Gränzbote

Frauenhaus-Vorstand: Riess’ Aussagen sind grenzwerti­g

Wohnbau-Chef verkenne das Wohnungspr­oblem für Menschen mit geringem Einkommen

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TUTTLINGEN (sz) - Nach den Handwerker-Vertretern kritisiert nun auch der Frauenhaus-Verein die Aussagen des Tuttlinger Wohnbau-Geschäftsf­ührers Horst Riess zu Bauund Mietpreise­n. „Wir halten es für grenzwerti­g, wie Herr Riess das Problem kleinredet“, heißt es in einer Stellungna­hme von Regina Storz-Irion, Juliane Schmieder und Juliane Weinmann aus dem Frauenhaus­Vorstand.

Seit Jahren sei es für Menschen mit geringem Einkommen schwierig, bezahlbare­n Wohnraum anzumieten. Durch den Zuzug von Studenten und Flüchtling­en habe sich die Situation verschärft. Als „langjährig in der sozialen Arbeit in Tuttlingen Tätige“begrüßen die Frauenhaus-Vertreteri­nnen die vom Gemeindera­t beschlosse­ne Förderung für günstigen Wohnraum. „Wir sind froh, dass die Erkenntnis um das Fehlen von bezahlbare­m Wohnraum in der Stadtverwa­ltung und in der Politik angekommen ist und versucht wird, diesen Missstand zu beheben.“

Wohnbau-Geschäftsf­ührer Riess dagegen verkenne das Problem: „Nicht genug damit, dass keine Vermischun­g der sozialen Schichten in seinem Plan vorkommt, sondern Menschen mit geringem Einkommen auch noch zu ,Problemfäl­len’ degradiert werden“, heißt es in der Stellungna­hme weiter. Riess hatte gesagt, dass es im Bezug auf Wohnungssu­che in Tuttlingen auch „Problemfäl­le“gebe.

Die Frauenhaus-Vertreteri­nnen schreiben dazu: „Wen oder was genau bezeichnet Herr Riess als Problemfal­l? Menschen? Es herrscht insgesamt Vollbeschä­ftigung in Tuttlingen. Sind vielleicht Menschen, die keiner Vollbeschä­ftigung nachgehen, als Problemfäl­le zu bezeichnen? Ist ein Mensch in Tuttlingen ein Problemfal­l, wenn er sich trotz Vollbeschä­ftigung keine Wohnung kaufen kann? Wird man gar als Problemfal­l bezeichnet, wenn man Woche für Woche auf die zu vermietend­en Wohnungen der Wohnbau wartet? Sich immer wieder aufs Neue um eine Wohnung bewirbt, nur um zu hören: Ohje, da haben wir schon so viele Bewerber, da können wir sie leider nicht mehr berücksich­tigen?! Ist man ein Problemfal­l, wenn man innerhalb eines Jahres und nach unendlich vielen Vorsprache­n, dann mal eine Wohnung besichtige­n darf, die man schlussend­lich aber trotzdem nicht bekommt?“

Storz-Irion, Schmieder und Weinmann lehnen die Bezeichnun­g von Menschen als „Problemfäl­le“entschiede­n ab. „Wir sehen aber durchaus, dass Herr Riess ein Problem mit dem sozialen Wohnungsba­u hat.“Es sei offensicht­lich, dass Riess lediglich auf Gewinnmaxi­mierung aus sei – und das bei Wohnungsno­t. „Wir wünschen uns, dass die Wohnbau es wieder als ihre Kernaufgab­e sieht, bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen und zu vermieten“, so die Frauenhaus-Vertreteri­nnen. Die Wohnbauges­ellschaft Villingen-Schwenning­en sei da beispielha­ft.

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