Bürger diskutieren über Europa
Ergebnisse fließen in das künftige Europaleitbild der Landesregierung ein
TUTTLINGEN (pm/iw) - Über Europa haben 24 Bürger kürzlich in der Stadthalle diskutiert. „Wir müssen Europa von unten nach oben weiter entwickeln“, sagte Justiz- und Europaminister Guido Wolf zu Beginn.
In vier Städten Baden-Württembergs fand der Europa-Dialog statt. Eingeladen wurde zu großen Teilen nach dem Zufallsprinzip, zum Teil auch persönlich. Gemeinsam sollten die Bürger einen Vormittag darüber diskutieren, was sie an Europa schätzen, was sie stört, und welche Wünsche sie haben. Die Ergebnisse des Workshops werden derzeit ausgewertet und anschließend veröffentlicht, heißt es.
Mit dabei war Christine Treublut, Lehrerin aus Tuttlingen. Sie ist Mitglied der Europa-Union Deutschland, eine Bürgerinitiative, die sich für die europäische Einigung engagiert. Dadurch wurde sie auf die Veranstaltung aufmerksam: „Ich wurde von der Union per Mail angeschrieben“, sagt sie. Europa - bei diesem Thema erlebe sie oft ein Desinteresse ihrer Schüler. „Das schockiert mich“, bekennt sie. Während die jungen Menschen heute jeden Austausch wahrnehmen können, habe sie noch Zeiten erlebt, in denen es für Reisen auch innerhalb Europas Visen gebraucht hat. Etwa, wenn man DDR- Bürger war.
In der Stadthalle sind etliche Themen in Arbeitsgruppen diskutiert worden. „Braucht Europa einen eigenen Finanzminister?“„Und eine eigene Verfassung?“Ein eindeutiges Ergebnis habe sich nicht gezeigt – „das wurde ambivalent gesehen“, sagt Treublut.
Momentan sei sie etwas in Sorge, was das Gefüge Europa betreffe, bekennt sie. „Vor allem, wenn innerhalb einer Bundesregierung nicht mit einer Sprache gesprochen werde.“ Und sie würde sich allgemein etwas mehr Information wünschen, was die Arbeit der EU und das Thema Europa betreffe.
Bei jeder der vier Veranstaltungen im Land war ein Mitglied der Landesregierung mit von der Partie – in Tuttlingen Justiz- und Europaminister Guido Wolf.
In seiner Begrüßung erklärte er, dass die Ergebnisse des Bürgerdialogs in das künftige Europaleitbild der Landesregierung einfließen werden. „Europa ist ein Projekt, das von unten nach oben weiter entwickelt werden muss, in dem sich die Menschen wiederfinden“, so Wolf. Wichtig sei, dass man in Runden wie der in der Stadthalle auch strittige Themen anspreche: „Konstruktive Kritik an Europa ist nicht automatisch Populismus.“
Tuttlingens Erster Bürgermeister Emil Buschle erläuterte, dass eine neue Fixierung auf den Nationalstaat einen nicht weiterbringe. Dies heiße auch, dass man europäische Regeln akzeptiere, auch wenn sie im Einzelfall lästig seien. „Wir brauchen ein Bekenntnis zu Europa“, so Buschle, „und wir brauchen Europa als Gegengewicht zu den USA oder China“.