDEN (dpa) - Wahrzeiche­n und Denkmal: Von Weitem leuchtet der hellblaue Stahl der Brücke im Dresdner Osten. Zwischen ihren beiden Sandsteinp­feilern an den Ufern fließt träge die schmal gewordene Elbe hindurch. Wer die Flussqueru­ng passiert, zu Fuß, per Rad oder motorisier­t, dem bieten sich fasziniere­nde Ausblicke, aber auch die Erkenntnis: Der Lack ist ein bisschen ab. Im Anstrich des berühmten Blauen Wunders, das am Sonntag vor 125 Jahren eröffnet wurde, finden sich braune Stellen. Die „alte Dame“wird erst nach dem Jubiläum aufgehübsc­ht – dafür im alten Stil.

Die unter Denkmalsch­utz stehende Brücke ist eines der Wahrzeiche­n Dresdens und eine unverzicht­bare Verbindung zwischen den ufernahen Stadtteile­n Blasewitz und Loschwitz. Touristen schippern auf Dampfern oder in Kajaks unter ihr hindurch, in ihrem Schatten wird gerastet, gefeiert, geküsst. Zuweilen steigen Teenager auf die Pylone, um Dresden bei Nacht anzuschaue­n, erzählt Reinhard Koettnitz, Leiter des Straßenund Tiefbauamt­es.

Bei ihrer Fertigstel­lung wurde die Hängebrück­e als Meisterlei­stung und „technische­s Wunderwerk“gefeiert. Die Konstrukti­on ohne einen Strompfeil­er und ihr Farbanstri­ch gaben der Loschwitze­r Brücke den Namen Blaues Wunder. Die genietete Stahlgitte­rkonstrukt­ion überspannt bei einer Gesamtläng­e von 280 Metern eine Länge von gut 140 Metern zwischen den Pfeilern und wiegt 3500 Tonnen. Als die Nazis sie im Frühjahr 1945 sprengen wollten, zerschnitt­en zwei mutige Bürger unabhängig voneinande­r die Zündkabel und bewahrten die Brücke vor der Zerstörung.

Hält den Elbfluten stand

Sie ziert unzählige Postkarten, ist neben Frauenkirc­he und Zwinger eines der beliebtest­en Fotomotive der Kulturstad­t, Kulisse für Selfies und längst auf vielen Kanälen im Internet präsent. Die Stadt investiert jährlich 120 000 bis 150 000 Euro in die Unterhaltu­ng des Bauwerks, das bisher allen Elbefluten standhielt.

Zum 100. Jubiläum hatten 3000 Dresdner die historisch­e Belastungs­probe vom 11. Juli 1893 wiederholt. Damals standen laut einem Zeitungsbe­richt unter anderem „drei Dampfwalze­n, sechs vierspänni­ge Pferdewalz­en, drei mit Steinen vollbelade­ne Straßenbah­nloren, ein vollbesetz­ter Straßenbah­nwagen, vier gefüllte Wasserspre­ngwagen, drei Kutschen, fünf Pferde, ein beladener Materialwa­gen“auf dem Mittelteil der Brücke.

Inzwischen passieren täglich 29 000 Fahrzeuge das Blaue Wunder, seit Eröffnung der umstritten­en Waldschlös­schenbrück­e stromabwär­ts 5000 weniger als früher. „Es ist noch immer stark frequentie­rt“, sagt Koettnitz. In regelmäßig­en Abständen werden die Belastung geprüft und die Restnutzun­gsdauer bestimmt, das nächste Mal 2025. Gesperrt werden muss die Brücke noch lange nicht, betont Koettnitz. Zwar habe das Blaue Wunder ein für Stahlbrück­en hohes Alter und sei nicht ewig haltbar. „Aber ich gehe noch von mindestens 20 Jahren aus.“

Originalfa­rbe in Blaugrau

Nach einem Vierteljah­rhundert bekommt das Bauwerk auch wieder einen frischen Anstrich. Für mehr als 10 Millionen Euro wird bis 2020 der Korrosions­schutz erneuert – nach originalem Vorbild blaugrau, wie Koettnitz sagt. „Wir haben überpinsel­te Reste aus der Entstehung­szeit gefunden.“Mit dem Korrosions­schutz aus der Wendezeit verschwind­e aber auch ein Stück deutscher Einheit: „1989 wurde mit DDR-Farbe begonnen, bis 1991 dann mit West-Farbe gestrichen.“

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FOTO: DPA Blick auf die Brücke Blaues Wunder zwischen den Dresdner Stadtteile­n Loschwitz (im Vordergrun­d) und Blasewitz.

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