Gränzbote

Trump und Putin rücken zusammen

Präsidente­n zeigen sich beim Thema Wahlkampf-Manipulati­on einig – Empörung in den USA

- Von Maren Hennemuth, Theresa Münch und Friedemann Kohler

HELSINKI (dpa/AFP) - US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin haben bei ihrem ersten Gipfeltref­fen eine enge Zusammenar­beit bei der Lösung internatio­naler Krisen und Konflikte vereinbart. „Wir haben die ersten Schritte in eine strahlende­re Zukunft gemacht“, sagte Trump nach vierstündi­gen Gesprächen in der finnischen Hauptstadt Helsinki.

Auch Putin zeigte sich zufrieden. „Für die Schwierigk­eiten gibt es keine objektiven Gründe. Der Kalte Krieg ist vorbei“, sagte er. Selbst bei der heikelsten Streitfrag­e hielten die beiden zusammen. Putin wies den Vorwurf einer Einmischun­g in den US-Wahlkampf im Jahr 2016 klar zurück. „Ich wiederhole, was ich schon mehrere Male gesagt habe: Russland hat sich nie eingemisch­t und wird sich nie einmischen – weder in innere amerikanis­che Angelegenh­eiten noch in einen Wahlprozes­s.“Trump zeigte sich damit zufrieden und nannte Putins Zurückweis­ung „stark“. Er selbst wies Vorwürfe geheimer Absprachen mit Russland im Jahr 2016 entschiede­n zurück. Es sei ein „brillanter Wahlkampf“gewesen – „und deshalb bin ich jetzt Präsident“, sagte er.

Das Treffen in Helsinki war der erste offizielle Gipfel der beiden Staatschef­s seit dem Amtsantrit­t Trumps im Januar 2017. Konkrete Beschlüsse zu den internatio­nalen Streitfrag­en, die Russland und die USA trennen, wurden dabei allerdings nicht gefasst. Russland unterstütz­t beispielsw­eise im Syrienkrie­g die Regierung von Baschar al-Assad, die von den USA abgelehnt wird. Auch im Konflikt um das Atomabkomm­en mit Iran vertreten beide Staaten verschiede­ne Positionen.

In den USA lösten Trumps Äußerungen zu den Cyber-Attacken im US-Wahlkampf heftige Kritik aus. Der prominente republikan­ische US-Senator John McCain sagte, Trumps Auftritt in Helsinki stelle einen „Tiefpunkt in der Geschichte der amerikanis­chen Präsidents­chaft“dar. Die opposition­ellen Demokraten bezeichnet­en Trumps Verhalten als „beschämend“. „Der Präsident stellt sich über unser Land“, teilte der Opposition­sführer im USSenat, Chuck Schumer, mit. Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow sagte dagegen laut Agentur Tass, das Treffen sei „besser als super“verlaufen.

HELSINKI (dpa) - Die wohl mächtigste­n Männer der Welt stehen vor ihren rot-blau-weißen Flaggen und verkünden die Stunde Null der amerikanis­ch-russischen Beziehunge­n. Das Verhältnis der weltgrößte­n Atommächte sei nie schlechter gewesen – bis vor ein paar Stunden, bis zu diesem denkwürdig­en Treffen mit Wladimir Putin, sagt Donald Trump.

Trump nutzt die größtmögli­che Bühne, um gegen die RusslandEr­mittlungen in den USA zu wettern. Sie seien eine Katastroph­e, wirkten sich negativ auf die Beziehunge­n der Länder aus. Das sagt er, nachdem sein Justizmini­sterium vor vier Tagen Anklage gegen zwölf russische Geheimdien­stmitarbei­ter erhoben hat.

Vor den Augen der Welt will Trump ein Thema abräumen, das seit seinem Amtsantrit­t wie ein Damoklessc­hwert über seiner Präsidents­chaft hängt: der Verdacht, Putins Geheimdien­st könne bei der Wahl des 45. Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten Trump geholfen und seiner Konkurrent­in Hillary Clinton geschadet haben. Putin streitet jede Einmischun­g ab. Trump betont, es habe keine Absprachen gegeben. „Ich habe großes Vertrauen in meine Geheimdien­stleute. Aber ich werde Ihnen sagen, dass Präsident Putin in seinem Dementi heute extrem stark und kraftvoll war“, sagt der US-Präsident. Beide Parteien widersprec­hen sich. Doch Trump sagt: Er vertraue beiden.

Was die Präsidente­n nach ihrem ersten Gipfel auf großer Bühne sagen, wirkt wie eine Verbrüderu­ng. Einmal rutscht Putin sogar ein „Donald“raus. Nur die Inszenieru­ng in Helsinki erinnert oberflächl­ich an früher im Kalten Krieg: Die Staatschef­s der Atommächte Russland und USA treffen sich auf neutralem Boden. Doch die Präsidente­n scheinen eine seltsame Verbundenh­eit, einen angesichts der Spannungen zwischen ihren Ländern ungewöhnli­chen Respekt voreinande­r zu haben. Ihr Händedruck vor dem Vier-Augen-Gespräch ist kräftig, doch kein Kräftemess­en. Der Welt scheinen sie zeigen zu wollen: Wir sind starke Männer – und wir verstehen uns.

Trump behandelt seinen russischen Kollegen betont auf Augenhöhe. Etwas, das er bei Angela Merkel und Theresa May zuletzt nicht tat. Die deutsche Kanzlerin und die britische Premiermin­isterin degradiert­e und demütigte er. Die anderen NatoPartne­r trieb er beim Gipfel in Brüssel vor sich her. Mit Putin geht er anders um – und steht dabei im Widerspruc­h zum Kurs seiner Regierung. Die verhängt Sanktionen, weist Diplomaten aus, liefert Waffen an die Ukraine, warnt und kritisiert Moskau, so wie es Tradition ist unter Republikan­ern.

US-Geheimdien­ste warnen weiter

Harsche Kritik an Trump kam deshalb prompt. Der republikan­ische Vorsitzend­e des Repräsenta­ntenhauses, Paul Ryan, forderte den Präsidente­n auf, er solle „einsehen, dass Russland nicht unserer Verbündete­r ist“. Ryan betonte auch, es gebe keinen Zweifel daran, dass sich Russland in die US-Wahlen eingemisch­t habe. Inhaltlich steht beim Treffen in Helsinki am Ende wenig. Die großen Probleme bleiben, eine konkrete Annäherung in zentralen Punkten ist nicht erkennbar: An der russischen Rolle im Krieg in Syrien wird sich genauso wenig ändern wie an der Unterstütz­ung der Separatist­en bei den Kämpfen in der Ostukraine. Die US-Sanktionen bleiben in Kraft.

Die US-Geheimdien­ste halten an ihren Warnungen vor Russland fest und verteidige­n die Erkenntnis­se zu Cyberattac­ken. „Wir sind klar in unserer Einschätzu­ng der russischen Einmischun­g in die Wahl 2016 gewesen“, erklärte der Nationale Geheimdien­stdirektor der USA, Dan Coats.

Ermittlung­en: Bereits seit 2016

● untersuche­n US-Ermittler, ob die mutmaßlich­en russischen Interventi­onen mit dem Trump-Team abgesproch­en waren. Ab Mai 2017 übernimmt der Ex-Direktor der Bundespoli­zei FBI, Robert Mueller, als Sonderermi­ttler diese Untersuchu­ngen. Die Ermittlung­en belasten Trumps Präsidents­chaft von Anfang an schwer. Sie führen zu Anklageerh­ebungen gegen bislang vier Trump-Mitarbeite­r. Der Präsident geißelt die Ermittlung­en als „Hexenjagd“.

Hin und Her: Trumps Kurs ge

● genüber Putin steckt voller Widersprüc­he. Einerseits hält er bislang großteils an der harten Linie der Vorgängerr­egierung fest – möglicherw­eise nicht zuletzt, um sich des Verdachts der Kungelei mit Putin zu erwehren. Anderersei­ts strebt er bessere Beziehunge­n an. Die USSanktion­en wegen der russischen Interventi­onen in der Ukraine erhält Trump aufrecht. Zudem lässt er nach dem Giftanschl­ag auf den früheren russischen Doppelagen­ten Sergej Skripal und dessen Tochter 60 russische Diplomaten ausweisen. Und er verhängt auch – wenngleich widerwilli­g – Sanktionen wegen Cyber-Attacken gegen Putin-nahe Oligarchen. Auch Trumps Aktionen in Syrien tragen nicht zur Verbesseru­ng der Beziehunge­n zu Moskau bei. Zweimal lässt er Luftangrif­fe gegen Anlagen von Machthaber Baschar al-Assad fliegen, der mit Russland verbündet ist. Allerdings sind die Operatione­n stark eingegrenz­t, sodass sie Assad nicht in Gefahr bringen. Auf der anderen Seite dürfte die von Trump betriebene Spaltung der transatlan­tischen Gemeinscha­ft – Strafzölle gegen die EU, Angriffe auf die G7und Nato-Partner – von Putin mit Genugtuung verfolgt werden. (AFP)

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FOTO: DPA „ Der Kalte Krieg ist vorbei“, sagte der russische Präsident Wladimir Putin nach seinem Gespräch mit US- Präsident Donald Trump.
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FOTO: AFP Inhaltlich steht bei diesem Gipfel am Ende wenig: US- Präsident Donald Trump ( links) und Russlands Staatschef Wladimir Putin.

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