Zünftig ist’s unter der Kastanie
Was gibt es Schöneres, als entspannt in einem Biergarten zu sitzen? Die Gedanken kreisen lassen, ein frisches Kaltgetränk vor sich, eine kleine Mahlzeit, Vögel zwitschern, der Wind rauscht durch die Kastanienblättern, der Kies knirscht leise. Wo aber hat
KREIS TUTTLINGEN - Einer, der weiß, was ein guter Biergarten bedeutet, ist Gerhard Polt: „Was Schöneres kann es gar nicht geben: Die Sonne! Das Licht! Das Bier! Die Menschen!“, hat er einmal gesagt. Und zwar in einem Biergarten sitzend, mit einem Maßkrug in der Hand.
Der Biergarten ist aus dem Ausschank von Bier durch den Brauer aus einem Bierkeller ohne das für den Betrieb einer Schänke erforderliche Krugrecht entstanden. Biergärten entstanden in Bayern im 19. Jahrhundert in München, als vorwiegend untergäriges Bier getrunken wird. Das kann seinerzeit nur in den kalten Monaten hergestellt werden, da die Gärung bei Temperaturen zwischen vier und acht Grad erfolgen muss (ebenso die Lagerung – das nichtpasteurisierte Bier wird bei höheren Temperaturen schnell schlecht).
Um über den Sommer Bier zu lagern, legen Münchner Brauer in den Flussterrassen der Isar tiefe Keller an, in denen man das Bier ganzjährig mit Eis kühl halten kann. Um die Durchschnittstemperatur des Lagers weiter zu senken, streut man auf dem Boden des Hangs Kies und pflanzt Kastanien, die Schatten werfen. Ihre flachen Wurzeln schädigen zudem das Kellergewölbe nicht.
Bis 1799 ist es den Münchner Brauern allerdings zumeist verboten, bei ihren Lagerkellern Bier auszuschenken. Ähnlich wie bei den Strauß-Wirtschaften dürfen sie dort nur in der durch einen grünen Kranz („Strauß“) anzuzeigenden Zeit des Sommerbier-Ausschanks Bier direkt abgeben. Dazu stellt man einfache Bänke und Tische unter die Bäume.
1825 wird das bayerische Gewerberecht liberalisiert, wodurch bisher reine Schankbetriebe auch das Recht zur Abgabe von Speisen erlangen. Zeitgleich werden im Biedermeier die großen öffentlichen Gärten und Parks in München ausgebaut. So entsteht unter den Wittelsbachern eine Vielzahl von Gartenwirtschaften in der Stadt und vor den Mauern, die zu beliebten Adressen werden.
Die Tradition, dass der Gast eine Brotzeit in den Biergarten mitbringt und nur die Getränke erwirbt, hat sich vor allem in Oberbayern und in Franken erhalten. Dort gibt es manchmal einen Bereich, in dem am Tisch bedient wird und wo keine Brotzeit mitgebracht werden darf. Im eigentlichen Biergarten-Bereich, der sich oft durch andere Tische abhebt, können mitgebrachte oder vor Ort erworbene Speisen verzehrt werden.